Verfahrensgang

AG Kiel (Aktenzeichen 25 IN 246/06)

 

Tenor

1. Auf den Antrag der Antragstellerin vom 29.2.2008 wird der Bescheid des Antragsgegners vom 6.2.2008 in der Fassung der Zuschriften an den Senat vom 6.3.2008 und 19.5.2008 abgeändert:

Der zuständige Richter des AG - Insolvenzgericht - Kiel wird verpflichtet, der Antragstellerin Einsicht in die Insolvenzakte des Insolvenzverfahrens 25 IN 246/06 zu gewähren.

Die Entscheidung über die Art der Akteneinsicht wird dem zuständigen Richter des Insolvenzgerichts übertragen.

2. Die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers werden der Landeskasse auferlegt.

3. Der Geschäftswert wird auf 277,70 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die B.M.O. stellte am 26.6.2006 beim AG - Insolvenzgericht - Kiel einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der K. Bau GmbH, damals eingetragen im dortigen Handelsregister unter HRB ... Durch Beschluss vom 9.8.2006 traf das AG Kiel Maßnahmen zur Sicherung der künftigen Insolvenzmasse und zur Aufklärung des Sachverhalts und bestellte einen vorläufigen Insolvenzverwalter. Nachdem der Geschäftsführer der K. Bau GmbH ebenfalls am 9.8.2006 die Zahlung des offenen Betrages an die B.M.O. nachgewiesen hatte, wurden durch Beschluss des AG Kiel vom selben Tag die angeordneten Sicherungsmaßnahmen wieder aufgehoben. Mit Schreiben vom 11.8.2006 erklärte daraufhin die B.M.O. ihren Insolvenzantrag als in der Hauptsache erledigt. Durch Beschluss des AG Kiel wurden der K. Bau GmbH als Schuldnerin die Kosten des Insolvenzeröffnungsverfahrens auferlegt.

Die Antragstellerin hat gegen die Schuldnerin eine Forderung i.H.v. 2.777,00 EUR aus einer Endrechnung vom 27.11.2006 glaubhaft gemacht.

Die Antragstellerin beantragte mit Schriftsatz vom 12.12.2007 beim Insolvenzgericht Kiel die Übersendung einer Kopie des - vermuteten - Gutachtens des Insolvenzverwalters sowie Einsicht in die Insolvenzakte. Diesen Antrag wies das Insolvenzgericht Kiel mit Beschluss vom 6.2.2008, zugestellt am 11.2.2008, wegen fehlender Glaubhaftmachung eines rechtlichen Interesses zurück. Mit Schriftsatz vom 29.2.2008, eingegangen beim AG am 3.3.2008, hat die Antragstellerin sodann unter Glaubhaftmachung ihrer Forderung gegen die Schuldnerin, die bereits am 20.2.2007 im Handelsregister gelöscht worden war, Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Das Insolvenzgericht als Antragsgegner hat in seinen Übersendungsverfügungen vom 6.3. und 19.5.2008 weiterhin die Akteneinsicht abgelehnt.

II. Der auch ansonsten zulässige, insb. gem. § 26 EGGVG form- und fristgerecht eingelegte Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG statthaft. Bei dem Beschluss vom 6.2.2008 in der Fassung der Zuschriften an den Senat vom 6.3.2008 und 19.5.2008 handelt es sich um eine Verfügung, die von einer Justizbehörde zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet des Zivilprozesses getroffen wurde, mithin um einen Justizverwaltungsakt im Sinne der genannten Vorschrift, da die Antragstellerin als Gläubigerin Einsicht in die Akten eines erledigten Insolvenzeröffnungsverfahrens verlangt (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 26. Aufl., § 23 EGGVG Rz. 12).

2. Der Antrag ist auch begründet.

a) Zutreffend hat der Antragsgegner zwar zunächst darauf abgestellt, dass es sich bei der Antragstellerin, die am Insolvenzeröffnungsverfahren nicht beteiligt war, um eine dritte Person i.S.v. § 4 InsO i.V.m. § 299 Abs. 2 ZPO handelt und dass dritten Personen ohne Einwilligung der Parteien die Einsicht in Akten nur gestattet werden, wenn ein rechtliches Interesse glaubhaft gemacht wird.

b) Dieses rechtliche Interesse hat die Antragstellerin, wie auch der Antragsgegner in seiner Übersendungsverfügung vom 6.3.2008 ausgeführt hat, durch Vorlage der Endrechnung vom 27.11.2006 an die Schuldnerin und der eidesstattlichen Versicherung ihres Gesellschafters M. St. vom 28.2.2008 glaubhaft gemacht; dass die Forderung nicht tituliert ist, ist unerheblich (vgl. BGH WM 2006, 1435).

c) Der Antragsgegner hat aber das ihm durch § 4 InsO i.V.m. § 299 Abs. 2 ZPO eröffnete Ermessen nicht fehlerfrei ausgeübt. Bei der Ermessensentscheidung sind die Interessen der Beteiligten zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen. Die gebotene Ermessensentscheidung kann hier zur Wahrung der Interessen der Antragstellerin nur dahin gehen, dass ihr die begehrte Akteneinsicht gewährt wird. Der Senat ist deshalb in der Lage, die unterlassene Ermessensausübung selbst vorzunehmen und nicht nur den Antragsgegner zur Neubescheidung (§ 28 Abs. 2 Satz 2 EGGVG) zu verpflichten.

aa) Zutreffend weist der Antragsgegner zwar darauf hin, dass anders als bei einer Abweisung des Insolvenzantrages mangels Masse bei einem vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erledigten Insolvenzantrag nicht feststeht, dass ein Insolvenzgrund gem. § 16 InsO tatsächlich vorgelegen hat. Dieser Umstand führt aber nicht dazu, dass das Interesse der Schuldnerin zwingend überwiegt, sondern ist - wie auch seitens des Antragsgegners geschehen - im Rahmen der Abwägung zu berüc...

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