Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenhilfeanspruch. Arbeitslosigkeit. Verfügbarkeit. Anspruch auf Stillzeiten nach dem verfassungsrechtlichen Mutterschutz
Orientierungssatz
Eine stillende Mutter ist verfügbar, sofern sie die in § 7 MuSchG normierten Grenzen einzuhalten gedenkt, sie also während der Arbeits- oder Maßnahmezeit nicht häufiger als zweimal täglich stillen will (vgl SG Reutlingen vom 18.7.1985 - 8 Ar 1901/84 = NZA 1986, 40). Zwar enthält § 119 SGB 3 keine entsprechende Befugnis für arbeitslose stillende Mütter, es ist jedoch auf die verfassungsrechtliche Wertentscheidung in Art 6 Abs 4 GG zurückzugreifen, wonach jede Mutter Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft hat.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) ab 19. August 2000.
Die ... 1963 geborene Klägerin war nach einer Tätigkeit als Floristin vom 1. Januar 1988 bis zum 21. Juni 1996 - mit Unterbrechungen - ab 22. Juni 1996 bei der Beklagten arbeitslos gemeldet und stand - ebenfalls mit Unterbrechungen - im dortigen Leitungsbezug. Die Klägerin ist verheiratet und Mutter von zwei Kindern, und zwar eines Sohnes B, geboren ... 1993, und einer Tochter A, geboren ... 2000. Bezogen auf ihren am 20. Juni 1996 mit Wirkung vom 22. Juni 1996 gestellten Alg-Antrag hatte die Klägerin eine von Frau A B und Herrn A B, Hamburg, unterschriebene Bescheinigung vorgelegt, dass diese für die Betreuung ihres Enkelkindes B uneingeschränkt zur Verfügung stünden. Daraufhin wurde der Klägerin antragsgemäß Alg bewilligt, das sie bis zur Erschöpfung des Anspruchs auch bezog. Anschließend bezog sie - mit Unterbrechungen - Alhi bis zum 30. April 2000. Eine von der Beklagten im Rahmen der beruflichen Rehabilitation (Reha) vorgesehene Feststellungsmaßnahme vom 2. März 1998 bis zum 30. April 1998 mit nachfolgender Umschulung zur Kauffrau in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft vom 4. Mai 1998 bis zum 28. Januar 2000 bei der G-Schule in N (Bescheid vom 23. Februar 1998) trat die Klägerin nicht an. Daraufhin schloss die Beklagte mit Bescheid vom 11. März 1999 das berufliche Reha-Verfahren ab. Der Klägerin wurde anheim gestellt, ggf. zu einem späteren Zeitpunkt einen neuen Antrag auf Gewährung von Leistungen zur beruflichen Reha zu stellen. In der Zeit vom 1. Mai bis zum 18. August 2000 erhielt die Klägerin wegen der Geburt ihres zweiten Kindes Mutterschaftsgeld von der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) Schleswig-Holstein. Vom 23. Juni 2000 bis zum 22. Juni 2002 bezog sie für ihre Tochter A Erziehungsgeld in Höhe von 600,00 DM (Bescheide des Landesamtes für soziale Dienste Schleswig-Holstein vom 19. Juli 2000 und 16. Juli 2001).
Am 14. August 2000 meldete sich die Klägerin mit Wirkung ab 19. August 2000 erneut arbeitslos und stellte einen Antrag auf Alhi. In dem Antrag gab sie an, dass ihre Arbeitszeit nach Stundenzahl bzw. Lage oder Verteilung nicht eingeschränkt sei. In einem Beratungsgespräch vom selben Tage teilte die Klägerin mit, dass die Kinderbetreuung durch ihre Mutter gesichert sei. Ferner gab sie an, dass sie ihre im Jahre 1998 geplante Umschulung durchführen wolle. Ihr wurde daraufhin ein Reha-Antrag ausgehändigt.
Mit Schreiben vom 17. August 2000 unterbreitete die Beklagte der Klägerin das Angebot einer Trainingsmaßnahme nach § 48 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) für Vollzeitkräfte in der Zeit vom 4. September bis zum 24. November 2000 (5 Tage/Woche) bei dem Maßnahmeträger "B" einschließlich eines vierwöchigen Praktikums in K. Die Klägerin trat diese Maßnahme nicht an. Mit Schreiben vom 4. September 2000 teilte sie der Beklagten mit, dass sie die Teilnahme an der Trainingsmaßnahme "aus wichtigem Grund wegen absoluter Unzumutbarkeit" ablehnen müsse.
Am 28. September 2000 führte die Klägerin auf Einladung der Beklagten ein Beratungsgespräch mit der zuständigen Arbeitsvermittlerin, der Zeugin G. Die Zeugin G fertigte nach dem Gespräch einen Vermerk an, in dem sie unter anderem ausführte, dass nach Auffassung der Klägerin die Teilnahme an der Trainingsmaßnahme unzumutbar sei, da sie ein Kind von 3 Monaten habe und dieses noch stille.
Am 8. Dezember 2000 führte die Zeugin G ein weiteres Beratungsgespräch mit der Klägerin. In dem danach von ihr gefertigten Beratungsvermerk (BewA-Vermerk) ist unter anderem ausgeführt, dass die Klägerin mündlich bestätigt habe, wegen Stillzeiten und Kinderbetreuung an der Trainingsmaßnahme nicht teilnehmen zu können. Bezüglich der Stillzeiten habe sie ein entsprechendes ärztliches Attest eingereicht. Weiter heißt es in diesem BewA-Vermerk, dass die Klägerin auf die Abmeldung aus der Arbeitslosigkeit sowie auf die leistungsrechtlichen Konsequenzen hingewiesen worden sei. Eine Verhandlungsniederschrift habe die Klägerin jedoch nicht unterschreiben wollen. Die vorbereitete - von der Klägerin nicht unterschriebene - Verhandlungsniederschrift über das Beratungsgespräch vom 8. Dezember 2000 hatte den folgenden Wortlaut:
"Ich kann aufgrund der Stillzeiten u...