Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen und Kostentragung bei der Instandsetzung von Wohnungseigentum
Leitsatz (amtlich)
1. Voraussetzung einer sog. modernisierenden Instandsetzung ist stets ein schwerwiegender Mangel des Gemeinschaftseigentums, der dessen Reparatur von einem gewissen Gewicht oder dessen Erneuerung erforderlich machen würde.
2. Liegt eine bauliche Veränderung vor, die eine ordnungsgemäße Instandsetzung überschreitet, und hat ein Wohnungseigentümer der Maßnahme nicht zugestimmt, so ist er nach § 16 Abs. 3 Satz 2 WEG grundsätzlich nicht verpflichtet, sich an den Kosten zu beteiligen. Das gilt auch dann, wenn er unvermeidbar aus der Maßnahme Nutzungen zieht, weil er hiervon wegen der Beschaffenheit der Maßnahme nicht ausgeschlossen werden kann.
Normenkette
WEG § 15 Abs. 2, § 16 Abs. 3, § 21 Abs. 3, § 22 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Flensburg (Beschluss vom 27.06.2006; Aktenzeichen 5 T 365/05) |
AG Flensburg (Aktenzeichen 69 II 29/05) |
Tenor
Die sofortigen weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 3) und des Beteiligen zu 2) werden zurückgewiesen.
Die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerden werden den Beteiligten zu 3) und 2) jeweils zur Hälfte auferlegt.
Von den außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 1) trägt der Beteiligte zu 2) die Hälfte. Im Übrigen trägt jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst.
Der Geschäftswert beträgt 18.803,07 EUR.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 3) verlangen von der Beteiligten zu 1) Zahlung des auf sie entfallenden Anteils einer Sonderumlage für die Durchführung einer Fassadensanierung. Der Beteiligte zu 2) ist ebenfalls Wohnungseigentümer der Anlage.
Die 5 Wohnblöcke der Anlage mit 81 Wohnungen wurden 1973/1974 mit einer vorgehängten hinterlüfteten Fassade errichtet, die 1996 für 400.000 DM neu gestrichen wurde. 1999 wies die Fassade erneut Verschmutzungen auf. In der Folgezeit erörterten die Wohnungseigentümer, ob die Fassade erneut gestrichen oder grundlegend saniert werden sollte. In der Versammlung am 6.5.2004 beschlossen die Wohnungseigentümer mehrheitlich die Erneuerung der Fassade mit einem Wärmedämmsystem (TOP 5 des Protokolls). In der Versammlung am 21.4.2005 beschlossen die Wohnungseigentümer mehrheitlich die Ausführung der Sanierung in Keramik mit dem System Ker-Aion und die damit verbundene nach Miteigentumsanteilen umzulegende Sonderumlage von 1.685.348,56 EUR (TOP 3b des Protokolls). Die Beteiligte zu 1) nahm an den Versammlungen nicht teil. Die Beschlüsse wurden nicht angefochten. Die Beteiligten zu 3) haben am 1.8.2005 mit der Ausführung der beschlossenen Fassadensanierung begonnen.
Die Beteiligten zu 3) haben am 3.8.2005 beantragt, die Beteiligte zu 1) zu verpflichten, zu Händen des Verwalters ihren Anteil an der Sonderumlage i.H.v. 22.078,07 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Dem ist das AG durch Beschluss vom 10.10.2005 in der berichtigten Fassung vom 21.10.2005 nachgekommen. Hiergegen haben die Beteiligte zu 1) und der Beteiligte zu 2., gegen den die Beteiligten zu 3) im Verfahren 69 II 30/05 AG Flensburg gleichfalls eine anteilige Sonderumlage wegen der Fassadensanierung i.H.v. 25.111,69 EUR geltend gemacht haben, sofortige Beschwerde eingelegt. Das LG hat die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 2) als unzulässig verworfen. Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) hat es unter Änderung des angefochtenen Beschlusses diese verpflichtet, zu Händen des Verwalters 3.275 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Gegen den Beschluss des LG, auf den zur weiteren Sachdarstellung Bezug genommen wird (Bl. 341-353 d.A.), richten sich die sofortigen weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 3) und 2). Die Beteiligten zu 3) erstreben die Verpflichtung der Beteiligen zu 1), weitere 18.803,07 EUR zu zahlen, der Beteiligte zu 2) will erreichen, dass "auch auf seine sofortige Beschwerde" die Beteiligte zu 1) verpflichtet wird, zu Händen des Verwalters 3.275 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Die Beteiligte zu 1) ist dem Rechtsmittel der Beteiligten zu 3) entgegengetreten.
II. Die nach §§ 45 Abs. 1 WEG, 27, 29, 20, 22 FGG zulässigen sofortigen weiteren Beschwerden sind unbegründet. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts (§§ 27 FGG, 546 ZPO).
1. Das LG hat mit Recht die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 2) als unzulässig verworfen. Diesem fehlte im vorliegenden Verfahren die Beschwerdebefugnis, weil der Beschluss des AG unmittelbar ausschließlich materielle subjektive Rechte der Beteiligten zu 1) beeinträchtigte (§ 20 Abs. 1 FGG; vgl. BGH FGPrax 2003, 254, 255). Dem steht § 45 Abs. 2 Satz 2 WEG, wonach die Entscheidung für alle Beteiligten bindend ist, entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 2) nicht entgegen. Diese Bindungswirkung hat nicht zur Folge, dass die Gerichte im Verfahren 69 II 30/05 im Verhältnis zum Beteiligten zu 2) gleichinhaltlich wie im vorliegenden Verfahren entscheiden müssen. Er übersieht, dass beide Verfahren unterschiedliche Streitgegenstände haben, nämlich hier die Zahlungspflic...