Entscheidungsstichwort (Thema)
Ergänzende Testamentsauslegung: Ersatzerbenberufung des Ehegatten des Erben
Normenkette
BGB §§ 2069, 2084, 2096
Verfahrensgang
AG Husum (Beschluss vom 07.12.2012) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des AG Husum vom 7.12.2012 geändert:
Das AG wird angewiesen, der Beteiligten zu 1) antragsgemäß einen Erbschein zu erteilen, der sie als Alleinerbin nach der Erblasserin ausweist.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Kostenerstattung findet nicht statt.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 55.000 EUR.
Gründe
I. Die am 6.11.2011 verstorbene Erblasserin und ihr 1912 geborener sowie 1999 vorverstorbener Ehemann verfassten am 23.11.1980 ein gemeinschaftliches handschriftliches Testament. Darin heißt es:
"... Wir setzen uns gegenseitig als Erben ein, mit der Maßgabe, dass der Überlebende Alleinerbe des Zuerstverstorbenen wird. Sollten wir beide zusammen sterben, oder der überlebende Teil noch kein neues Testament gemacht haben, so bestimmen wir Folgendes:
G, geboren am 12.4.1934 ... soll unser Alleinerbe sein!..."
Aus der Ehe der Eheleute ist ein bereits in der Geburtswoche verstorbenes Kind hervorgegangen. Die Erblasserin hatte keine weiteren Kinder. Ihre Eltern und Ihre Schwester sind vorverstorben, weitere Geschwister nicht vorhanden.
Herr G ist ein Neffe des Ehemannes der Erblasserin. Auch er ist vorverstorben, und zwar am 20.2.2010. Die Beteiligte zu 1) ist die Ehefrau des Herrn G und dessen Alleinerbin. Die Beteiligten zu 2) und 3) sind die beiden Kinder der Beteiligten zu 1) und des Herrn G.
Zur Ur. Nr.: 215/2012 des Notars ... hat die Beteiligte zu 1) am 27.8.2012 einen Antrag auf Erteilung eines Erbscheins gestellt, der sie als Alleinerbin der Erblasserin ausweisen soll. Ihre Erbeinsetzung ergebe sich aus gebotener Auslegung des Testamentes als Ersatzerbin nach dem dort ausdrücklich genannten Schlusserben, ihrem vorverstorbenen Ehemann. Dies habe den Hintergrund dass die Erblasserin und ihr Ehemann am engsten mit Herrn G und ihr selbst, der Beteiligten zu 1), befreundet gewesen seien. Die Ehepaare hätten ein sehr vertrauensvolles Verhältnis gehabt. Neben der engen Freundschaft der beiden Ehepaare hätte die jeweiligen Ehemänner das engste bestehende Verwandtschaftsverhältnis verbunden. Nach dem Tod des Ehemannes hätte die Erblasserin die Beteiligte zu 1) als ihre Alleinerbin angesehen und sich in diesem Sinne auch mehrfach gegenüber dritten Personen geäußert, insbesondere gegenüber ihrer Betreuerin. Sie sei der Überzeugung gewesen, ein neues Testament in diesem Sinne nicht errichten zu müssen, weil sich diese Folge bereits aus der Schlusserbeneinsetzung des gemeinschaftlichen Testamentes mit ihrem Ehemann ergebe. Der reine Nachlasswert betrage ca. 55.000 EUR.
Die Beteiligte zu 1) hat über den Notar im Erbscheinsverfahren noch die Kopie einer handschriftlichen Generalvollmacht/Vorsorgevollmacht vom 8.4.1999 vorgelegt, die die Erblasserin und ihr damals noch lebender Ehemann Herrn G und Ehefrau E (Beteiligte zu 1) einerseits und Herr B und Ehefrau U andererseits erteilt haben. Diese (die Herren G und B) werden dort (ersichtlich von dem Ehemann der Erblasserin) als "meine Neffen" bezeichnet.
Die Beteiligte zu 1) hat über den Notar weiter eine schriftliche Erklärung der Frau U vom 19.10.2012 vorgelegt, die auch von ihrem Ehemann B unterzeichnet worden ist. Darin führt Frau U aus, sie hätte für die Zeit vom 16.11.1999 bis 6.11.2011 (Todestag) die Betreuung für die Erblasserin übernommen und sei vom AG Husum entsprechend bestellt worden. In dem gemeinsamen Testament der Erblasserin mit ihrem Ehemann sei Herr G als alleiniger Erbe genannt worden. Die Erblasserin habe in vielen Gesprächen, bei denen auch Herr B dabei gewesen sei, immer Günter und Edelgard als Erben genannt. Ihr - Frau U - und ihrem Mann sei nach den Gesprächen klar gewesen, dass nach dem Tod von Herrn G seine Frau E die Erbin sein solle.
Das AG hat den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1) mit Beschluss vom 7.12.2012 zurückgewiesen. Die allenfalls analog heranziehbare Auslegungsregel des § 2069 BGB gebe eine Ersatzerbenstellung der Ehefrau des Herrn G nicht her, zumal Abkömmlinge (des Herrn G) vorhanden seien. Auch über eine ergänzende Auslegung lasse sich eine Ersatzerbenberufung der Beteiligten zu 1) nicht begründen. Zwar halte das Gericht deren Darstellung, dass die Erblasser bei Bedenken des Falles des Vorversterbens des eingesetzten Schlusserben die Beteiligte zu 1) als Ersatzerbin eingesetzt hätten, für plausibel. Weil eigene Abkömmlinge der Erblasserin und ihres Ehemannes und lebende engere Verwandte nicht vorhanden seien, erscheine nachvollziehbar, dass die Erblasserin als Erbin die Ehefrau des eingesetzten Erben, mit der sie selbst freundschaftlich verbunden gewesen wäre, eingesetzt hätte. Dies Argument sei aber nicht so zwingend, dass auf eine Andeutung im Testament verzichtet werden könne, die indes fehle. Das Motiv der Eheleute für die Einsetzung ...