Entscheidungsstichwort (Thema)
Impfschadensrecht. Schutzimpfung. Impfstudie. nicht zugelassener Impfstoff. Rechtsschein der öffentlichen Empfehlung. Ethik-Kommission
Orientierungssatz
Zum Nichtvorliegen eines Anspruchs auf Versorgung nach dem Infektionsschutzgesetz wegen gesundheitlicher Folgen von Schutzimpfungen, die im Rahmen einer Impfstudie durchgeführt wurden.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 7. Juni 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um einen Anspruch auf Versorgung nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) wegen gesundheitlicher Folgen von Schutzimpfungen, die im Rahmen einer Impfstudie durchgeführt wurden.
Die ... 2002 geborene Klägerin nahm an einer Impfstudie (Studie der Phase II) teil. In diesem Zusammenhang wurde sie am 30. Mai 2002, am 27. Juni 2002 und am 1. August 2002 gegen Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Haemophilus influenzae b, Polio und Hepatitis B sowie gegen Meningokokken geimpft. Die Impfung erfolgte mit einem 7-fach-Kombinations-Impfstoff. Impfungen zum Schutz vor jeder der genannten Erkrankungen mit Ausnahme der Meningokokken waren durch Erlass des damaligen Schleswig-Holsteinischen Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 28. Juli 1999 (Amtsblatt für Schleswig-Holstein 1999, S. 428) empfohlen worden. Die Empfehlung zur Impfung zum Schutz vor Meningokokkeninfektionen war dagegen auf gefährdete Personen beschränkt.
Bei einer am 2. September 2002 durchgeführten Vorsorgeuntersuchung (U 5) wurden bei der Klägerin - anders als bei den vorangegangenen Vorsorgeuntersuchungen - Entwicklungsverzögerungen festgestellt. Es folgten stationäre Behandlungen u. a. aufgrund von epileptischen Anfällen. Die Klägerin ist inzwischen schwerstbehindert mit einem Grad der Behinderung von 100. Von der gesetzlichen Pflegeversicherung ist die Pflegestufe III anerkannt.
Am 30. Oktober 2003 beantragte die Klägerin Versorgung nach dem IfSG. Das beklagte Land holte eine Auskunft von dem damals behandelnden Kinderarzt Dr. J. vom 20. November 2003 ein und zog verschiedene Berichte zu stationären Behandlungen der Klägerin bei. Mit Bescheid vom 11. März 2004 lehnte das beklagte Land den Antrag der Klägerin mit der Begründung ab, dass die Klägerin im Rahmen einer Impfstudie und damit nicht mit einem in Deutschland von der Zulassungsbehörde zugelassenen Impfstoff geimpft worden sei.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug die Klägerin vor, dass sie bzw. ihre Eltern weder durch den impfenden Arzt noch durch eine Behörde darüber informiert worden seien, dass die Impfung nicht öffentlich empfohlen gewesen sei. Damit sei der Rechtsschein der öffentlichen Empfehlung geschaffen worden. Ferner begründete die Klägerin näher, dass die Schädigung ursächlich auf die Impfung zurückzuführen sei. Im Widerspruchsverfahren holte das beklagte Land Auskünfte des Kreises Nordfriesland sowie des damaligen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz des Landes Schleswig-Holstein zu der Frage ein, ob zum Zeitpunkt der Impfung der Klägerin eine Empfehlung zur Impfung gegen Meningokokken bestanden habe. Ferner holte das beklagte Land eine Auskunft der Firma G. GmbH & Co KG vom 26. Juli 2004 zu dem verwendeten Impfstoff ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 22. September 2004 wies das beklagte Land den Widerspruch der Klägerin im Wesentlichen aus den Gründen des angefochtenen Bescheides zurück. Die Nachfrage bei der Firma G. GmbH & Co KG in M. habe bestätigt, dass für die Impfung ein noch zu erprobender nicht zugelassener Impfstoff verwendet worden sei. Damit sei die Impfung von der öffentlichen Empfehlung nicht erfasst. Darüber hinaus gelte die Empfehlung bei Kombinationsimpfungen nur, wenn alle Einzelkomponenten öffentlich empfohlen seien. Auch diese Voraussetzung sei nicht erfüllt, weil für die Klägerin keine Impfung gegen Meningokokken empfohlen sei. Die Empfehlung beschränke sich auf gefährdete Personen wie Laborpersonal. Die Klägerin gehöre diesem Personenkreis nicht an, und auch die für den Wohnort der Klägerin zuständige Gesundheitsbehörde habe eine entsprechende Empfehlung nicht ausgesprochen.
Dagegen hat sich die Klägerin mit der am 13. Oktober 2004 erhobenen Klage gewandt, zu deren Begründung sie ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft hat.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid vom 11. März 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. September 2004 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die Folgen der Impfungen bei der Klägerin vom 30. Mai, 27. Juni und 1. August 2002 als Impfschaden anzuerkennen und eine Versorgung zu gewähren.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Urteil vom 7. Juni 2006 hat das Sozialgericht Schleswig die Klage aus den Gründen des angefochtenen Widerspruchsbe...