Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe bei Vergleichsschluss im Prozesskostenhilfeantragsverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Wird für den Fall eines Vergleichs im Prozesskostenhilfeantragsverfahren Prozesskostenhilfe für alle angefallenen Anwaltsgebühren begehrt, so muss das Gericht den Antragsteller jedenfalls derzeit vor Vergleichsabschluss darauf hinweisen, wenn es Prozesskostenhilfe allein für den Vergleich selbst gewähren will.
2. Jedenfalls bei Unterlassen eines derartigen Hinweises ist auch nach Vergleichsabschluss Prozesskostenhilfe für das gesamte Verfahren zu gewähren. Ob auch in anderen Fällen bei Vergleichsabschluss Prozesskostenhilfe für das Prozesskostenhilfeantragsverfahren insgesamt gewährt werden kann, bleibt offen.
Verfahrensgang
LG Flensburg (Beschluss vom 05.10.2004; Aktenzeichen 2 O 317/04) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der 2. Zivilkammer des LG Flensburg v. 5.10.2004 dahingehend abgeändert, dass dem Antragsteller Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Rechtsanwalts Günter Nagel, Frankfurt, für das gesamte Prozesskostenhilfeantragsverfahren einschließlich des Abschlusses eines Vergleichs gewährt wird.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtskostenfrei.
Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten des Beschwerdeverfahrens findet nicht statt.
Gründe
Die gem. §§ 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg, sodass der angefochtene Beschluss entsprechend abzuändern war.
I. Der Antragsteller begehrt nach Einleitung eines zunächst auf die Durchführung eines Klageverfahrens gerichteten Prozesskostenhilfeantragsverfahrens Prozesskostenhilfe sowohl für den Abschluss eines Vergleichs selbst als auch hinsichtlich der übrigen im Prozesskostenhilfeantragsverfahren zu seinen Lasten anfallenden Anwaltskosten.
Nach Stellung eines Antrages auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Feststellungs- sowie Zahlungsklage wegen eines durch die Antragsgegnerin finanzierten, aber notleidend gewordenen Immobilienengagements wurde die Antragsschrift v. 22.7.2004 aufgrund richterlicher Verfügung v. 28.7.2004 zunächst der Antragsgegnerin zugestellt, welche - anwaltlich nicht vertreten - mit Schriftsatz v. 6.8.2004 erwiderte. Unter dem 30.8.2004 replizierte der Antragsteller. Am 9.9.2004 ging mit Schriftsatz des Antragstellers vom gleichen Tage beim LG der Vorschlag eines gem. § 278 Abs. 6 ZPO durch Beschluss festzustellenden Prozessvergleichs ein. Zugleich beantragte der Antragsteller nunmehr, "Prozesskostenhilfe für den Kläger zu bewilligen, beschränkt auf den Vergleichsabschluss (allerdings für die anwaltliche Verfahrensgebühr und die Einigungsgebühr)". Nach zwischenzeitlicher Unterrichtung beider Parteien über diesen Vergleichsvorschlag durch das LG teilte der Antragsteller mit Schreiben v. 30.9.2004 sein Einverständnis mit dem - nunmehr gerichtlichen - Vergleichsvorschlag mit, beantragte im Übrigen "jedoch erneut, dem Kläger für das Verfahren und den Vergleich Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Unterzeichneten zu bewilligen".
Gleichwohl hat das LG mit Kammerentscheidung v. 5.10.2004 das Zustandekommen des Vergleichs mit dort wiedergegebenem Inhalt festgestellt, "für dessen Abschluss dem Antragsteller Prozesskostenhilfe bewilligt wird" (Bl. 74 d.A.). Auf die am 13.10.2004 eingegangene sofortige Beschwerde hat das LG in seinem Nichtabhilfebeschluss v. 3.12.2004 (Bl. 84 d.A.) ausgeführt, dass Prozesskostenhilfe nicht mehr gewährt werden könne, weil sich durch Vergleich der Parteien die Hauptsache erledigt habe. Auch sei eine Verzögerung nicht ersichtlich, zumal der Antragstellervertreter den Prozesskostenhilfeantrag auf den Vergleichsabschluss beschränkt habe. Ohnehin gäbe es Prozesskostenhilfe für das Prozesskostenhilfeantragsverfahren selbst nicht.
Demgegenüber betont der Antragsteller mit seiner Beschwerdebegründung das grundsätzliche Kostenfreistellungsprinzip der PKH-Bewilligung und beruft sich insoweit auf die Kommentierung bei Zöller (Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 118 ZPO Rz. 7, 8).
II. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers war der angefochtene Beschluss dahingehend und präzisierend zu ergänzen, dass dem Antragsteller Prozesskostenhilfe hinsichtlich der gesamten, bis zum Vergleichsabschluss angefallenen Verfahrenskosten zu gewähren ist.
Für eine derartige Ergänzung besteht trotz des - für sich genommen noch auslegungsfähigen - Wortlautes "für dessen Abschluss dem Antragsteller Prozesskostenhilfe bewilligt wird" Bedürfnis, weil das LG mit seinem Nichtabhilfebeschluss v. 3.12.2004 selbst klargestellt hat, dass es diesen Beschluss ausdrücklich als nur Prozesskostenhilfegewährung hinsichtlich der unmittelbar durch den Vergleich anfallenden Kosten, also an Anwaltskosten im Wesentlichen der Einigungsgebühr gem. KV-RVG Nr. 1000,1003 oder der Vergleichsgebühr nach § 23 BRAGO, verstanden wissen wollte. Damit würde der Anfall etwa einer Verfahrensgebühr nach KV-RVG Nr. 3335 oder nach §§ 51, 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO von der Prozesskosten...