Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenversicherung. Selbständiger. Beendigung der freiwilligen Weiterversicherung wegen Bezug von Arbeitslosengeld. Klageart. sozialgerichtliches Verfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Klageart bei Streitigkeiten über die Beendigung der freiwilligen Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung.
2. Ähnlich wie die antragsabhängige Versicherungspflicht nach § 28a Abs 1 S 1 Nr 2 SGB 3 bei Vorliegen der Voraussetzungen kraft Gesetzes eintritt, endet umgekehrt diese Versicherungspflicht nach § 28a Abs 2 S 3 Nr 1 SGB 3 bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen kraft Gesetzes (vgl BSG vom 30.3.2011 - B 12 AL 2/09 R = SozR 4-4300 § 28a Nr 3).
3. Das Versicherungspflichtverhältnis nach § 28a SGB 3 endet mit dem Bezug einer Entgeltersatzleistung nach dem SGB 3 kraft Gesetzes, ohne dass es der Aufhebung ergangener Bescheide bedürfte. Auf Fragen des Vertrauensschutzes kommt es insoweit nicht an; auch die Heranziehung der Grundsätze über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ist ausgeschlossen.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 8. Juli 2010 aufgehoben. Die Klage wird unter Einschluss des im Berufungsverfahren klarstellend formulierten Feststellungsbegehrens abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Aufhebung der am 1. Februar 2006 begonnenen freiwilligen Weiterversicherung des Klägers in der Arbeitslosenversicherung mit Ablauf des 8. August 2006.
Der ...1967 geborene Kläger bezog bis Ende 2005 Arbeitslosengeld (Alg). Zum 1. Januar 2006 meldete er sich aus dem Alg-Bezug ab und übte eine selbständige Tätigkeit (Handel mit EURO-Münzen) aus. Es verblieb ein Alg-Restanspruch für 11 Tage. Die Beklagte förderte die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit bis zum 30. Juni 2006 mit Überbrückungsgeld.
Mit am 25. Januar 2006 eingegangenem Antrag begehrte der Kläger die freiwillige Weiterversicherung nach § 28a Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) ab dem 1. Februar 2006, weil er von diesem Zeitpunkt an als Selbständiger mit mehr als 15 Wochenstunden tätig sei. Im Antragsvordruck bestätigte er den Erhalt und die inhaltliche Kenntnisnahme des Merkblatts „Freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung“. Die Beklagte entsprach diesem Antrag mit Bescheid vom 3. Februar 2006. Hierzu ergingen in der Folgezeit Änderungsbescheide zur Beitragshöhe, zuletzt am 5. Dezember 2007 für das Jahr 2008. In dem Bescheid vom 3. Februar 2006 heißt es auf Seite 2 oben unter anderem:
„Das Versicherungspflichtverhältnis endet
- wenn Sie eine Entgeltersatzleistung nach dem SGB III (z.B. Alg) beziehen
- …
- mit Ablauf des Tages, an dem die Voraussetzungen nach § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB III letztmals erfüllt werden (§ 28a Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB III“.
Seit dem 10. Juli 2006 bezog der Kläger Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) von der ARGE SGB II im Kreis P... Nach eigenen Angaben wurde der Kläger von der ARGE darauf hingewiesen, dass er vorrangig seinen Restanspruch auf Alg I in Anspruch nehmen müsse. Am 9. August 2006 meldete er sich bei der Beklagten unter Hinweis darauf, dass er seine selbständige Tätigkeit nur noch weniger als 15 Stunden wöchentlich ausübe, arbeitslos und beantragte Alg I, das die Beklagte ihm mit Bescheid vom 17. August 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. September 2006 ab dem 9. August 2006 mit einer Restanspruchsdauer von 11 Kalendertagen bewilligte. Der Anspruch auf Alg I war ab dem 20. August 2006 erschöpft.
Bis zum 29. Februar 2008 zahlte der Kläger Beiträge für die freiwillige Weiterversicherung. Am 8. Januar 2008 meldete er sich bei der Beklagten zum 1. Februar 2008 erneut arbeitslos und beantragte Alg. Die Beklagte entsprach diesem Antrag mit Bescheid vom 5. Februar 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. Juni 2008 für die Zeit vom 1. Februar 2008 bis 30. September 2008 (später zurückgenommen für die Zeit ab 19. Mai 2008, s.u.).
Mit nicht angefochtenem Bescheid vom 7. Februar 2008 hob die Beklagte den Bescheid vom 5. Dezember 2007 betreffend den Versicherungsschutz im Jahre 2008 ab dem 1. Februar 2008 wegen Beendigung der selbständigen Tätigkeit des Klägers am 31. Januar 2008 auf und kündigte die Erstattung des für den Monat Februar 2008 gezahlten Beitrags an. Mit weiterem Bescheid vom 14. April 2008, um den es im vorliegenden Rechtsstreit geht, hob die Beklagte den Bescheid über die freiwillige Weiterversicherung vom 3. Februar 2006 mit Wirkung ab 9. August 2006 auf. Zur Begründung dieser auf § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i.V.m. § 330 Abs. 3 SGB III gestützten Entscheidung führte die Beklagte aus, dass der Kläger ab dem 9. August 2006 eine Entgeltersatzleistung nach dem SGB III bezogen habe und das Versicherungspflichtverhältnis in der freiwilligen Weiterversicherung somit gemäß § 28a Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 SGB III mit Ablauf des 8. August 2006 geend...