Leitsatz (amtlich)
Die natürliche Umwandlung von eigentumsfähigem Dünenland in Meeresstrand führt nicht zum Verlust des Privateigentums
Normenkette
GG Art. 14; BGB §§ 90, 903; EGBGB Art. 65, 181
Verfahrensgang
LG Flensburg (Aktenzeichen 5 T 21/01, AG Niebüll) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird teilweise geändert.
Das AG Niebüll – Grundbuchamt – wird angewiesen, die Beteiligte als Eigentümerin des vom Katasteramt Nordfriesland laut Flurstücksnachweis vom 5.10.2001 neu gebildeten Flurstücks 171 der Flur 2 der Gemarkung Hörnum in das Grundbuch von Hörnum Blatt 342 einzutragen.
Das Erst- und Rechtsbeschwerdeverfahren sind gerichtsgebührenfrei.
Gründe
I. Die Beteiligte ist seit dem 12.4.1999 eingetragene Eigentümerin des im Grundbuch von Hörnum Blatt 342 verzeichneten Grundbesitzes. Dabei handelt es sich laut Bestandverzeichnis um „Unland, Hörnumer Dünen”. Das Grundstück bestand ursprünglich nur aus einem Flurstück – dem Flurstück 14 der Flur 2 Gemarkung Hörnum mit einer Größe von 8.939 m2. Dieses Flurstück wurde im Jahre 1998 unter Berücksichtigung eines Abgangs von 23 m2 in die Flurstücke 156 mit 3.746 m2 und 157 mit 5.170 m2 (insgesamt 8.916 m2) aufgeteilt. Im Rahmen einer Überprüfung der Küstenlinie der Insel Sylt in den Jahren 1996 bis 1999 stellte das Katasteramt fest, dass einige frühere Dünengrundstücke infolge von Sturm- und Fluteinwirkungen in der Nordsee untergegangen oder Teile des Meeresstrandes geworden waren. Dabei kam es laut Fortführungsmitteilung vom 27.4.1999 (Bl. 18/1 d.A.) zu dem Ergebnis, dass auch das Flurstück 156 der Flur 2 der Gemarkung Hörnum infolge der tatsächlichen Veränderungen nunmehr insgesamt Meeresstrand sei. Aufgrund dieses Veränderungsnachweises hat das AG das Flurstück 156 am 25.9.2000 aus dem Grundbuch ausgebucht. Dagegen hat die Beteiligte Beschwerde eingelegt. Das LG hat das Katasteramt um eine Überprüfung seiner tatsächlichen Feststellungen gebeten. Bei dieser Überprüfung kam das Katasteramt zu dem Ergebnis, dass das Flurstück 156 nur in einer Größe von 3.257 m2 Meeresstrand geworden sei, während eine Teilfläche von 489 m2 weiterhin außerhalb des Strandes im Dünenbereich liege. Diese 489 m2 schrieb es gemäß Flurstücksnachweis vom 5.10.2001 (Bl. 18/73 d.A.) dem ursprünglichen Flurstück 157 mit einer Größe von 5.170 m2 zu und bildete aus der neuen Fläche von 5.659 m2 das Flurstück 170. Das ursprüngliche Flurstück 156 mit einer Größe von 3.746 m2 wurde laut Flurstücksnachweis vom 5.10.2001 (Bl. 18/74 d.A.) nach Abschreibung der 489 m2 zum Flurstück 171 mit einer Größe von 3.257 m2. Die entsprechenden Veränderungen im Liegenschaftskataster zeigte das Katasteramt dem Grundbuchamt mit Fortführungsmitteilung vom 23.8.2001 (Bl. 18/81 d.A.) an. Gegen die neuen Veränderungen des Liegenschaftskatasters hat die Beteiligte im Beschwerdeverfahren keine Einwendungen mehr erhoben. Sie hat lediglich weiterhin beanstandet, dass das ursprüngliche Flurstück 156 aus dem Grundbuch ausgebucht worden ist. Das LG hat das Grundbuchamt mit Beschluss vom 20.8.2002 angewiesen, die vom Katasteramt mit Veränderungsmitteilung vom 23.8.2001 angezeigte Zuschreibung der 489 m2 zum Flurstück 157 und die Neubildung des Flurstücks 170 im Wege der Berichtigung in das Grundbuch einzutragen. Im Übrigen hat es die Beschwerde der Beteiligten zurückgewiesen und ihr 3/4 der Gerichtskosten des Erstbeschwerdeverfahrens auferlegt. Das LG hat die teilweise Zurückweisung der Beschwerde wie folgt begründet:
Das AG habe die Ausbuchung der Fläche von 3.257 m2 (heutiges Flurstück 171) zu Recht vorgenommen. Dabei handele es sich um Meeresstrand, der grundsätzlich nicht privateigentums- und damit auch nicht buchungsfähig sei. Deshalb sei die bisherige Eintragung dieser Fläche im Bestandverzeichnis unzulässig geworden. Die Frage nach den Rechtsverhältnissen am Meeresstrand gehöre dem Gebiet des Wasserrechts an und unterliege damit dem Vorbehalt des Art. 65 EGBGB (OLG Schleswig v. 14.12.2000 – 11 U 89/99, OLGReport Schleswig 2001, 239 = NJW 2001, 1073). Danach seien die dem Wasserrecht angehörenden landesgesetzlichen Vorschriften, durch die Einführung des BGB unberührt geblieben. Dieser Vorbehalt des EGBGB sei zwar dahin auszulegen, dass die Landesgesetzgeber die bei In-Kraft-Treten des BGB bestehenden wasserrechtlichen Vorschriften auch ändern und ergänzen könnten (vgl. Petersen, Deutsches Küstenrecht, Rz. 995 m.w.N.; (OLG Schleswig v. 14.12.2000 – 11 U 89/99, OLGReport Schleswig 2001, 239 = NJW 2001, 1073). Das Wassergesetz des Landes Schleswig-Holstein enthalte zur Eigentumsfähigkeit des Meeresstrandes jedoch keine Regelung. Es begründe insb. auch kein Eigentum des Staates am Meeresstrand. Deshalb seien die Rechtsverhältnisse am Meeresstrand gem. Art. 65 EGBG nach dem bei Einführung des BGB geltenden Wasserrecht zu beurteilen. Hier sei für die Insel Sylt das „Nordstrander Landrecht” einschlägig, weil die Insel Sylt mit Ausnahme der Nordspitze seinerzeit zu den vier Marschharden des Amtes Tondern gehört habe (Kähler, Schleswig-Ho...