Entscheidungsstichwort (Thema)
Angelegenheiten nach dem SGB II
Leitsatz (amtlich)
1. Die Mietwerterhebung 2011 des Kreises Pinneberg genügt in Gestalt der Indexfortschreibung 2013 für den Zeitraum 1. Januar 2013 bis 31. Dezember 2014 grundsätzlich den Anforderungen an ein schlüssiges Konzept zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II.
2. Der Vergleichsraum zur Ermittlung der für den leistungsberechtigten Personenkreis maßgeblichen Referenzmiete kann im kreisangehörigen Bereich auf das gesamte Kreisgebiet erstreckt werden.
3. Wird das Kreisgebiet im Wege einer so genannten "Clusteranalyse" in unterschiedliche Wohnungsmarkttypen untergliedert, die das Ergebnis einer empirischen Differenzierung der Preisstruktur innerhalb des Kreisgebiets darstellen, führt dies nicht zum Entstehen mehrerer Vergleichsräume.
4. Das Verfahren der "Clusteranalyse" ist grundsätzlich vom höchstrichterlichen Grundsatz der Methodenfreiheit gedeckt.
5. Nach dem Grundsatz der Methodenfreiheit ist es nicht zu beanstanden, wenn die angemessene Nettokaltmiete auf der Basis von (geänderten) Bestandsmieten ermittelt wird, die im Wege eines iterativen Verfahrens mit Angebots- und Neuvertragsmieten abgeglichen werden.
6. Nicht den Anforderungen an ein schlüssiges Konzept entspricht es, wenn der kommunale Träger die aus der Datenauswertung gezogenen Schlüsse nur unvollständig dokumentiert und eigene konzeptionelle Prämissen nicht einhält. In diesem Fall obliegt es dem Gericht, unzulängliche Feststellungen mit Unterstützung des Trägers nachzubessern, um konzeptionelle Schwächen zu bereinigen. Korrekturen haben sich dabei möglichst nahe am bestehenden Konzept zu halten, soweit sich dies als dem Grunde nach schlüssig erweist.
7. Der Verbraucherpreisindexes für Deutschland kann als Fortschreibungsmechanismus zumindest dann herangezogen werden, wenn die Anpassung nach dem Wohnkostenindex zu einer niedrigeren Angemessenheitsgrenze führen würde.
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 10. Juli 2015 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Der Beklagte hat der Klägerin zwei Drittel der Kosten des Vorverfahrens zu erstatten. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Arbeitslosengeldes II für den Monat Januar 2013 und dabei insbesondere über die Höhe der zu berücksichtigenden Bedarfe für Unterkunft.
Die am … 1966 geborene Klägerin stand nach vorangegangenem Sozialhilfebezug von Januar 2005 bis Mai 2006 und nach einem zwischenzeitlichen Umzug nach C... - wo sie ebenfalls Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom dortigen Träger erhielt - seit dem 1. Juli 2010 erneut beim Beklagten im laufenden Bezug von Arbeitslosengeld II. Sie bewohnte seit dem 1. Juli 2010 gemeinsam mit ihrem am … 2002 geborenen Sohn L... eine im D... Weg ... in P... gelegene 59,88 qm große 2-Zimmer-Wohnung. Vor ihrem Einzug in die Wohnung hatte ihr der Beklagte mit Schreiben vom 7. April 2010 bescheinigt, dass die Miete für die Wohnung nur in Höhe von bis zu 446,00 EUR zuzüglich angemessener Heizkosten angemessen sei und die Klägerin den Differenzbetrag zur tatsächlichen Bruttokaltmiete selbst aufzubringen habe. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 100 der Leistungsakte Bezug genommen.
Die monatliche Miete für die Wohnung belief sich ab dem 1. Dezember 2011 und auch noch im hier streitigen Zeitraum auf 399,00 EUR nettokalt und 108,00 EUR Betriebskosten, insgesamt 507,00 EUR bruttokalt. Zudem war eine Heizkostenvorauszahlung von 77,00 EUR zu leisten.
Am 2. Dezember 2011 forderte der Beklagte die Klägerin auf, die Kosten der Unterkunft auf den für zwei Personen gemäß der Mietobergrenze des Kreises Pinneberg angemessenen Höchstbetrag von 413,00 EUR abzusenken. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 268 der Leistungsakte Bezug genommen. Die Klägerin erklärte daraufhin am 9. Dezember 2011, den die Obergrenze der Unterkunftskosten übersteigenden Betrag selbst zahlen zu wollen.
Am 6. August 2012 zog der Sohn der Klägerin aus der Wohnung zu seinem Vater in das Vereinigte Königreich. Wegen einer offenen Rückkehrperspektive erkannte der Beklagte jedoch in der Folgezeit einen Unterkunftsbedarf der Klägerin für einen 2-Personenhaushalt an.
Der Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 24. November 2012 Arbeitslosengeld II für den Zeitraum 1. Januar bis 30. Juni 2013 in Höhe von insgesamt monatlich 795,00 EUR unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft in Höhe von 413,00 EUR. Die tatsächlichen Heizkosten in Höhe von 77,00 EUR berücksichtigte er nicht.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 19. Dezember 2012 Widerspruch mit der Begründung ein, dass ihre tatsächlichen Unterkunftskosten nicht unangemessen hoch und deshalb vom Beklagten in vollem Umfang zu berücksichtigen seien.
Zum 1. Februar 2013 bezog die Klägerin im selben Haus eine 43,19 qm große Einzimmerwohnung, für die sie eine Miete von 288,00 EUR netto...