Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeldanspruch. Ruhen bei anderen Sozialleistungen. Altersrente. ähnliche Leistung öffentlich-rechtlicher Art. Ruhegehalt eines Flugzeugführers bzw Waffensystemoffiziers in strahlgetriebenen Kampfflugzeugen wegen Erreichung einer besonderen Altersgrenze. freiwillige Fortführung des Dienstes bis zu weiteren fünf Jahren. Erhöhung des Ruhegehaltes. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Das Ruhegehalt eines Offiziers, der in strahlengetriebenen Kampfflugzeugen verwendet und nach § 44 Abs 2 und § 45 Abs 2 Nr 3 SG aF mit Vollendung des 41. Lebensjahres in den Ruhestand versetzt wurde, ist keine der gesetzlichen Altersrente ähnliche Leistung öffentlich-rechtlicher Art iS von § 142 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB 3.
2. Dies gilt dann nicht, wenn Offiziere, die in strahlgetriebenen Kampfflugzeugen als Flugzeugführer oder Waffensystemoffiziere nicht mit Vollendung des 41. Lebensjahres ausscheiden und eine Pension in Höhe von 55 vH der ruhegehaltfähigen Bezüge erhalten, sondern gem § 44 Abs 1 und 2 SG (in der bis zum 31.12.1991 geltenden Fassung) ihren Dienst freiwillig oder aufgrund dringender dienstlicher Erfordernisse bis zu maximal fünf Jahre fortführen mit der Folge, dass sich ihr Ruhegehalt gem § 26 Abs 1 S 1 SVG (in der bis zum 31.12.1991 geltenden Fassung) um weitere 11 vH auf 66 vH erhöht.
3. Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 142 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB 3 sind nicht ersichtlich.
Normenkette
SG § 44 Abs. 1-2, § 45 Abs. 2 Nrn. 1, 3, § 26 Abs. 1 S. 1; SGB III § 142 Abs. 1 S. 1 Nr. 4, Abs. 2 S. 1 Nr. 3b; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 5. November 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg) ab dem 1. Oktober 2007. Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Anspruch wegen Bezugs von Ruhegehalt ruht.
Der 1943 geborene Kläger war zunächst vom 2. Oktober 1961 bis zum 30. September 1964 Soldat auf Zeit und vom 17. November 1966 bis zum 30. September 1989 Berufssoldat, zuletzt seit dem 1. April 1987 im Rang eines Majors (A 13/Stufe 11) in der Verwendung als Waffensystemoffizier tätig. Seit dem 1. Oktober 1989 bezieht er Versorgungsbezüge nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) in Höhe von 66 vH der ruhegehaltfähigen Bezüge und hat Anspruch auf Beihilfe im Krankheitsfall in Höhe von 70 vH, im Übrigen ist er privat kranken- und pflegeversichert (mtl. Zahlbetrag ab 2008: 204,95 EUR). Im November 2007 betrug das Ruhegehalt 2.784,01 EUR brutto/2.581,87 EUR netto (Steuerklasse 3); zuzüglich eines Ausgleichs erhielt der Kläger 2647,30 EUR ausgezahlt. Daneben war er vom 1. Oktober 1989 bis zum 30. September 2007 bei der Wehrbereichsverwaltung (WBV) Nord als ziviler Mitarbeiter (Flugsimulatorlehrer) im Umfang von 19,5 Stunden/Woche beschäftigt; die Entlohnung erfolgte nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) E10 in Höhe von monatlich 1770,19 EUR brutto/1128,36 EUR netto (Steuerklasse 6). Die Pension des Klägers ruhte während der zivilen Beschäftigung nicht. Während der genannten Beschäftigung wurden Beiträge zur Arbeitslosenversicherung, nicht aber zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet. Das Arbeitsverhältnis bei der WBV Nord kündigte er am 12. Februar 2007 aus gesundheitlichen Gründen zum 30. September 2007.
Am 11. September 2007 meldete er sich zum 01. Oktober 2007 arbeitslos und beantragte Alg unter erleichterten Voraussetzungen nach § 428 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Mit Bescheid vom 16. Oktober 2007 lehnte die Beklagte die Bewilligung von Alg ab. Zur Begründung führte sie aus, dass der Anspruch gem. § 142 Abs. 1 Nr. 4 SGB III ruhe, da dem Kläger Altersruhegeld, eine Knappschaftsausgleichsleistung oder eine ähnliche Leistung (Pension) öffentlich-rechtlicher Art zuerkannt worden sei.
Den dagegen am 30.Oktober 2007 ohne Begründung erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 05. November 2007 aus den näher ausgeführten Gründen des Ausgangsbescheides zurück. Zu den “ähnlichen Leistungen„ zählten auch Ruhegehälter von Berufssoldaten, die als Lohnersatz gedacht seien und nach ihrer Gesamtkonzeption so bemessen seien, dass sie im Allgemeinen den Lebensunterhalt sicherstellten. Davon sei bei dem hier gewährten Ruhegehalt in Höhe von 66 vH des Endgehaltes auszugehen. Darauf, ob die Lebensunterhaltsfunktion im Einzelfall gegeben sei oder nicht, komme es nicht an.
Am 04. Dezember 2007 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Schleswig erhoben. Zur Begründung hat er auf die Durchführungsanweisungen der Beklagten verwiesen. Danach sei das Ruhegehalt von Strahlflugzeugführern wegen Erreichung des 41. Lebensjahres (§ 44 Abs. 2 S. 1 iVm § 45 Abs. 2 Nr. 6 Soldatengesetz (SG); im Folgenden: BO 41) keine “ähnliche Leistung„, da es nicht zur vol...