Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert bei der Wohnungszuweisung während des Getrenntlebens
Leitsatz (redaktionell)
Der Streitwert für ein Wohnungszuweisungsverfahren während der Trennungszeit von Eheleuten bemißt sich nach dem einjährigen Mietwert.
Normenkette
KostO § 100 Abs. 3 S. 1
Verfahrensgang
AG Meldorf (Beschluss vom 10.10.2005; Aktenzeichen 16 F 79/05) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin wird der am 10.10.2005 verkündete Beschluss des AG Meldorf - FamG - geändert, soweit durch ihn der Geschäftswert in der Hauptsache festgesetzt worden ist.
Der Geschäftswert wird anderweit auf 4.800 EUR festgesetzt.
Das Verfahren der Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet, § 31 Abs. 5 KostO.
Gründe
Die Parteien waren getrenntlebende Eheleute. Sie erstrebten eine Regelung über die Nutzung ihrer Wohnung. Diese hatte einen Mietwert von monatlich 400 EUR.
Das AG hat den Streitwert auf 2.400 EUR festgesetzt. Zur Begründung hat es darauf verwiesen, dass im Gegensatz zum Verfahren der Wohnungszuweisung aus Anlass der Scheidung beim Streit über die Ehewohnung nur für die Trennungszeit der 6-fache Wert der Monatsmiete anzusetzen sei.
Gegen diese Entscheidung wenden sich die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin mit der Beschwerde. Sie beantragen, den Wert auf 4.800 EUR festzusetzen.
Die aus eigenem Recht des Anwalts gem. den §§ 32 Abs. 2 RVG, 31 Abs. 3 KostO in zulässiger Weise angebrachte Beschwerde hat Erfolg.
Der Senat setzt den Geschäftswert des Streits über die Ehewohnung nicht nur bei einem Verfahren nach den §§ 1, 3 ff. HtVO in Höhe des einjährigen Mietwerts gem. § 100 Abs. 3 S. 1 KostO fest, sondern auch bei einem Verfahren nach § 1361b BGB. Insoweit folgt er nicht mehr der Auffassung, wie sie in einer Entscheidung des 1. Familiensenats des OLG Schleswig vom 19.6.1990 zu der bis zum 1.8.2001 gültigen Gesetzeslage veröffentlicht wurde (OLG Schleswig v. 19.6.1990 - 8 UF 37/90, FamRZ 1991, 82). Vielmehr folgt er der jetzt wohl überwiegenden Auffassung der OLG in neueren Entscheidungen, so des OLG Bamberg (OLG Bamberg v. 11.9.2002 - 2 UF 153/02, OLGReport Bamberg 2002, 484 = FamRZ 2003, 467), OLG Nürnberg (OLG Nürnberg v. 18.6.2003 - 10 WF 1658/03, MDR 2003, 1319 = OLGReport Nürnberg 2003, 322), OLG Frankfurt (OLG Frankfurt v. 28.1.2004 - 5 WF 230/03, OLGReport Frankfurt 2004, 148 = FamRZ 2005, 230), OLG Köln (OLG Köln v. 26.2.2004 - 4 UF 19/04, OLGReport Köln 2004, 285 = FamRZ 2005, 639), OLG München (OLG München FamRZ 2005, 1022) und OLG Düsseldorf (OLG Düsseldorf FamRZ 2005, 1583).
Auch die anderen Familiensenate des OLG Schleswig setzen den Geschäftswert bei einem Streit über die Benutzung der Ehewohnung während des Getrenntlebens mit dem einjährigen Mietwert fest.
Der Senat verkennt dabei nicht, dass der Gesetzgeber den Wortlaut der Regelung unverändert ließ, als er mit Wirkung zum 1.8.2001 die Vorschrift des § 21 HtVO durch diejenige des § 100 Abs. 3 KostO ersetzte, so dass wie schon bei der früheren Gesetzeslage in analoger Anwendung des § 100 Abs. 3 S. 2 KostO der Geschäftswert in geringerer Höhe als nach dem einjährigen Mietwert festgesetzt werden könnte, weil der Streit der Parteien über die Wohnung, "im wesentlichen nur die Benutzung", nicht aber die endgültige Zuweisung betrifft.
Die analoge Anwendung dieser Vorschrift und ein Rückgriff auf den Rechtsgedanken, der eine geringere Wertfestsetzung bei bloßer Benutzung ggü. derjenigen der endgültigen Zuweisung rechtfertigt, erscheint indessen nicht mehr geboten. Der Wortlaut des § 100 Abs. 3 S. 1 KostO lässt es durchaus zu, den Streit über die endgültige Zuweisung der Ehewohnung und den über die Zuweisung für die Trennungszeit (= bloße Benutzung) in jeweils gleicher Höhe mit dem einjährigen Mietwert zu gewichten.
Auch die gesetzes-systematische Stellung der Wertbemessungsvorschrift des § 100 Abs. 3 KostO erfordert keine Differenzierung zwischen der Zuweisung der Ehewohnung aus Anlass der Scheidung und der Zuweisung lediglich für die Trennungszeit; denn § 100 KostO regelt insgesamt die Kosten für das Verfahren nach der HtVO. Dazu gehören gem. § 18a HtVO auch die Verfahren über Entscheidungen für die Trennungszeit nach den §§ 1361a und 1361b BGB.
Fundstellen
ZAP 2006, 742 |
RENOpraxis 2007, 26 |
ZFE 2006, 282 |
OLGR-Nord 2006, 341 |