Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Eigenbemühungen als Voraussetzung der Arbeitslosigkeit
Orientierungssatz
1. Die Eigenbemühungen nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 SGB 3, zu denen der Arbeitslose verpflichtet ist, sind als Bestandteil der Beschäftigungssuche eine zur Anspruchsvoraussetzung gewordene versicherungsrechtliche Obliegenheit, wobei der Wegfall der Anspruchsvoraussetzung ein nach einem subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab zu beurteilendes schuldhaftes Verhalten des Arbeitslosen (grobe Fahrlässigkeit) voraussetzt.
2. Lediglich zwei nachgewiesene Initiativ-Bewerbungen innerhalb eines Zeitraums von etwa drei Monaten nach konkretem Hinweis auf die Verpflichtung zu Eigenbemühungen durch die Agentur für Arbeit nach § 119 Abs. 5 SGB 3 sind bei weitem keine ausreichenden Eigenbemühungen, sodass die Arbeitslosigkeit wegfällt, die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB 10 aufzuheben ist und die bereits erbrachten Leistungen nach § 50 SGB 10 zu erstatten sind.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 18. Januar 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über eine Aufhebung und Erstattungsentscheidung der Beklagten, die auf fehlende Eigenbemühungen des Klägers gestützt ist.
Der ....1961 geborene Kläger bestand im Jahre 1983 die Laufbahnprüfung für die Laufbahn des gehobenen allgemeinen Verwaltungsdienstes und war anschließend bis 31. Juli 1989 Beamter beim Kreis P. Vom 1. August 1989 bis 15. Juni 1993 war er dort als Verwaltungsangestellter beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch Aufhebungsvertrag. Seitdem steht der Kläger mit kurzen Unterbrechungen im Leistungsbezug der Beklagten. Vom 1. Januar 2002 bis 30. Juni 2002 bezog er Arbeitslosenhilfe (Alhi) in Höhe von wöchentlich 137,76 EUR (täglich 19,68 EUR; Bescheid vom 9. Januar 2002) und vom 1. Juli 2002 bis 31. Dezember 2002 in Höhe von wöchentlich 136,43 EUR (täglich 19,49 EUR; Bescheid vom 26. Juli 2002). Am 29. Mai 2002 händigte die Beklagte dem Kläger anlässlich einer persönlichen Vorsprache ein Schreiben gleichen Datums aus, mit dem er unter Beifügung einer Rechtsfolgen- und Rechtsbehelfsbelehrung aufgefordert wurde, bestimmte Eigenbemühungen zur Beendigung seiner Beschäftigungslosigkeit zu unternehmen. Der Kläger sollte das Stelleninformationssystem (SIS) nutzen, Anzeigen auswerten (Tageszeitung, Markt und Chance), Initiativ-Bewerbungen (schriftlich, telefonisch, persönlich) vornehmen und Kontakte über Verwandte, Bekannte und Freunde ausschöpfen. Die Beklagte forderte den Kläger auf, am 7. August 2002 um 8.30 Uhr im Arbeitsamt Pinneberg, Zimmer 107, zu erscheinen und entsprechende Nachweise vorzulegen bzw. überprüfbare Angaben zu machen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens wird auf Bl. 200 bis 202 der Leistungsakte Bezug genommen.
Wegen genehmigter Ortsabwesenheit wurde dieser Termin zur Vorlage der Eigenbemühungen zunächst auf den 13. August 2002 verschoben und dann schließlich auf den 26. August 2002 festgelegt. Am 26. August 2002 gab der Kläger bei seiner persönlichen Vorsprache ausweislich des an diesem Tage von der Beklagten gefertigten Beratungsvermerks zum geforderten Nachweis der zwischenzeitlichen Eigenbemühungen an, dass “er nichts anderes gefunden„ habe, “außer Hunde ausführen usw.„. Das SIS habe er nicht genutzt. Zurzeit erstelle er unentgeltlich eine Web-Seite für einen Cousin, der ein Tonstudio habe. Er hoffe, dort langfristig einsteigen zu können. Ferner strebe er eine Umschulung in diesem Bereich an. Auch dies gehöre seiner Ansicht nach zu den geforderten Eigenbemühungen. Ansonsten habe er sich lediglich auf einen Vermittlungsvorschlag des Arbeitsamtes vom 17. Juli 2002 (Bauamtsleiter der Stadt K.) beworben. Bewerbungsschreiben, Absagen von Firmen oder ähnliches legte der Kläger nicht vor. In einem Beratungsvermerk vom 28. August 2002 heißt es weiter, dass der Kläger sich nach eigenen Angaben im Bereich Internet beworben habe. Er habe darüber aber keinerlei Aufzeichnungen.
Mit Bescheid vom 13. September 2002 hob die Beklagte ihre Entscheidung über die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 29. Mai 2002 bis 25. August 2002 mit der Begründung auf, dass der Kläger in dieser Zeit trotz Rechtsfolgenbelehrung keine Eigenbemühungen unternommen habe. Dies habe er in dem Beratungsgespräch am 29. Mai 2002 (gemeint: 26. August 2002) erklärt. Als Rechtsgrundlage ihrer Entscheidung benannte die Beklagte § 48 Abs. 1 Nr. 4 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i.V.m. §§ 330 Abs. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) sowie §§ 190 Abs. 1 Nr. 1, 198 Nr. 1, 118 Abs. 1 Nr. 2, 119 Abs. 1 Nr. 1 SGB III. Gleichzeitig forderte die Beklagte den Kläger auf, die eingetretene Überzahlung von 1.740,88 EUR zu erstatten (§ 50 Abs. 1 SGB X).
Hiergegen erhob der Kläger am 26. September 2002 Widerspruch. Zur Begründung trug er vor: Er habe nicht er...