Entscheidungsstichwort (Thema)
Geschiedenenunterhaltsabänderung: Kompensation geringfügiger ehebedingter Nachteile durch die Ehezeit übersteigende hohe Trennungs- und nachehelichen Unterhaltszahlungen; Zurechnung vorehelicher Gründe für eine geringe Altersversorgung; Voraussetzung für eine Alttitelabänderbarkeit vor dem 1.1.2008
Leitsatz (amtlich)
1. Ergibt sich bei Eheleuten ein nur gering zu bemessender ehebedingter Nachteil, kann dieser durch eine die Ehezeit übersteigende und insgesamt hohe Leistung von Trennungs- und nachehelichem Unterhalt kompensiert werden.
2. Aus der Zeit vor der Ehe resultierende Umstände, die zu einer geringen Altersversorgung eines Ehegatten führen, sind dem anderen Ehegatten nicht zuzurechnen. Dies gilt insbesondere, wenn die Ehe erst spät geschieden worden ist.
3. Voraussetzung für die Abänderbarkeit eines vor dem 1.1.2008 rechtskräftig gewordenen Alttitels über Geschiedenenunterhalt im Rahmen des § 1578b BGB ist, dass die Änderung unter Berücksichtigung des Vertrauens zumutbar ist. Das ist insbesondere dann schutzwürdig, wenn sich der Unterhaltsberechtigte auf den Fortbestand eingestellt hat. Dabei sind besonders die Ehedauer sowie die Gestaltung der Haushaltsführung zu berücksichtigen.
Normenkette
BGB § 1571 Nr. 1, § 1578 Abs. 1, § 1578b Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 2 S. 1; ZPOEG § 36 Nr. 1
Verfahrensgang
AG Eutin (Beschluss vom 26.08.2011) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Eutin vom 26.8.2011 wird zurückgewiesen.
2. Der Antragsteller ist, nachdem er seine Beschwerde zurückgenommen hat, der Beschwerde gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Eutin vom 26.8.2011 verlustig.
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zwischen den Beteiligten gegeneinander aufgehoben.
4. Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt insgesamt für beide Beschwerden der Beteiligten 13.202,76 EUR.
Gründe
I. Der Antragsteller begehrte im ersten Rechtszug die Abänderung eines bestehenden Unterhaltstitels, durch den er zur Zahlung von nachehelichen Unterhalt an die Antragsgegnerin i.H.v. monatlich 1.100,23 EUR verpflichtet worden ist.
Der jetzt 76 Jahre alte Antragsteller und die jetzt 71 Jahre alte Antragsgegnerin lebten zunächst seit rund 1987 in nichtehelicher Gemeinschaft zusammen. Sie heirateten am 13.7.1995. Kinder gingen aus der Ehe der Beteiligten nicht hervor. Strittig ist zwischen den Beteiligten, zu welchem genauen Zeitpunkt sie sich getrennt haben. Der Antragsteller geht von einer Trennung am 26.12.2001 aus, die Antragsgegnerin von einer solchen im Jahre 2003. Im Rahmen von gerichtlichen Verfahren zum Trennungsunterhalt ist zugunsten der Antragsgegnerin Trennungsunterhalt jedenfalls tituliert ab Dezember 2003.
Die Zustellung des Scheidungsantrags zur Scheidung der Ehe der Beteiligten ist im März 2004 erfolgt. Die Ehe der Beteiligten ist durch Urteil des AG - Familiengericht - Ahrensburg vom 23.1.2006 geschieden worden. Ein Versorgungsausgleich zwischen den Beteiligten führte dazu, dass zu Lasten der Antragsgegnerin dieses Verfahrens auf das Konto des Antragstellers dieses Verfahrens 9,37 EUR mit Wirkung zum 29.2.2004 übertragen worden sind. Zum geltend gemachten nachehelichen Unterhalt ist der Antragsteller dieses Verfahrens verurteilt worden, an die Antragsgegnerin dieses Verfahrens monatlichen nachehelichen Unterhalt i.H.v. 1.100,23 EUR zu zahlen. Auf den weiteren Inhalt des Scheidungsverbundurteils wird verwiesen.
Das AG - Familiengericht - hat in dem angegriffenen Beschluss den Antragsteller in Abänderung des bisherigen Unterhaltstitels verpflichtet, ab dem 1.9.2013 bis zum 31.8.2015 an die Antragsgegnerin Unterhalt i.H.v. monatlich 532 EUR zu zahlen. Ab dem 1.9.2015 hat es die Unterhaltsverpflichtung aufgehoben. Der weiter gehende Abänderungsantrag des Antragstellers ist zurückgewiesen worden.
Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein erstinstanzliches Ziel, in Abänderung des Scheidungsverbundurteils zum nachehelichen Unterhalt ab 1.1.2010 nicht mehr zur Leistung von nachehelichem Unterhalt verpflichtet zu sein. Er ist der Meinung, es sei keine hinreichende Leistungsfähigkeit auf seiner Seite für die Erbringung nachehelichen Unterhalts an die Antragsgegnerin gegeben. Drastisch seien die Mieteinkünfte zurückgegangen. Eine jeweilige Neuvermietung der einzelnen Immobilienbereiche sei nicht ohne weiteres möglich. In den vergangenen acht Jahren sei die Bevölkerungszahl in H. um rund 10 % zurückgegangen. Der Ort sei, was die Wohnqualität anbelange, nicht sehr attraktiv. Im Übrigen treffe ihn aber auch gar keine Erwerbsobliegenheit mehr wegen seines Alters. Insofern könne nicht verlangt werden, dass er im Sinne eines Immobilienverwalters bzw. Immobilienmaklers selbständig tätig sei. Weiterhin sei die Ehe mit der Antragsgegnerin kurz gewesen. Kinder seien nicht daraus hervorgegangen. Nach den Maßstäben des § 1578b BGB sei eine Unterhaltsverpflichtung rückwirkend jedenfalls nicht mehr ab dem 1.1.2010 gegeben.
Der Antragsteller hat zunächst...