Entscheidungsstichwort (Thema)
Förderung der Aufnahme einer Beschäftigung. Mobilitätshilfe. Fahrkostenbeihilfe. Notwendigkeitsbegriff. Prognoseentscheidung
Orientierungssatz
Der Notwendigkeitsbegriff iS von § 53 Abs 1 SGB 3 setzt eine Prognoseentscheidung dahingehend voraus, dass das auswärtige Beschäftigungsverhältnis ohne die Gewährung der Mobilitätshilfe voraussichtlich nicht zu Stande gekommen wäre.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 29. Mai 2006 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Gewährung von Fahrkostenbeihilfe.
Der ...1962 geborene Kläger wohnt in N., ist verheiratet und hat zwei minderjährige Kinder. Er bezog seit 10. Januar 2003 Arbeitslosenhilfe (Alhi) mit einer Unterbrechung wegen Arbeitsaufnahme vom 18. September 2003 bis 15. Oktober 2003. Bei seiner Arbeitslosmeldung am 15. Oktober 2003 bestätigte er mit seiner Unterschrift den Erhalt und die Kenntnisnahme des Merkblattes 1 für Arbeitslose. Bei einer persönlichen Vorsprache am 16. August 2004 teilte der Kläger mit, dass er am 17. August 2004 ein Vorstellungsgespräch bei der Firma K. GmbH in R. habe. Zugleich beantragte er für die Wahrnehmung des Vorstellungsgesprächs die Gewährung von Reisekosten. Am 3. September 2004 wandte sich der Kläger erneut an die Beklagte, um sie darüber zu informieren, dass das Vorstellungsgespräch bei der Firma K. nunmehr am 9. September 2004 stattfinden werde. Erneut beantragte er die Gewährung von Reisekosten. Am 9. September 2004 wurde von der Beklagten aufgrund einer vom Kläger mit Datum vom selben Tage unterschriebenen Veränderungsmitteilung vermerkt, dass die Arbeitsaufnahme ab 15. September 2004 bei der Firma K. GmbH in R. erfolge. Daraufhin wurde er mit Wirkung vom 15. September 2004 aus dem Leistungsbezug abgemeldet. Eine persönliche Vorsprache des Klägers ist in dem BewA-Vermerk vom 9. September 2004 nicht notiert.
Der Kläger war bei der Firma K. GmbH als Lagerarbeiter mit einem durchschnittlichen monatlichen Bruttoarbeitsentgelt von 1.365,00 EUR bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 45 Stunden bis zum 31. August 2005 beschäftigt. Bereits bei Abschluss des Arbeitsvertrages war das Arbeitsverhältnis bis zu diesem Zeitpunkt befristet. In der Zeit vom 2. Juni 2005 bis 31. August 2005 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt und bezog Krankengeld. Die einfache Entfernung zwischen dem Wohnort des Klägers in N. und dem Beschäftigungsort in R. betrug ca. 38 km.
Mit Schreiben vom 9. November 2004, bei der Beklagten eingegangen am 11. November 2004, ließ der Kläger über seine Prozessbevollmächtigten mitteilen, dass er für die Aufnahme der Tätigkeit bei der Firma K. GmbH einen Antrag auf Mobilitätshilfe gestellt habe. Hintergrund sei der Umstand, dass er aufgrund seiner langen Arbeitslosigkeit über keine finanziellen Rücklagen mehr verfüge. Um arbeiten zu können, müsse er täglich mit dem Pkw eine Fahrstrecke von rd. 80 km von Neumünster nach R. zurücklegen. Über seinen bereits gestellten Antrag sei noch nicht entschieden worden.
Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 18. November 2004 (ohne Rechtsbehelfsbelehrung) ab. Sie führte aus, dass der Kläger nach den vorhandenen Daten bzw. Eintragungen in der Bewerberdatei vor der Arbeitsaufnahme keinen Antrag auf Gewährung einer Mobilitätshilfe gestellt habe.
Hiergegen erhob der Kläger am 6. Dezember 2004 Widerspruch. Zur Begründung machte er geltend, dass er sich nach dem Vorstellungsgespräch bei seiner jetzigen Arbeitgeberin in der Leistungsabteilung des Arbeitsamtes N. gemeldet habe. Er habe sich die angefallenen Fahrkosten für das Bewerbungsgespräch abgeholt und die dort anwesende Sachbearbeiterin auch nach einem Fahrkostenzuschuss (Mobilitätshilfe) gefragt. Diese habe ihm mitgeteilt, er solle erst einmal anfangen zu arbeiten und die Lohnabrechnungen vorlegen. Dann könne auch festgestellt werden, ob ein Anspruch auf Fahrkostenzuschuss bestehe oder nicht. Auf diese Auskunft habe er sich verlassen. Er sei davon ausgegangen, dass nach Arbeitsantritt eine Entscheidung über den erbetenen Fahrkostenzuschuss getroffen werde. Aufgrund seines Nettolohnes in Höhe von monatlich 1.076,99 EUR sei er auf eine Fahrkostenbeihilfe für die täglichen Pendelfahrten von N. nach R. angewiesen. Die Sachbearbeiterin beschreibe er als eine schlanke, junge Frau mit relativ kurzen Haaren, die an einer Hand eine Stützmanschette trage, offenbar wie zur Schonung bei einer Sehnenscheidenentzündung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Dezember 2004 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus: Nach § 53 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) könne Arbeitslosen, die eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufnähmen, Mobilitätshilfen, u. a. Fahrkostenbeihilfe,...