Leitsatz (amtlich)
Führt eine Veränderung des Bodenbelags durch einen Wohnungseigentümer zu Trittschallbelästigungen in der darunter liegenden Wohnung und gehen diese über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidbare Maß hinaus, so ist der Eigentümer der darunter liegenden Wohnung als Störer verpflichtet, die Einwirkungen zu beseitigen. Der beeinträchtigte Wohnungseigentümer kann vom Störer im Rahmen der Mindestanforderungen der geltenden Schallschutznorm grundsätzlich Dämmaßnahmen verlangen, die ein dem Zustand vor der Veränderung entsprechendes Schallschutzniveau gewährleisten.
Normenkette
BGB § 1004; WEG § 13 Abs. 1, § 14 Nr. 1, § 15 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Lübeck (Beschluss vom 12.01.2007; Aktenzeichen 3 T 198/05) |
AG Lübeck (Aktenzeichen 2 II 2/06) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten zu 2. haben die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde zu tragen. Sie haben insoweit auch die den Beteiligen zu 1. erwachsenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
De Geschäftswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde beträgt 3.000 EUR.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1. machen gegen die Beteiligten zu 2. einen Anspruch auf Beseitigung von Trittschallmängeln geltend.
Die eingangs genannte Wohnungseigentumsanlage wurde 1972 errichtet. Zu dieser Zeit galt für den Schallschutz die DIN 4109 Ausgabe 1962. Entsprechend der Baubeschreibung wurden Wohnzimmer, Schlafzimmer und Flur mit Teppichboden (Velour - Farbe nach Wahl) ausgestattet. Die Beteiligen zu 1. erwarben ihr Wohnungseigentum 1993, die Beteiligten zu 2. wurden 2002 Eigentümer der darüber liegenden Wohnung. 2003 ersetzten die Beteiligten zu 2. in ihrer Wohnung u.a. den Teppichboden in Wohn- und Schlafzimmer durch ein Fußbodenlaminat und im Flur durch Fliesen. Zu dieser Zeit galt für den Schallschutz die DIN 4109 Ausgabe 1989. Im September 2003 bekamen sie ein Kind. Die Beteiligten zu 1. rügten, dass sich durch die Veränderung des Bodenbelags der Trittschall - vornehmlich Trittgeräusche und Geräusche durch das auf dem Fußboden spielende Kind - verstärkt habe. Im von ihnen eingeleiteten Beweissicherungsverfahrens 2 II 66/05 AG Lübeck erstattete der Sachverständige S das schriftliche Gutachten vom 15.2.2006.
Die Beteiligten zu 1. haben beantragt, den Beteiligten zu 2. aufzugeben, die in ihrer Wohnung vorhandenen Trittschallmängel zu beseitigen, so dass die DIN 4109 Ausgabe 1989 wieder eingehalten werde. Das AG hat die Beteiligen zu 2. "verurteilt", in ihren Räumen - ausgenommen Küche und Bad - durch den Einbau eines Oberbodenbelags eine den Werten der DIN 4109 Ausgabe 1989 entsprechende Trittschalldämmung herzustellen. Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligen zu 2. hat das LG nach mündlicher Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständigen in Änderung des amtsgerichtlichen Beschlusses die Beteiligen zu 2. als Gesamtschuldner verpflichtet, in ihrer Wohnung den Laminat-Bodenbelag in Wohn- und Schlafraum sowie die Fliesen im Flur durch einen Velour-Teppichoden oder einen Belag, welcher der Trittschalldämmung eines Velour-Teppichs gleichwertig ist, zu ersetzen. Gegen den Beschluss des LG, auf den zur weiteren Sachdarstellung verwiesen wird (Bl. 120-135 d.A.), richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2., der die Beteiligten zu 1. entgegengetreten sind. Der Senat hat die Beweissicherungsakten beigezogen.
II. Die nach §§ 45 Abs. 1 FGG, 27, 29, 20, 21. 22 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde ist unbegründet. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts (§§ 27 FGG, 546 ZPO).
Das LG hat ausgeführt:
Zwar könne ein Wohnungseigentümer mit dem in seinem Sondereigentum stehenden Bodenbelag nach § 13 Abs. 1 WEG grundsätzlich nach Belieben verfahren. Eine Beschränkung bei der Wahl des Belags ergebe sich jedoch aus § 14 Nr. 1 WEG. Danach dürfe vom Sondereigentum nur in einer Weise Gebrauch gemacht werden, dass dadurch keinem anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwachse. Werde dieses Maß überschritten, könne jeder Wohnungseigentümer den Störer auf Beseitigung oder Unterlassung in Anspruch nehmen (§§ 15 Abs. 3 WEG, 1004 Abs. 1 BGB). Diese Voraussetzung liege hier vor. Der Sachverständige habe überzeugend ausgeführt, dass das Gebäude nicht die Voraussetzungen der DIN 4109 Ausgabe 1989 erfülle. Durch einen Teppichboden würden Körperschallanregungen wie Gehen, Laufen, Stühlerücken, Fallenlassen von Gegenständen - anders als bei harten Belegen wie Fliesen, Parkett oder Laminat - gedämpft. Das in der DIN 4109 Ausgabe 1989 geforderte Trittschallschutzmaß von 10 dB ließe sich durch die Verlegung z.B. eines Teppichbodens erreichen. Diese könne gegenüber einem harten Belag schon einen Geräuschunterschied von 3 dB - eine deutliche Hörbarkeit - ausmachen. Es sei nicht hinzunehmen, dass ein Schall schluckender Bodenbelag gegen einen Belag ausgewechselt werde, der den vorhandenen Scha...