Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung von geringfügigen Anrechten als Rechnungsposten der Gesamtbilanz gem. § 31 Abs. 2 Satz 1 VersAusglG; Einstellen der Anrechte mit dem (korrespondierenden) Kapitalwert des Ausgleichswertes ohne Abzug von Teilungskosten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Im Rahmen der nach § 31 Abs. 2 Satz 1 VersAusglG aufzustellenden Gesamtbilanz sind auch geringfügige Anrechte als Rechnungsposten zu berücksichtigen, wenn diese nicht selbst zum Ausgleich herangezogen werden sollen (vgl. BGH, FamRZ 2017, 960).

2. Im Rahmen der nach § 31 Abs. 2 Satz 1 VersAusglG aufzustellenden Gesamtbilanz sind die als Rechnungsposten einzustellenden Anrechte mit dem (korrespondierenden) Kapitalwert des Ausgleichswerts zu berücksichtigen, der sich ohne den Abzug von Teilungskosten ergibt.

 

Normenkette

FGG-RG Art. 111 Abs. 3; VersAusglG § 31 Abs. 2 S. 1, § 48 Abs. 2 Nr. 2, § 51

 

Tenor

I. Auf die als Beschwerde zu behandelnde Berufung der Antragstellerin vom 22. Februar 2010 wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Neumünster vom 30. Dezember 2009 in Ziffer II. abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des am ... 2014 verstorbenen H. I. bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Versicherungskonto Nr. ...) ein Anrecht in Höhe von 3,9092 Entgeltpunkten zugunsten der Antragstellerin auf das bei der Deutschen Rentenversicherung Bund bestehende Versicherungskonto Nr. ... übertragen.

II. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren und das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens und des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

III. Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.919,56 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. 1.) In dem vorliegenden Beschwerdeverfahren begehrt die Antragstellerin die Abänderung des Scheidungsverbundurteils des Amtsgerichts - Familiengericht - Neumünster vom 30. Dezember 2009 hinsichtlich der Entscheidung zum Versorgungsausgleich, wobei der Ehemann zwischenzeitlich verstorben und von der nunmehrigen Antragsgegnerin beerbt worden ist.

Mit dem am 30. Dezember 2009 verkündeten Verbundurteil hat das Amtsgericht - Familiengericht - Neumünster auf den am 7. Dezember 2004 zugestellten Antrag die am 19. Mai 1989 geschlossene Ehe der Antragstellerin und ihres Ehemannes geschieden und in Ziffer II. der Entscheidung den Versorgungsausgleich durchgeführt. Dabei hat das Amtsgericht unter Anwendung des bis zum 31. August 2009 geltenden Rechts eine gesetzliche Rentenanwartschaft in Höhe von monatlich 93,24 Euro vom Versicherungskonto des Ehemannes bei der Deutschen Rentenversicherung Bund auf dasjenige der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragen und angeordnet, dass der zu übertragende Monatsbetrag in Entgeltpunkte umzurechnen sei. Der Ausspruch zur Scheidung ist seit dem 24. August 2010 rechtskräftig.

Auf die Berufung der Antragstellerin vom 22. Februar 2010 hat der Senat im Schluss-Urteil vom 29. November 2010 die Folgesache Versorgungsausgleich wegen Rechtsmängeln der Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder in Bezug auf die Berechnung von Startgutschriften rentenferner Jahrgänge abgetrennt und ausgesetzt. Im Mai 2012 hat der Senat das Verfahren über die Folgesache Versorgungsausgleich wieder aufgenommen.

Am ... 2014 verstarb der Ehemann. Er wurde von seiner zweiten Ehefrau, der nunmehrigen Antragsgegnerin beerbt.

Mit Beschluss vom 21. April 2015 hat der Senat die inzwischen als Beschwerde zu behandelnde Berufung der Antragstellerin zurückgewiesen und zugleich die Rechtsbeschwerde zugelassen. Zur Begründung der Zurückweisung der Beschwerde hat der Senat ausgeführt, dass die nach § 31 VersAusglG zu Gunsten der Antragstellerin anzuordnende Übertragung von 3,5004 Entgeltpunkten zu Lasten des Anrechts des verstorbenen Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Bund geringer wäre als die vom Amtsgericht vorgenommene Übertragung von Rentenanwartschaften, welche zum Ende der Ehezeit 3,5683 Entgeltpunkten entspricht. Dabei hat der Senat im Rahmen der nach § 31 VersAusglG vorzunehmenden Saldierung der beiderseitigen Anrechte auf Grundlage ihrer korrespondierenden Kapitalwerte die Anrechte der Antragstellerin und des Ehemannes bei der ... Lebensversicherung AG sowie das Anrecht des Ehemannes bei der VBL. Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder wegen Geringfügigkeit unberücksichtigt gelassen.

Auf die gegen diesen Beschluss gerichtete Rechtsbeschwerde der Antragstellerin hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit Beschluss vom 22. März 2017 den Beschluss des Senates vom 21. April 2015 aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, zurückverwiesen. Zur Begründung hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs ausgeführt, dass in den Fällen, in denen die geringfügigen Anrechte lediglich Rechnungsposten in der Gesamtbilanz darstellen, ohne dass sie selbst zum Ausgleich he...

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