Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Ausbildung im Gebrauch eines Hilfsmittels. Mobilitäts- und Orientierungstraining wegen veränderter Umweltbedingungen
Orientierungssatz
Eine Schulung (Mobilitäts- und Orientierungstraining) wegen veränderter Umweltbedingungen ist keine Ausbildung im Gebrauch eines Hilfsmittels (hier des Blindenstocks), wenn die Krankenkasse den Versicherten bereits auf ihre Kosten im Umgang mit dem Blindenstock hat unterweisen lassen. Außerdem geht der Anspruch auf Hilfsmittelversorgung bzw der Gebrauch mit diesem nicht über die Befriedigung eines Grundbedürfnisses hinaus (vgl Urteile des Senats vom 28.8.1998 - L 1 KR 15/97 = E-LSG KR-156 und 17.6.1997 - L 1 KR 85/96).
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin ein Mobilisationstraining zur Orientierung in dem von ihr zum Einkauf aufgesuchten Lebensmittelgeschäft zu gewähren hat.
Die 1970 geborene Klägerin wohnt in H bei H, ist Mitglied der Beklagten und blind von Geburt an. Die Beklagte gewährte ihr in der Zeit von 1986 bis 1994 60 Einheiten eines Mobilitäts- und Orientierungstrainings. Im März 1999 beantragte die Klägerin die Gewährung weiterer 20 Stunden als Auffrischungsmaßnahme mit der Begründung, es hätten sich Änderungen in ihrer Umgebung ergeben. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 18. März 1999 unter Hinweis darauf ab, dass bereits verschiedene Einheiten Mobilitätstraining gewährt worden seien und in der Regel ein Unterricht von 60 Stunden ausreiche, den sicheren Umgang mit dem weißen Langstock zu beherrschen. Eine Änderung der örtlichen Verhältnisse an dem Wohnort in Hamburg (Halstenbek) begründe keine Leistungspflicht der Kasse. Die Klägerin hielt ihren Antrag aufrecht und führte aus, dass der Umfang von 60 Stunden lediglich die sog. Grundunterweisung des Hilfsmittels enthalte, nicht jedoch Veränderungen in der Umwelt berücksichtige. Die Beklagte holte ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung ein. Darin kam die Augenärztin Dr. ... S unter dem 27. Juli 1999 zu dem Ergebnis, dass bei einem ambulanten Mobilitätstraining von 60 Stunden dem Versicherten der Gebrauch mit dem Blindenstock und das Erlernen der Orientierung in einer nicht bekannten Umgebung vermittelt werde. Folgeversorgungen in Form weiterer Mobilitätsschulungen könnten nur dann übernommen werden, wenn die Versicherte im Umgang mit dem Hilfsmittel neu geschult werden müsse. Das sei hier nicht der Fall. Die Klägerin wohne seit zehn Jahren in H und sei an die Gegebenheiten ihrer Umgebung gewöhnt. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 30. Juli 1999 die Übernahme eines Orientierungs- und Mobilitätstrainings ab.
Im März 2000 beantragte die Klägerin die Kostenübernahme für acht Einheiten Orientierungs- und Mobilitätstrainings unter Vorlage eines Kostenvoranschlags der Orientierungs- und Mobilitätslehrerin J in Höhe von 696,00 DM zuzüglich Fahrzeitentschädigung und Fahrkostenerstattung, einer Stellungnahme von Frau J ("Orientierungs- und Mobilitätslehrerin für Sehgeschädigte") und einer Bescheinigung der Augenärztin Dr. W mit dem Inhalt: "Mobilitätstraining/Orientierungshilfe: 8 Einheiten (im Supermarkt) bei Blindheit per Gesetz". Zur Begründung führte die Klägerin aus, in der Nähe ihrer Wohnung befinde sich ein Lebensmittelmarkt, in dem sie bisher selbstständig habe einkaufen können. Gegenwärtige Umbaumaßnahmen änderten die Gegebenheiten im Inneren des Gebäudes völlig. Sämtliche Warengruppen befänden sich an anderen Plätzen, sodass für sie ein selbstständiges Einkaufen nicht mehr möglich sei. Die beantragte Maßnahme solle dazu dienen, die neuen Gegebenheiten in dem Lebensmittelmarkt kennen zu lernen. Dafür reichten die acht Einheiten. Die Beklagte habe für eine solche Auffrischungsmaßnahme aufzukommen. In einem Geschäft, in dem sie ihren alltäglichen Bedarf decke, keine Abteilung mehr selbstständig auffinden zu können und nach jedem Artikel fragen zu müssen, empfinde sie als Zumutung und als gravierende Einschränkung ihrer Lebensqualität. Die Beklagte teilte ihr daraufhin mit, sie müsse, wie bereits 1999, den Antrag auf Kostenübernahme wegen Änderung der örtlichen Umgebung ablehnen, gebe ihr aber Gelegenheit, sich hierzu vorher zu äußern. Die Klägerin blieb bei ihrer Auffassung. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 29. Mai 2000 die Kostenübernahme ab, nachdem die Klägerin ihr gegenüber mitgeteilt hatte, den Bescheid vom 20. April 2000 nicht erhalten zu haben. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. September 2000 zurückwies.
Die Klägerin hat am 2. Oktober 2000 Klage beim Sozialgericht Itzehoe erhoben und erneut auf die veränderten Gegebenheiten in dem nahegelegenen Supermarkt ihres Wohnortes hingewiesen. Die Fahrzeitentschädigung werde voraussichtlich 1.044 DM betragen, sodass sich unter Einschluss der Umsatzsteuer ein Gesamtbetrag von 1.851,36 DM ergebe. Die Beklagte verkenne, dass es ihr, der Klägerin, nicht um eine normale Sch...