Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung für Sturz auf Badetreppe zum Watt
Leitsatz (amtlich)
Auf die typischen Gefahren des Meeresstrandes müssen sich Badegäste einstellen. An die Rutschfestigkeit außendeichs am Meer gelegener Badetreppen sind deshalb nicht die gleichen Anforderungen zu stellen, die für Treppen in Sport- und Arbeitsstätten gelten.
Der Anscheinsbeweis für die Verletzung der inneren Sorgfaltspflicht ist erschüttert, wenn die Planung einer solchen Treppenanlage einer Fachplanerin übertragen ist und auch der gerichtlich beauftragte Sachverständige keine Mängel der Ausführung erkennen konnte.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 1
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
Die Berufung der Klägerin ist offensichtlich unbegründet.
Das Landgericht hat die Haftung der Beklagten wegen der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten nach § 823 Abs. 1 BGB verneint, weil es nicht feststellen konnte, dass die Beklagte für Treppenstufen im Bereich des Zugangs zum Watt unzureichend rutschhemmendes und deshalb ungeeignetes Material ausgewählt hat. Das Landgericht konnte damit schon keinen objektiven Pflichtenverstoß feststellen. Der Senat ist an diese Feststellung des Landgerichts gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden, denn es fehlen konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit dieser Feststellungen. Auch die Berufung zeigt keine solchen Anhaltspunkte auf.
1. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, muss die Verkehrssicherungspflichtige nicht allen denkbaren Gefahren vorbeugen, sondern es kann Schutz nur vor solchen Gefahren verlangt werden, die über das übliche Risiko bei der Anlagenbenutzung hinausgehen und vom Benutzer nicht vorhersehbar und nicht ohne weiteres erkennbar sind. Dass an Badestellen am Wattenmeer Treppen mit Betonstufen errichtet werden, ist üblich. Dies ist den Mitgliedern des Senats bekannt. Wegen ihrer Lage in der Gezeitenzone können diese Stufen üblicherweise durch Ablagerungen von Schwebstoffen schon innerhalb einer einzigen Tide rutschig werden. Aus diesem Grund sind diese Treppen im Regelfall während der Badesaison -wie auch hier- mit Handläufen versehen. Für die Nutzer der Badestellen ist offenkundig, dass mit typischen Gefahren des Meeresstrandes, also Sturzgefahr durch Schlick, Schafskot, Treibgut, Meerestiere, Wellen und Strömungen zu rechnen ist. Diesen Gefahren können die Nutzer eigenverantwortlich begegnen, indem sie die Treppen vorsichtig benutzen und sich am Handlauf festhalten. Über die Errichtung eines Handlaufs und die Verwendung geeigneten Betonmaterials hinaus sind deshalb keine zusätzlichen Sicherungen gegen das Ausrutschen angezeigt.
Dass das Betonmaterial der Stufen für deren Einsatzgebiet geeignet war, hat das Landgericht festgestellt, ohne dass an dieser Feststellung Zweifel bestehen. Das Landgericht hat ein Sachverständigengutachten zu der Eignung der Materialien für die Treppenanlage eingeholt. Es ist auf der Grundlage dieses Sachverständigengutachtens zum Ergebnis gekommen, dass für derartige Treppen keine öffentlich-rechtlichen Normen oder Regelwerke bestehen, die bestimmte rutschhemmende Werte vorschreiben. Die einschlägigen Unfallverhütungsregeln fänden lediglich Anwendung auf Arbeitsräume, Arbeitsbereiche und betriebliche Verkehrswege, ebenso wenig handele es sich um Nass- und Barfußbereiche in Bädern, Krankenhäusern oder Umkleide-, Wasch- und Duschräumen von Sport- und Arbeitsstätten. Aufgrund der vom Sachverständigen herangezogenen Messergebnisse der Prüfungen der Betonteile sei der Sachverständige zum Ergebnis gekommen, dass die Rutschfestigkeit des Bodenbelags auch zum Begehen unter Wasser ausreiche.
Der Einwand der Klägerin, dass die berufsgenossenschaftlichen Richtlinien sowie die Regelungen der Gemeindeunfallversicherung für Bodenbeläge doch anwendbar seien, trifft nach dem in diesem Punkt überzeugenden Sachverständigengutachten nicht zu. Der Sachverständige hat die betreffende Nachfrage der Klägerin in seinem Ergänzungsgutachten beantwortet. Auch für den Senat liegt es auf der Hand, dass Regelungen, die Bodenbeläge in Barfußbereichen in Bädern, Krankenhäusern oder Umkleide-, Wasch- und Duschräumen von Sport und Arbeitsstätten betreffen, nicht für außendeichs gelegene Treppenanlagen im Watt gelten, die dem dauerhaften Einfluss der Gezeiten, starkem Wellenschlag, Eisgang, Frost und Schlickablagerungen ausgesetzt sind.
2. Selbst wenn für die Betonstufen ungeeignet...