Entscheidungsstichwort (Thema)
Besondere Förderung der Einstellung und Beschäftigung Schwerbehinderter. Arbeitsentgeltzuschuss. Rückzahlung. arbeitgeberseitige Kündigung in der Förderzeit. Widerruf der Bewilligung für die Vergangenheit. Vertrauensschutz. Ermessensreduzierung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Entscheidung über den zur Einstellung und Beschäftigung eines Schwerbehinderten gem § 33 Abs 2 SchwbG gewährten Zuschuß zum Arbeitsentgelt kann wegen Zweckverfehlung gem § 47 SGB 10 widerrufen werden, wenn das Beschäftigungsverhältnis durch den Arbeitgeber vor Ablauf der Förderzeit gelöst wird.
2. Zur Abgrenzung der §§ 45, 47 und 48 SGB 10.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen einen Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid. Er war Inhaber der Firma B-V. Aufgrund Anstellungsvertrages vom 15. Dezember 1994 trat mit Wirkung vom 1. April 1995 der ... 1940 geborene Arbeitnehmer M, der als Schwerbehinderter anerkannt ist, als Büroleiter in die Firma ein. Bereits am 1. Dezember 1994 hatte der Kläger insoweit einen Antrag auf Leistungen zur Förderung der Einstellung und Beschäftigung Schwerbehinderter gemäß § 33 Abs. 2 des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) gestellt. In dem Antragsformular hat der Kläger unter anderem folgende Erklärung unterschrieben:
"1. Die Hinweise für die Gewährung der beantragten Leistungen habe ich erhalten und deren Inhalt zur Kenntnis genommen.
...
3. Mir ist bekannt, daß ich dem Arbeitsamt unverzüglich alle Änderungen, gegenüber den Angaben in diesem Antrag, mitzuteilen habe."
Mit Bewilligungsbescheid vom 29. Juni 1995 entsprach die Beklagte dem gestellten Antrag und bewilligte der Firma B-V zur Einstellung und Beschäftigung des Schwerbehinderten nach § 33 Abs. 2 SchwbG aus Mitteln des Ausgleichsfonds ab 1. April 1995 für die Dauer von 5 Jahren einen Zuschuß zum Arbeitsentgelt. Unter Anrechnung gleichzeitig gewährter Eingliederungsbeihilfe wurde der Zuschuß für die Zeit vom 1. April 1995 bis 30. September 1995 auf 780,00 DM monatlich festgesetzt. Durch Änderungsbescheid vom 5. Juli 1995 wurde dieser Betrag auf monatlich 2.340,00 DM erhöht. Weiter heißt es in dem Bescheid u. a., daß der Zuschuß zum Urlaubsgeld jährlich auf Nachweis gezahlt werde.
Auf Seite 2 des Bescheides finden sich u. a. folgende Formulierungen:
"Bitte beachten Sie, daß der Zuschuß in voller Höhe zurückzuzahlen ist, wenn das Arbeitsverhältnis in den ersten 6 Monaten nach Beschäftigungsbeginn einseitig durch den Arbeitgeber gekündigt wird.
Rechtsgrundlage ist der § 10 der Schwerbehindertenausgleichsabgabeverordnung (SchwbAV).
Die beigefügten Bestimmungen und Hinweise sind Bestandteil dieses Bewilligungsbescheides."
Mit Schreiben vom 24. Juli 1995 beantragte der Kläger einen Zuschuß zum Urlaubsgeld des Herrn M. Darauf wurde dem Kläger insoweit ein Betrag von 3.327,00 DM gezahlt. Für die Monate Juni und Juli 1995 gelangten daneben die jeweils festgesetzten Förderungsbeträge von je 2.340,00 DM zur Auszahlung.
Am 16. August 1995 erfuhr die Beklagte aufgrund einer Mitteilung des Arbeitnehmers M, daß das Arbeitsverhältnis aufgrund arbeitgeberseitiger Kündigung mit Schreiben vom 19. Juli 1995 zum 31. August 1995 gekündigt worden war. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der Arbeitnehmer M für die Monate Juni bis August 1995 kein Arbeitsentgelt erhalten. Die Beklagte erließ daraufhin einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 9. Oktober 1995, mit dem sie ihre Bewilligungsentscheidung gemäß § 48 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) für die Zeit ab 1. Juni 1995 bis 31. August 1995 ganz in Höhe von 8.007,00 DM aufhob und die Firma B-V gemäß § 50 SGB X zur Erstattung aufforderte. Zur Begründung führte die Beklagte unter Hinweis auf die Rückzahlungsbestimmungen nach der SchwbAV i. V. m. § 48 Abs. 1 Nr. 4 SGB X aus, daß die Firma insgesamt 8.007,00 DM erhalten habe, obwohl nach der Kündigung des Schwerbehinderten zum 1. September 1995 die Voraussetzungen für die Leistungen weggefallen seien.
Gegen den Bescheid vom 9. Oktober 1995 legte der Kläger am 9. November 1995 Widerspruch ein. Zur Begründung machte er im wesentlichen geltend, daß § 48 Abs. 1 Nr. 4 SGB X aus seiner Sicht keine Rechtsgrundlage für die erfolgte Aufhebungsentscheidung sei. Bis Ende August 1995 sei Herr M nämlich in der Firma B-V beschäftigt gewesen; die Aufhebung der Bewilligungsentscheidung könne damit frühestens mit Wirkung vom 1. September 1995 in Betracht kommen. Die Rechtswidrigkeit der Aufhebungsentscheidung habe die Fehlerhaftigkeit des Rückforderungsbegehrens zur Folge.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 1997 wies der Widerspruchsausschuß beim Landesarbeitsamt (§ 42 SchwbG) den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, daß die Aufhebungs- und Rückforderungsentscheidung aus Sicht des Widerspruchsausschusses im Ergebnis richtig sei. Entgegen den Ausführungen des Ausgangsbescheides beruhe die Aufhebungsentscheidung allerdings auf § 45 Abs. 2 SGB X. Die Rechtswidrigkeit der Bewilligungsentscheidung ergebe sich daraus, daß dem Arbeitnehme...