Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerspruchsbescheid. Gegenstand des Gerichtsverfahrens. Höhe des Vergütungsanspruchs. Kassenärztliche Vereinigung. keine Verpflichtung zur Punktwertanhebung bei Punktwertminderungen aufgrund Leistungsmengenerhöhung. Angemessenheit der Vergütung. Beobachtungspflicht der Einkommensituation der Vertragsärzte
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Widerspruchsbescheid wird, auch wenn er den Ausgangsbescheid nicht abändert, in erweiternder Auslegung vom § 96 SGG Gegenstand des Gerichtsverfahrens.
2. § 85 Abs 3 SGB 5, wonach die Gesamtvergütungen u. a. unter Berücksichtigung der Praxiskosten zu vereinbaren sind, stellt nicht auf die konkreten Kosten der Praxen, sondern auf die allgemein erforderlichen ab. Eine unwirtschaftliche Praxisführung ist nicht durch Stützungsmaßnahmen auszugleichen.
Orientierungssatz
1. Aus der Angemessenheit der Vergütung läßt sich hier ein Anspruch des Arztes auf eine höhere Vergütung grundsätzlich nicht gründen (vgl ua BSG vom 7.2.1996 - 6 RKa 6/95 = SozR 3-5533 Nr 763 Nr 1).
2. Die Kassenärztlichen Vereinigungen genügen dem gesetzlichen Gebot des § 85 Abs 3 SGB 5, bei der Verteilung der Gesamtvergütung dadurch, daß sie Art und Umfang der Leistungen des Vertragsarztes zugrunde legen, und die zur Verfügung stehende Gesamtvergütung nach Einzelleistungen aufgrund der Punktzahlen des einheitlichen Bewertungsmaßstabes verteilen. Unerheblich ist dabei, daß dabei Honorarrückgänge auftreten, wenn diese auf einem Absinken des Punktwertes, das wiederum durch eine allgemeine Leistungsmengenerhöhung mit bedingt war, beruhen (Anschluß BSG vom 12.10.1994 - 6 RKa 5/94 = BSGE 75, 187).
3. Die Kassenärztlichen Vereinigungen trifft eine Beobachtungspflicht der Einkommenssituation der Vertragsärzte. Es kann aber durchaus sachlich gerechtfertigt sein, die Entwicklung über einen längeren Zeitraum zu beobachten.
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Höhe der Vergütung von Leistungen der Kläger im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung.
Die Kläger sind als Radiologen in K niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Nachdem der allgemeine Punktwert u.a. infolge der Änderung des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) 1996 auf unter 7 Pfennig fiel, wandte sich der Landesverband Schleswig-Holsteinischer Radiologen und Nuklearmediziner mit Schreiben des Prozeßbevollmächtigten der Kläger vom 28. Mai 1996 an die Beklagte und wies darauf hin, durch den Punktwertverfall im ersten Quartal 1996 und voraussichtlich auch im zweiten Quartal 1996 könnten radiologische Leistungen nicht mehr kostendeckend erbracht werden. Hier sei mit Umsatzrückgängen in Höhe von ca. 16 % zu rechnen. Um dem entgegenzuwirken, müsse die Beklagte unverzüglich verschiedene Maßnahmen treffen, um die angemessene Vergütung radiologischer Leistungen sicherzustellen. Auf der Abgeordnetenversammlung der Beklagten vom 18. September 1996 stellte der Landesvorsitzende der Schleswig-Holsteinischen Radiologen und Nuklearmediziner als Mitglied der Abgeordnetenversammlung den Antrag, radiologische, nuklearmedizinische und strahlentherapeutische Leistungen mit einem festen Punktwert zu vergüten. Dieser Antrag wurde abgelehnt. Die Kläger wandten sich daraufhin zusammen mit weiteren radiologisch tätigen Ärzten mit Schreiben vom 28. Oktober 1996 an die Beklagte und trugen vor, um ein ausgeglichenes Ergebnis erzielen zu können, müsse der Punktwert auf 0,0983 DM/Pkt. erhöht werden. Die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung sei bei einem Punktwert von ca. 0,067 DM/Pkt. nicht möglich. Gleichzeitig überreichten sie das Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft vom Oktober 1996. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt des Gutachtens verwiesen. Die Beklagte teilte daraufhin unter dem 1. November 1996 mit, diese Studie solle auf die Möglichkeit einer Umsetzung im Rahmen des Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) überprüft werden. Im Januar 1997 ergänzte der Geschäftsführer der Beklagten, die ihm übermittelte Studie sei wenig hilfreich, da sie zwar zwischen Verlierern und Gewinnern unterscheide, sicherlich auch unterschiedliche Kostenanteile in den Praxen ermittelt habe, diese aber nicht ausweise. Ergänzend führte er aus, immerhin arbeite derweilen die Stützungsmaßnahme der Beklagten auch zugunsten eines großen Teils der Radiologen.
Am 9. September 1996 hatten die Kläger gegen den Honorarbescheid für das Quartal I/96 Widerspruch eingelegt.
Am 21. Januar 1997 haben die Kläger zusammen mit 15 anderen radiologischen Gemeinschaftspraxen Klage beim Sozialgericht K erhoben und zur Begründung darauf hingewiesen, ihrer Auffassung nach werde eine angemessene Vergütung mit dem derzeitigen Punktwert für radiologische Leistungen nicht gewährt. Dies folge insbesondere aus dem vo...