Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung von Betriebsrenten im Rahmen des Versorgungsausgleichs
Leitsatz (amtlich)
Betriebsrenten, bei denen der Arbeitgeber eine Anpassung nach § 16 BetrAVG vorzunehmen hat, sind für den Versorgungsausgleich als volldynamisch anzusehen, so dass bei ihrer Entwicklung auf die tatsächlichen Steigerungen der Rente abzustellen ist.
Normenkette
BGB §§ 1587a, 1587b; VAHRG § 3 Abs. 1; BetrAVG § 16
Verfahrensgang
AG Elmshorn (Urteil vom 19.10.2001; Aktenzeichen 44 F 87/99) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Entscheidung des AG - FamG - Elmshorn zum Versorgungsausgleich in dem Urteil vom 19.10.2001 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass von dem Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Bund in Berlin (früher Bundesversicherungsanstalt für Angestellte; Versicherungsnummer ...) weitere - neben den durch Teil-Beschluss des Senats vom 5.5.2003 bereits ausgeglichenen Rentenanwartschaften - Rentenanwartschaften i.H.v. 45,10 EUR (88,20 DM) monatlich, bezogen auf den 31.7.1999 als Ende der Ehezeit, auf das Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Nord in Lübeck (früher Landesversicherungsanstalt Schleswig-Holstein; Versicherungsnummer ...) übertragen werden. Der Monatsbetrag der zu übertragenden Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.
Im Übrigen wird den Parteien der schuldrechtliche Versorgungsausgleich vorbehalten.
Wegen der Kosten des Verfahrens in der ersten Instanz verbleibt es bei der Kostenentscheidung in dem angefochtenen Urteil.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsstellerin (§ 97 Abs. 1 und 3 ZPO).
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 541,20 EUR festgesetzt (§ 17a Nr. 1 GKG a.F.; 88,20 DM × 12 = 1.058,40 DM = 541,15 EUR).
Gründe
Wegen des Sachverhalts und der Anträge wird auf den Abschnitt I in dem Teil-Beschluss des Senats vom 5.5.2003 verwiesen.
Berichtigt wird der 2. Satz in dem 1. Absatz auf S. 4 des Teil-Beschlusses wegen offensichtlicher Unrichtigkeit, der richtig lautet:
Sodann hat das FamG den Ehezeitanteil der Betriebsrente nach der Barwertverordnung und der Rechengrößenverordnung dynamisiert und eine dynamische Rente von monatlich 1.763,72 DM (davon die Hälfte = 881,86 DM) ermittelt.
Die nach § 621e ZPO statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat im Ergebnis keinen Erfolg. Zutreffend hat das FamG angeordnet, dass von dem Versicherungskonto des Ehemannes bei der Deutschen Rentenversicherung Bund Rentenanwartschaften i.H.v. 857,04 DM (= 438,20 EUR) und weitere 88,20 DM (= 45,10 EUR) monatlich, bezogen auf den 31.7.1999 als Ende der Ehezeit, auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der Deutschen Rentenversicherung Nord in Lübeck zu übertragen sind und im Übrigen der schuldrechtliche Versorgungsausgleich vorbehalten bleibt.
Zwar geht der Senat in Abweichung von der Begründung des FamG in diesem Fall davon aus, dass die Betriebsrente der Firma IBM, die der Antragsgegner seit dem 1.1.1994 bezieht, in der Leistungsphase, um die es hier nur geht, volldynamisch ist. Insoweit nimmt der Senat von seiner Auffassung in dem Teil-Beschluss vom 5.5.2003, wonach der Versorgungsausgleich hinsichtlich der IBM-Betriebsrente nicht ohne Dynamisierung vorgenommen werden könne, Abstand. Zur Begründung wird auf das hiesige Schreiben vom 5.1.2006 Bezug genommen. Danach kann ohne Prüfung der Dynamik in jedem Einzelfall nicht mehr an der früher herrschenden Auffassung festgehalten werden, dass im Hinblick auf die Voraussetzungen für eine Anpassung nach § 16 BetrAVG, insb. darauf, dass die Entscheidung über die Anpassung auch unter Einbeziehung der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers zur erfolgen habe, eine hiernach anzupassende Rente nicht als volldynamisch angesehen werden kann. Der Senat folgt vielmehr der im Vordringen begriffenen Ansicht in Rechtsprechung und Literatur (vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 14.9.2004 - 18 UF 62/04, OLGReport Stuttgart 2005, 161 = FamRB 3/2005, 72; OLG Schleswig, Beschl. v. 3.9.2003 - 12 UF 32/99, FamRZ 2003, 1931; Anmerkung Gutdeutsch FamRB 3/2005, 72), nach der bei Betriebsrenten, die nach § 16 Abs. 1 BetrAVG angepasst werden, auf die tatsächlichen Steigerungen der Rente abzustellen ist.
Der Auskunft der IBM vom 12.10.1999 (VA-Heft Bl. 30) ist zu entnehmen, dass in den Jahren 1990 bis 1999 Anpassungen im Leistungsstadium jeweils für den 3-Jahres-Zeitraum bis zu 11,10 % erfolgt sind. Mit Ausnahme des Jahres 1996 betrug die durchschnittliche Anpassung pro Jahr mehr als 1 %. Aus dem Schreiben der IBM an den Antragsgegner vom 15.6.2000 (GA Blatt 146) ergibt sich eine Anpassung für einen 3-Jahres-Zeitraum von 3,4 %, mithin durchschnittlich pro Jahr 1,13 %. Der zuletzt eingeholten Auskunft der IBM vom 16.8.2006 (GA Blatt 215) sind durchschnittliche Anpassungen in den Jahren 2001 bis 2006 von 1,68 % pro Jahr zu entnehmen. Der Senat folgt der Auffassung von Gutdeutsch (Anmerkung zum Beschl. des OLG Stuttgart v. 14.9.2004, FamRB 3/2005,...