Entscheidungsstichwort (Thema)

Illoyale Einwirkung auf Versorgungsrechte vor Entscheidung über den Versorgungsausgleich

 

Leitsatz (amtlich)

1. Kündigt ein Ehegatte vor der Entscheidung über den Versorgungsausgleich seine private Rentenversicherung und lässt sich das Guthaben auszahlen, unterfällt dieses Versorgungsanrecht nicht mehr dem Versorgungsausgleich.

2. Stellt die Kündigung der Versicherung und die Auszahlung des Guthabens eine illoyale Einwirkung auf das Versorgungsanrecht dar, ist eine Anwendung des § 27 VersAusglG zu prüfen.

3. Erfolgt die Kündigung der Versicherung und die Auszahlung des Guthabens zur Behebung finanzieller Schwierigkeiten, stellt dies in der Regel keine illoyale Einwirkung auf das Versorgungsanrecht dar. Dies gilt auch, wenn die finanziellen Schwierigkeiten durch eine Verletzung der Erwerbsobliegenheit mitverursacht wurden.

 

Normenkette

VersAusglG § 2 Abs. 1, § 27

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.

2. Dem Antragsteller werden die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt.

3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.800 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die beteiligten Ehegatten haben am 25.7.1980 miteinander die Ehe geschlossen. Aus der Ehe gingen keine gemeinsamen Kinder hervor. Im Juli 2001 erfolgte die Trennung der Eheleute. Am 26.8.2003 wurde der Antragsgegnerin der Scheidungsantrag des Antragstellers zugestellt. Die Ehe der Beteiligten wurde durch Beschluss des AG - Familiengericht - L. vom 26.9.2011, rechtskräftig seit dem 10.2.2012, geschieden.

Im Jahre 1988 wechselte die Antragsgegnerin von einer Beamtenstelle in eine freiberufliche Tätigkeit als Rentenberaterin. Die Antragsgegnerin erzielte aus ihrer selbständigen Tätigkeit als Rentenberaterin nur geringe Einkünfte. Für das Jahr 2009 ergab sich ein Verlust von 9.671 EUR.

Der Antragsteller arbeitet in einer Führungsposition in der Sparkasse. Er verfügt über Nettoeinkünfte von mehr als 6.000 EUR monatlich.

Der Antragsteller hat der Antragsgegnerin im Zeitraum September 2001 bis Januar 2003 und von März 2005 bis Mai 2008 Trennungsunterhalt i.H.v. insgesamt ca. 64.000 EUR gezahlt. Seit Juni 2008 hat er zunächst keinen laufenden Trennungsunterhalt gezahlt.

Die Antragsgegnerin hat den Antragsteller dann gerichtlich auf die Zahlung von Trennungsunterhalt in Anspruch genommen. Am 17.12.2009 verglichen sich die Beteiligten vor dem OLG Schleswig (10 UF 126/09) dahingehend, dass der Antragsteller der Antragsgegnerin zur Abgeltung aller Trennungsunterhaltsansprüche einen Betrag i.H.v. 25.000 EUR zahlt.

Die Antragsgegnerin hat den Antragsteller auf Zahlung von nachehelichen Unterhalt in Anspruch genommen. Durch den am 22.6.2012 vor dem OLG Schleswig abgeschlossenen Vergleich hat der Antragsteller sich verpflichtet, an die Antragsgegnerin ab Rechtskraft der Scheidung einen nachehelichen Unterhalt i.H.v. monatlichen 1.650 EUR bis einschl. August 2018 zu zahlen.

Nach Abtrennung des Verfahrens zum Versorgungsausgleich vom Scheidungsverbund hat das AG - Familiengericht - L durch Beschluss vom 14.2.2014 den Versorgungsausgleich der beteiligten Ehegatten wie folgt geregelt:

1. Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Vers.-Nr.) zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht i.H.v. 19,8338 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto ... bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, bezogen auf den 31.7.2003, übertragen.

2. Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der VBL (Vers.-Nr ...) zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht i.H.v. 181,69 Versorgungspunkten, bezogen auf den 31.7.2003, übertragen.

3. Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Vers.-Nr.) zugunsten des Antragstellers ein Anrecht i.H.v. 5,4978 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto ... bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, bezogen auf den 31.7.2003, übertragen.

Das Familiengericht hat in seiner Entscheidung die ursprünglich vorhandene aufgeschobene Leibrentenversicherung der Antragsgegnerin bei der ... AG (VS-Nr.:) nicht berücksichtigt. Die Antragsgegnerin hatte diese Versicherung zum 31.3.2009 gekündigt. Das Guthaben i.H.v. 11.636,36 EUR wurde an die Antragsgegnerin ausgezahlt.

Der Antragsteller hat zunächst selbst gegen die Entscheidung des Familiengerichts Beschwerde eingelegt. Nachdem der Senat den Antragsteller darauf hingewiesen hat, dass seine Beschwerde dem Anwaltszwang unterliegen würde, hat er anwaltlich vertreten unter Berufung auf die fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung des Familiengerichts Beschwerde eingelegt, die Beschwerdebegründung und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist dem Antragsteller durch Beschluss des Senats vom 4.8.2014 bewilligt worden.

Der Antragsteller ist der Auffassung, dass die von der Antragsgegnerin gekündigte Versorgung im Versorgungsausgle...

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