Entscheidungsstichwort (Thema)

Kassenärztliche Vereinigung. Honorarverteilung. Bildung des Regelleistungsvolumens sog Wachstumsärzte. unterdurchschnittliche Fallzahl. individuelle Obergrenze. kein Verstoß gegen Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit

 

Orientierungssatz

Zur Rechtmäßigkeit einer Regelung im Honorarverteilungsmaßstab einer Kassenärztlichen Vereinigung, dass Ärzte, die innerhalb des abzurechnenden Quartals weniger als fünf Jahre niedergelassen sind und deren RLV-relevante Fallzahl unterdurchschnittlich ist, Leistungen bis zu einer individuellen Obergrenze aus individueller Fallzahl bis maximal zur durchschnittlichen Fallzahl der Arztgruppe und RLV-Fallwert der Gruppe nach der Euro-Gebührenordnung vergütet bekommen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 30.10.2019; Aktenzeichen B 6 KA 21/18 R)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 11. November 2015 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 3.797,01 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Honorarabrechnung für das Quartal I/09 im Hinblick auf eine Konvergenzstützung.

Der Kläger ist Facharzt für plastische Chirurgie/Handchirurgie sowie Facharzt für Chirurgie/Unfallchirurgie und seit August 2004 als Chirurg auf der Insel S. in W. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Er hat zudem eine Teil-Radiologie-Genehmigung. Seit dem Quartal I/09 verfügt er über eine Genehmigung für die Teilnahme am Vertrag zur Förderung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung im Bereich des ambulanten Operierens gemäß § 73a Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V) (Strukturvertrag AOP).

Mit Bescheid vom 19. Dezember 2008 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Obergrenze seiner Praxis für das Quartal I/09 18.225,15 € betragen werde. Die Beklagte legte 647,2 Fälle als Durchschnittsfallzahl der Arztgruppe zugrunde, die sie mit dem Fallwert der Gruppe in Höhe von 28,16 € multiplizierte.

Im Aufsatzquartal I/08 hatte der Kläger ein Gesamthonorar in Höhe von 50.626,79 € erzielt.

Gegen die Mitteilung der Obergrenze betreffend das Quartal I/09 legte der Kläger am 19. Januar 2009 Widerspruch ein.

Am 17. Juli 2009 beantragte er eine Härtefallanpassung aufgrund bestehender Praxisbesonderheiten. Es handele sich bei der Praxis um die einzige chirurgische Praxis auf der Insel S. Er, der Kläger, sei auch fachübergreifend mit der Kombination als Facharzt für plastische und ästhetische Chirurgie, Handchirurgie, Facharzt für Allgemeinchirurgie und Facharzt für Unfallchirurgie mit der Zusatzbezeichnung fachspezifische Intensivmedizin tätig. Er verfüge zudem als einziger Vertragsarzt auf S. über eine Teil-Radiologie-Genehmigung mit vollständiger Skelettzulassung. Mangels der Möglichkeit einer kurzfristigen weitergehenden Röntgendiagnostik müssten sämtliche akuten Behandlungsfälle mittels der zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Röntgendiagnostik behandelt werden. Sein Fallwert habe im Jahr 2008 durchweg deutlich über 30 % über dem Fachgruppendurchschnitt gelegen. Höchst vorsorglich werde weiterhin die Anwendung der Konvergenzregelung beantragt. Die zu erwartenden Honorareinbußen würden mindestens 20 % betragen.

Mit Honorarbescheid vom 17. August 2009 gewährte die Beklagte dem Kläger für das Quartal I/2009 ein Honorar in Höhe von 36.678,96 €. Sie legte 504 RLV-relevante Fälle zu Grunde. Die durchschnittliche Vergleichsfallzahl der Arztgruppe lag bei 647,2. Die Gesamtvergütung für die RLV-relevanten Leistungen betrug 18.304,73 €, während die Forderung des Klägers bezogen auf die RLV-relevanten Leistungen 25.181,90 € betrug. Diese wurde in Höhe von 16.712,64 € anerkannt und in Höhe von 1.592,09 € abgestaffelt vergütet. Später nahm die Beklagte durch Bescheid vom 22. September 2010 (höhere Berücksichtigung der Radiologieleistungen - Nachberechnung für I/09 in Höhe von 4.551,23 €) und durch Bescheid vom 3. Juli 2012 (rückwirkende Aufnahme in den Strukturvertrag AOP - Nachberechnung für I/09 in Höhe von 200,77 €) zwei Nachberechnungen zum Honorarbescheid durch vor. Die Gesamtvergütung für das Quartal I/09 betrug somit 41.430,96 €.

Gegen den Honorarbescheid vom 17. August 2009 legte der Kläger am 3. September 2009 Widerspruch ein.

Mit Bescheid des HVM-Teams vom 25. August 2009 lehnte die Beklagte die Anerkennung von Praxisbesonderheiten ab. Eine Analyse habe ergeben, dass der Kläger im ersten Quartal 2009 den Fallwert der Gruppe um ca. 3 % unterschritten habe (1.035 RLV-relevante Punkte im Fachgruppendurchschnitt gegenüber 1.002 RLV-relevanten Punkten je Fall aus der Praxis des Klägers). Hinsichtlich möglicher Honorarausgleichsmaßnahmen werde der Antrag nach erfolgter Honorarabrechnung einer erneuten Überprüfung unterzogen.

Mit Bescheid des HVM-Teams vom 30. September 2009 lehnte die Beklagte nochmals die Anerkennung von Praxisbesonderheiten ab. Der durchschnittliche Fallwert der Gruppe bei den RLV-relevant...

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