Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe der Vergütung für die von dem psychologischen Psychotherapeuten erbrachten zeit-, antrags- und genehmigungsgebundenen Leistungen
Orientierungssatz
1. Die probatorischen Sitzungen eines psychologischen Psychotherapeuten sind nach der Rechtsprechung des BSG nicht mit dem Mindestpunktwert für die zeitgebundenen und genehmigungspflichtigen Leistungen zu vergüten. Sie müssen unter Berücksichtigung ihrer Funktion angemessen honoriert werden. Ein Punktwert von 2,56 Cent darf nicht unterschritten werden.
2. Infolgedessen ist die Kassenärztliche Vereinigung auf Antrag zu einer Neubescheidung in einzelnen Quartalen nur insoweit verpflichtet, als die festgesetzten Punktwerte den Betrag von 2,56 Cent unterschreiten.
3. Bei der angemessenen Honorierung der vom psychologischen Psychotherapeuten erbrachten Leistungen ist nicht allein auf die Mindestzahl probatorischer Sitzungen abzustellen, sondern auf diejenige Mindestzahl, die für eine sachgerechte therapeutische Versorgung in der einzelnen Praxis erforderlich ist.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 11. Januar 2006 geändert.
Die Beklagte wird verurteilt, die Honorarabrechnungen des Klägers für die Quartale I/01, II/01, IV/01, I/02, III/02 und I/03 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.
Hinsichtlich der Quartale II/00, III/00, IV/00, III/01, II/02, IV/02 wird die Klage auch bezogen auf die Honorierung der nicht sowohl zeit- als auch genehmigungsbedürftigen Leistungen abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Der Kläger und die Beklagte tragen jeweils die Hälfte der Kosten des gesamten Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren noch über die angemessene Vergütung für die nicht sowohl zeit- als auch antrags- und genehmigungsgebundenen Leistungen nach dem Abschnitt G IV EBM-Ä in den Quartalen II/00 bis I/03.
Der Kläger nimmt als psychologischer Psychotherapeut mit Praxissitz in L seit dem Quartal II/00 an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Durch Bescheide vom 13. Oktober 2000, 12. Januar 2001, 14. April 2001, 14. Juli 2001, 15. Oktober 2001, 14. Januar 2002, 12. April 2002, 15. Juli 2002, 14. Oktober 2002, 14. Januar 2003, 14. April 2003 und 15. Juli 2003 (Honorarbescheide II/00 bis I/03) sowie durch Nachberechnungsbescheide (betreffend u. a. die streitigen Quartale) setzte die Beklagte die Honoraransprüche des Klägers für die Quartale II/00 bis I/03 fest.
Der Kläger erhob gegen alle Bescheide Widersprüche, die er im Wesentlichen gleichlautend wie folgt begründete: Die der Honorierung zugrunde liegenden Regelungen des HVM der Beklagten seien rechtswidrig, da die Vorgaben aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) mit Urteilen vom 25. August 1999 (B 6 KA 14/98 R, B 6 KA 17/98 R) und vom 26. Januar 2000 (B 6 KA 4/99 R) und die gesetzlichen Vorgaben des § 85 Abs. 4 SGB V zur Vergütung psychotherapeutischer Leistungen nicht berücksichtigt worden seien. Als Mitglied des Deutschen Psychotherapeutenverbandes habe er sich einem von diesem Verband angestrengten Musterverfahren angeschlossen. Der Kläger rügte zudem die mangelnde Transparenz und Plausibilität der Nachberechnungsbescheide.
Die Beklagte wies die Widersprüche durch Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2003 zurück. Ab dem Quartal I/00 würden die zeitgebundenen antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen des Abschnitts G IV EBM-Ä (Nrn. 871 bis 884) auf der Grundlage des Beschlusses des Bewertungsausschusses zur Festlegung der angemessenen Höhe der Vergütung ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Vertragsärzte und -therapeuten gemäß § 85 Abs. 4 Buchst. a SGB V mit einem Punktwert von 7,88 Pfennig bzw. 4,03 Cent aus dem jeweiligen Honorarkontingent der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzte mit mindestens 90 % ihres Gesamtleistungsbedarfs aus Abschnitt G IV EBM vergütet. Ab dem Quartal III/02 sei der Punktwert auf 4,0538 Cent erhöht worden. Dieser Punktwert gelte gemäß § 12 Abs. 6 Buchst. e HVM nur bis zu einer Menge von insgesamt 561.150 Punkten je Quartal und Leistungserbringer. Die Leistungen würden vorweg aus den jeweiligen Honorarkontingenten der ausschließlich psychotherapeutischen Vertragsärzte und -therapeuten vergütet. Die danach innerhalb der Kontingente dieser Fachgruppen verbleibenden Geldmittel stünden zur Finanzierung der übrigen Leistungen dieser Fachgruppen zur Verfügung. Hintergrund der Entscheidung zur Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen ab dem Quartal I/00 sei u. a. die Tatsache, dass die angemessene Höhe der Vergütung von der Umsatz- und Ertragsentwicklung im gesamten vertragsärztlichen Bereich abhängig sei und insofern die Höhe des Punktwertes ebenfalls nur in Abhängigkeit von diesen Faktoren festgelegt werden könne. Der Bewertungsausschuss habe sich insoweit auf die vergleichbare Ertrags- und Umsatzsituation eines Facharztes für Allgemeinmedizin in der hausärztli...