Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. sachlicher Zusammenhang. betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung. Voraussetzung. Organisation. Autorität der Geschäftsleitung. Pflege der Verbundenheit. formale Teilnahmemöglichkeit aller Beschäftigten. Missverhältnis zwischen tatsächlicher Teilnehmerzahl und Zahl der eingeladenen Beschäftigten. Vertrauensschutz. Fußballturnier. Betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung
Leitsatz (amtlich)
1. Für die Anerkennung als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung ist ua Voraussetzung, dass diese von der Autorität der Geschäftsleitung getragen wird. Dazu ist erforderlich, dass das Interesse der Betriebsleitung deutlich wird, dass möglichst alle Betriebsangehörigen bzw alle, an die sich die Veranstaltung wendet, daran teilnehmen sollen.
2. Nehmen an einer Veranstaltung nur ca 7 % der eingeladenen Betriebsangehörigen teil, spricht das gegen die Annahme einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung.
Orientierungssatz
Zwar kann Vertrauensschutz im Hinblick auf eine versicherte Betätigung bestehen, wenn Teilnehmer mit einer großen Anzahl von Personen rechnen, aber erst bei Beginn der Veranstaltung festgestellt werden kann, dass lediglich eine sehr geringe Anzahl von Teilnehmern kommt. Weiter setzt der Vertrauensschutz jedoch voraus, dass der Verletzte aufgrund der Gesamtumstände davon ausgehen konnte, dass es sich entsprechend den sonstigen Voraussetzungen um eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung handeln würde. Die alleinige Vorstellung des Verletzten, bei einer bestimmten Veranstaltung unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung zu stehen, kann nicht zum Versicherungsschutz führen (vgl LSG Stuttgart vom 21.7.2011 - L 6 U 3857/10 = UV-Recht Aktuell 2012, 648).
Normenkette
SGB VII § 8 Abs. 1
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 30. November 2010 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die außergerichtlichen Kosten des Klägers sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Anerkennung eines Ereignisses als Arbeitsunfall.
Der am … 1971 geborene Kläger war bei der “K... Pharma + Veterinär Produkte GmbH„ (K...) in Kiel beschäftigt, als er sich während eines Fußballturniers in L... am 2. Juni 2007 einen Bruch des Schienbeinkopfes zuzog. Mit Unfallanzeige vom 18. Juni 2007 teilte die K... der Beklagten mit, dass es sich um einen B...-Konzern internes Turnier gehandelt habe und der Zweck der Veranstaltung in dem Kennenlernen der Mitarbeiter anderer Abteilungen bestanden habe. Das Turnier sei als Familientag mit weiteren Attraktionen ausgestaltet gewesen. Platzmiete und weitere Zuschüsse seien durch B... übernommen worden. Die K... sei mit 22 Spielern und zehn weiteren Personen vertreten gewesen. Die Kosten für Startgeld, Busfahrt und die Hälfte der Kosten für die Unterkunft seien von der K... gezahlt worden. Telefonisch ermittelte die Beklagte, dass es eine Aufforderung bzw. einen ausdrücklichen Wunsch der Firmenleitung, dass alle Beschäftigten an der Veranstaltung hätten teilnehmen sollen, nicht gegeben habe.
Mit Bescheid vom 24. Juli 2007 lehnte die Beklagte Ansprüche des Klägers auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung aufgrund des Unfalls vom 2. Juni 2007 ab mit der Begründung, die Veranstaltung vom 2. Juni 2007 sei nicht im Rahmen der Unfallversicherung versichert gewesen. Dagegen legte der Kläger am 31. Juli 2007 Widerspruch ein. Im Laufe des Widerspruchsverfahrens holte die Beklagte weitere Informationen der “B... HealthCare„ (B...) und von K... ein. Daraus ergab sich, dass die Veranstaltung allen Konzernangehörigen und auch den Familienangehörigen offen gestanden habe. Es seien ca. 800 Teilnehmer und 12 Mannschaften à 15 Spieler dabei gewesen. Die Veranstaltung habe dazu gedient, die Kommunikation untereinander zu verbessern. Es seien fünf leitende Mitarbeiter bzw. Mitglieder des Managements anwesend gewesen. Die Stammbelegschaft bei K... habe 429 Mitglieder betragen. Teilgenommen hätten von diesen 33 Personen, davon 18 Fußballspieler. Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Der Kläger hat am 16. Januar 2008 Klage erhoben. Er hat vorgetragen, bei dem Fußballturnier habe es sich nicht um einen Wettkampf, sondern um sportliche Betätigung gehandelt. Die K... sei eine 100%ige Tochter der B... und die Veranstaltung habe dem Kennenlernen der Mitarbeiter in den einzelnen Betriebsteilen der B... gedient. Die Anerkennung als Gemeinschaftsveranstaltung sei nicht von der Anzahl der Teilnehmer aus dem jeweiligen Betrieb abhängig. Im Übrigen habe er - der Kläger - an dem Fußballturnier im Rahmen der Betriebssportgruppe von K... teilgenommen. Die Einladung zu der Veranstaltung sei durch Aushang, der für alle im Betrieb arbeitenden Personen gut einsehbar gewesen sei, erfolgt. Aus der Einladung sei ersichtlich gewesen, dass jeder habe teilnehmen können und es ein umfangreiches Rahmenpro...