Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Nachfolgezulassung. kein Wille zur Fortführung der Praxis bei einem beabsichtigten sofortigen Verzicht und Einbringung in eine Berufsausübungsgemeinschaft mit einer Tätigkeit als angestellter Arzt. künftig anzustellender Arzt kein Bewerber um die Praxisnachfolge

 

Orientierungssatz

1. Aus der gesetzlichen Regelung in § 103 Abs 4 S 1 SGB 5, nach der Voraussetzung für die Auswahl eines Nachfolgers ist, dass die Praxis “von einem Nachfolger fortgeführt werden soll„ und der Regelung in § 103 Abs 4 S 4 SGB 5, nach der der Zulassungsausschuss den Nachfolger unter mehreren Bewerbern “die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen„ auszuwählen hat, folgt, dass Ärzte, die die Praxis nicht fortführen wollen oder können, auch nicht als Nachfolger in Betracht kommen. Dem erforderlichen Willen zur Fortführung der Praxis steht entgegen, wenn er beabsichtigt, auf die ihm im Wege der Praxisnachfolge erteilte Zulassung sofort wieder zu verzichten, um diese in eine Berufsausübungsgemeinschaft einzubringen, für die er bereits als Angestellter tätig ist.

2. Bewerber um die Praxisnachfolge kann auch nach dem seit dem 1.1.2012 geltenden Recht nur der Arzt sein, der als Vertragsarzt tätig ist und auch bleiben möchte und der einen anderen Arzt anstellen möchte, nicht jedoch der künftig anzustellende Arzt.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 20.03.2013; Aktenzeichen B 6 KA 19/12 R)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 12. Mai 2010 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird auf 249.000,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Nachfolge bei der Besetzung eines Vertragsarztsitzes.

Der 1944 geborene Kläger ist Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Er war vom 1. Juli 1976 bis zum 31. März 2004 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Mit Wirkung zum 1. April 2004 verzichtete er auf seine Zulassung und übertrug seine im Kreis P. gelegene Arztpraxis im Wege der Nachfolge auf seinen Sohn St., dem die Zulassung erteilt wurde. Im Kreis P. bestehen für das Fachgebiet des Klägers Zulassungsbeschränkungen. In der Folge übte der Sohn des Klägers seine vertragsärztliche Tätigkeit in Berufsausübungsgemeinschaft mit anderen Ärzten - zunächst in der Praxis “Frauenärzte H.„ und später in der Gemeinschaftspraxis A. und Partner - aus. Der Kläger war vom 1. April bis zum 30. September 2006 in der Gemeinschaftspraxis “Frauenärzte H.„ und ab dem 1. Oktober 2006 in der Gemeinschaftspraxis A. und Partner in K. als angestellter Arzt tätig.

Im Jahr 2007 bewarb sich der Kläger erfolgreich um die Praxisnachfolge der Ärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Dr. W. in K. Auf die ihm zum 1. April 2007 erteilte Zulassung verzichtete er mit Wirkung ebenfalls zum 1. April 2007 und brachte die Zulassung in die Gemeinschaftspraxis A. und Partner ein, um dort weiterhin als angestellter Arzt tätig zu sein.

Im April 2009 bewarb sich der Kläger um die Praxisnachfolge des Arztes für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Dr. L. in P. (Beigeladener zu 8)), Kreis P., nachdem dessen Vertragsarztsitz von der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein (Beigeladene zu 5)) im Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatt ausgeschrieben worden war. Neben dem Kläger bewarben sich die 1961 geborene Ärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Dr. Pf. (Beigeladene zu 7)) sowie der Arzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Dr. Sch.

Der Kläger schloss am 5. Juni 2009 mit dem Beigeladenen zu 8) einen Praxisübergabevertrag unter der aufschiebenden Bedingung der rechtskräftigen Zulassung des Klägers als Vertragsarzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in P. Zur Praxisübergabe wurde u. a. Folgendes vereinbart: “Herr Dr. V. beabsichtigt, die Praxis nach Übernahme in anderen Räumen fortzuführen. Hierzu wird er sich mit der ortsübergreifenden Berufsausübungsgemeinschaft “A. und Partner - Frauenärzte„ zusammenschließen und den Sitz der Praxis nach “A. M.„ in P. verlegen.„ Außerdem wird in dem Vertrag die Übernahme des Praxisinventars, der Patientenkartei sowie die Übernahme von zwei der drei in der Praxis beschäftigten Arbeitnehmer vereinbart.

Gegenüber dem Zulassungsausschuss erklärte der Kläger, dass er auf die ihm als Nachfolger des Dr. L. erteilte Zulassung gegebenenfalls verzichten wolle, um diese in die überörtliche Gemeinschaftspraxis A. und Partner einzubringen und anschließend an deren Standort in P. als angestellter Arzt tätig zu werden.

Mit Beschluss vom 17. Juni 2009 wählte der Zulassungsausschuss die Beigeladene zu 7) als Nachfolgerin aus und erteilte ihr die Zulassung. Gleichzeitig lehnte er den Antrag des Klägers sowie des Dr. Sch. auf Zulassung ab. Zur Begründung führte der Zulassungsausschuss im Wesentlichen aus, dass Dr. Sch. nicht als Nachfolger in Betracht komme, da er ausdrücklich erklärt habe, nicht bereit zu sein, den Verkehrswert für d...

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