Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückführung einer Siebenjährigen nach Australien

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein sieben Jahre altes Kind besitzt noch nicht die erforderliche Reife für eine verantwortungsbewusste Entscheidung gegen eine beantragte Rückführung von Deutschland nach Australien i.S.d. § 13 S. 2 HKÜ.

2. Die mit einer Rückgabe stets verbundenen Schwierigkeiten wie Wechsel der Bezugsperson, weite Entfernung des Heimatstaates, Wechsel von Kindergarten, Schule usw. vermögen die Anwendung von Art. 13 Abs. 1 HKÜ als Ausnahmetatbestand grundsätzlich nicht zu rechtfertigen.

 

Normenkette

HKÜ Art. 13 S. 2

 

Verfahrensgang

AG Schleswig (Beschluss vom 26.01.2005; Aktenzeichen 91 F 228/04)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des AG - FamG - Schleswig v. 26.1.2005 - Az.: 91 F 228/04 - wird als unbegründet zurückgewiesen.

II. Die Gegenvorstellungen des Antragsgegners gegen den Senatsbeschluss v. 1.2.2005 werden zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.

IV. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Auf Antrag der Antragstellerin hat das FamG durch den angefochtenen Beschluss u.a. die Herausgabe des Kindes A.K., geboren am 26.4.1997 an den Antragsteller zum Zwecke der sofortigen Rückführung des Kindes nach Australien und durch weiteren Beschluss v. 1.2.2005 die sofortige Vollziehbarkeit dieser Entscheidung angeordnet.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.

Gegen die dem Antragsgegner am 27.1.2005 zugestellte Entscheidung hat dieser mit Schriftsatz v. 1.2.2005 sofortige Beschwerde eingelegt. Hinsichtlich der Begründung im Einzelnen wird auf den Schriftsatz v. 1.2.2005 (Bl. 61-63 d.A.) Bezug genommen.

Der Antragsgegner begründet seine Beschwerde im wesentlichen damit, dass ein Fall des Art. 13 Abs. 1 S. 1b und S. 2 HKÜ vorliege, dass nämlich die Rückführung des Kinder für dessen Psyche gefährlich sei und dass dem Willen des Kindes nicht ausreichend Rechnung getragen worden sei.

Der Antragsgegner beantragt die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Zurückweisung des Rückführungsantrages der Antragstellerin.

II. Die statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig.

Gemäß § 8 Abs. 2 des Sorgerechtsübereinkommens-Ausführungsgesetzes (SorgeRÜbkAG) v. 5.4.1990, das das Haager Übereinkommen v. 25.10.1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (HKÜ) ergänzt, findet gegen eine im ersten Rechtszug ergangene Entscheidung das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde nach § 22 FGG statt. Diese wurde innerhalb der 2-Wochen-Frist gem. § 22 Abs. 1 S. 1 FGG eingelegt.

Das AG - FamG - Schleswig und das OLG Schleswig als Beschwerdegericht sind für die Entscheidung über das Herausgabeverlangen international, örtlich und sachlich zuständig, §§ 5, 6 SorgeRÜbkAG.

Die sofortige Beschwerde ist aber unbegründet.

Das AG hat zu Recht die Rückführung des Kindes angeordnet.

Die Rechtsgrundlagen für das Rückgabeverlangen folgen aus dem gem. § 12 SorgeRÜbkAG vorrangigen HKÜ, wobei das Übereinkommen für die Bundesrepublik Deutschland im Verhältnis zu Australien am 1.12.1990 in Kraft getreten ist.

Wie das AG bereits zutreffend festgestellt hat, sind die Voraussetzungen für eine Anordnung des Kindesherausgabe gem. Art. 12 HKÜ erfüllt, indem der Antragsgegner das Kind nach einem am 20.11.2003 angetretenen Urlaubsaufenthalt in Deutschland nicht wieder nach Australien zurückgebracht und damit widerrechtlich i.S.d. Art. 3 HKÜ in Deutschland zurückgehalten hat. Dabei ist unerheblich, ob zwischen den Parteien bereits bei Beginn der Reise der genaue Rückgabetermin für den 5.2.2004 vereinbart worden war, da die Mutter ihre Zustimmung nur zu einem besuchsweisen Aufenthalt des Kindes in Deutschland erteilt hatte und jedenfalls am 14.1.2004 unmissverständlich auf der Rückkehr des Kindes bis zum 5.2.2004 nach Australien bestanden hat. Zu diesem Zeitpunkt übte die Antragstellerin mit dem Antragsgegner auch tatsächlich die gemeinsame elterliche Sorge aus, da jedenfalls ein regelmäßiger Umgang des Kindes mit der Mutter im Rahmen des gemeinsamen Sorgerechts stattfand. Dabei ist unerheblich, ob sich A. tatsächlich häufiger beim Vater aufgehalten hat als bei der Mutter.

Seit dem Zurückhalten des Kindes ab dem 5.2.2004 bis zur Antragstellung auf Rückführung Ende Juni 2004 beim Generalbundesanwalt beim BGH ist kein Jahr vergangen, Art. 12 S. 1 HKÜ.

Der Rückführung des Kindes steht auch nicht Art. 13 Abs. 1 S. 1b HKÜ entgegen. Hiernach ist das Gericht nicht verpflichtet, die Rückgabe des Kindes anzuordnen, wenn die Person, die sich der Rückgabe widersetzt, nachweist, dass die Rückgabe mit der schwerwiegenden Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens für das Kind verbunden ist oder das Kind auf andere Weise in eine unzumutbare Lage bringt. Dies ist nur bei besonders schwerwiegenden Beeinträchtigungen des Kindeswohls, die über die mit einer Rücküberstellung gewöhnlich verbundenen Schwi...

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