Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschwerderecht möglicher Erben im Verfahren zur Berichtigung des Todeszeitpunkts
Normenkette
FamFG § 59; PStG § 31 Abs. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
AG Flensburg (Beschluss vom 15.06.2010; Aktenzeichen 69 III 2/10) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsteller vom 19.7.2010 wird der Beschluss des AG Flensburg vom 15.6.2010 geändert.
Das Standesamt des AG Harrislee wird angewiesen, den Eintrag im Sterberegister betreffend Marie Christin L. (S 13/2009) dahin zu ändern, dass diese am 16.2.2009 zwischen 18.30 Uhr und 20.15 Uhr verstorben ist, und den Eintrag betreffend Ricarda L. (S 14/2009) dahin zu ändern, dass diese am 16.2.2009 zwischen 18.30 Uhr und 20.25 Uhr verstorben ist.
Gerichtskosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Gründe
I. Die Antragsteller begehren die Änderung der Todeszeitpunkte in den Sterbeurkunden für ihre Schwiegertochter und ihre Enkelin, die der Sohn der Antragsteller getötet hat.
Der Sohn der Antragsteller, Thomas L., war verheiratet mit der am 21.2.1972 geborenen Ricarda L., geb. H. Diese war die Tochter der Beteiligten zu 3. und 4. Aus der Ehe ist die am 27.2.2001 geborene Marie Christin L. als einziges Kind hervorgegangen. Thomas und Ricarda L. bewohnten mit ihrer Tochter ein Einfamilienhaus in Harrislee.
Am 16.2.2009 tötete Thomas L. seine Frau und seine Tochter. Nachdem er an diesem Tag zuvor u.a. ein Messer und Brandbeschleuniger erworben hatte, traf er gegen 18.30 Uhr bei dem Einfamilienhaus der Familie ein. Er bat Ricarda L. unter einem Vorwand in das Kinderzimmer. Dort stach er mit einem Messer immer wieder auf ihren vorderen linken und rechten Brustkorbbereich ein. Die Tochter Marie Christin kam wegen des Lärms hinzu und warf sich schützend vor ihre Mutter. Thomas L. stach auch auf sie viele Male ein, ebenfalls in die Brustkorbvorderseite. Als seine Frau und seine Tochter leblos vor ihm lagen, übergoss er beide sowie einen Teddy seiner Tochter mit Brandbeschleuniger und setzte den Teddy in Brand, so dass ein heftiger Zimmerbrand entstand. Als Thomas L. feststellte, dass seine Tochter noch lebte, stach er nochmals auf sie ein. Dadurch erlitt sie einen beidseitigen Pneumothorax. Auf seine Frau stach Thomas L. ebenfalls nochmals ein und verließ sodann den Tatort. Marie Christin und Ricarda L. verstarben alsbald im Haus. Nach dem Ergebnis der Obduktion durch das Institut für Rechtsmedizin der Universität Kiel - Dr. S. - wies Ricarda L. mehr als 100 Messerstiche auf und Marie Christin L. mehr als 50 Messerstiche. Todesursachen waren bei Ricarda L. ein beidseitiger Hämatopneumothorax und hochgradiger Blutverlust, bei Marie Christin L. ein beidseitiger Pneumothorax, hochgradiger Blutverlust und eine Kohlenmonoxidvergiftung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des LG Flensburg vom 27.5.2010 in dem Strafverfahren gegen Thomas L. (115 Js 3407/09 StA Flensburg) verwiesen.
Am Tatabend bemerkten Nachbarn den Brand und alarmierten die Rettungskräfte. Der eingetroffene Notarzt unternahm bei Marie Christin L. von 19.40 Uhr bis 20.15 Uhr Reanimationsversuche und vermerkte den Zeitpunkt des Abbruchs dieser Bemühungen als Zeitpunkt der Todesfeststellung in seinen Unterlagen. Sodann wandte er sich der Mutter Ricarda L. zu, für die er als Zeitpunkt der Todesfeststellung 20.25 Uhr vermerkte.
In den Todesbescheinigungen der Sachverständigen Dr. S. (abgeheftet im beigezogenen Vorgang der Beteiligten zu 5., Az. 5-322-72) heißt es, Marie Christin sei um 19.40 Uhr "tot aufgefunden" worden und Ricarda L. um 20.25 Uhr. In den Sterbefallanzeigen der Kriminalpolizei (ebenfalls im Vorgang der Beteiligten zu 5.) ist dagegen für Marie Christin L. die Todeszeit mit 20.15 Uhr angegeben und für Ricarda L. mit 20.25 Uhr.
Die Standesbeamtin des Beteiligten zu 6. stellte wegen der Diskrepanzen am 25.2.2009 Erkundigungen bei der Sachverständigen Dr. S. ein, die auf die Verwendung der endgültigen Ermittlungsergebnisse der Kriminalpolizei verwies. Der Sachbearbeiter der Kriminalpolizei erklärte, seine Anzeigen bezögen sich auf die Sterbezeitpunkte. Die Standesbeamtin hat daraufhin die in den Sterbefallanzeigen der Kriminalpolizei genannten Zeiten in das Sterberegister eingetragen, also die Uhrzeit 20.15 Uhr für Marie Christin und die Uhrzeit 20.25 für Ricarda L..
Die Antragsteller meinen, die Eintragungen im Sterberegister seien falsch. Darauf habe sie der eingesetzte Nachlassverwalter aufmerksam gemacht. Aus dem Ergebnis der Obduktion folge, dass Marie Christin länger gelebt haben müsse als Ricarda L., da in der Lunge des Kindes noch Rauchpartikel gefunden worden seien und auch der festgestellte hohe Kohlenmonoxid-Hämoglobinwert (CO-Hb) für die Aufnahme von Kohlenmonoxid zu Lebzeiten spreche. Ricarda L. habe dagegen bei Beginn des Brandes nicht mehr gelebt.
Am 12.4.2010 haben die Antragsteller bei dem AG Flensburg beantragt, die Sterbeurkunden dahin zu ändern, dass Marie Christin später verstorben sei als Ricarda ...