Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein sofortiges Anerkenntnis nach Ablauf Klagerwiderungsfrist
Leitsatz (amtlich)
1. Der Ablauf der Klagerwiderungsfrist gem. § 276 Abs. 1 S. 2 ZPO ist die zeitliche Grenze, bis zu der ein Anerkenntnis noch als "sofortiges" i.S.d. § 93 ZPO abgegeben werden kann.
2. § 265 ZPO kann im Falle von Klagen auf Duldung der Zwangsvollstreckung nach den §§ 1147, 1192 BGB Anwendung finden.
Normenkette
ZPO §§ 93, 265, 276 Abs. 1 S. 1, § 348 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Buchst. b; BGB §§ 1147, 1192
Verfahrensgang
LG Kiel (Urteil vom 30.12.2009; Aktenzeichen 13 O 179/09) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen die Kostenentscheidung in dem Anerkenntnisurteil des Einzelrichters der 13. Zivilkammer des LG Kiel vom 30.12.2009 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Beschwerdewert (Kostenwert) von bis zu 7.000 EUR.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist nach § 99 Abs. 2 ZPO zulässig, insbesondere fristgerecht eingegangen.
Sie hat aber in der Sache keinen Erfolg, denn das LG hat die Kosten des Rechtsstreits zu Recht und mit zutreffender - in dem Nichtabhilfebeschluss vom 21.1.2010 noch ergänzter - Begründung der Beklagten gem. § 91 Abs. 1 ZPO auferlegt, weil ein Fall des § 93 ZPO nicht vorliegt.
Soweit die Beklagte mit Verweis auf § 348 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 2b ZPO die Zuständigkeit des Einzelrichters rügt, greift die Rüge schon deshalb nicht durch, weil bei dem LG Kiel nach dem hier vorliegenden Geschäftsverteilungsplan eine Spezialkammer für Streitigkeiten aus Bankgeschäften nicht gebildet ist. Im Übrigen geht es nicht um einen Anspruch aus dem Kreditvertrag, sondern um einen dinglichen Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung aus §§ 1147, 1192 BGB (vgl. zur geschäftsplanmäßigen Sonderzuständigkeit nach § 348 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 2b Wittschier in Musielak, ZPO, 7. A. 2009, § 348 Rz. 6 und Rz. 8).
Soweit die Beklagte meint, sie sei nicht mehr passivlegitimiert gewesen, nachdem sie in der Klagerwiderung mitgeteilt habe, dass sie mit Urkunde vom 8.12.2009 und Umschreibung am 17.12.2009 - beides nach Rechtshängigkeit der Klage - das mit der Grundschuld belastete Grundstück auf ihre Tochter zurückübertragen habe, weshalb die Klägerin den Rechtsstreit hätte in der Hauptsache für erledigt erklären müssen und jedenfalls ein Anerkenntnisurteil - trotz des von ihr ausdrücklich erklärten Anerkenntnisses - nicht mehr hätte ergehen können, ist diese Auffassung nicht richtig. Sie basiert auf der Annahme, § 265 Abs. 1 ZPO sei nicht einschlägig, weil es hier um einen Duldungsanspruch gehe. Streitbefangen i.S.v. § 265 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 ZPO ist indes jeder Gegenstand, dessen Übertragung die Sachlegitimation beseitigen würde. Darum aber geht es hier gerade, denn der Duldungsanspruch aus den §§ 1147, 1192 BGB bezieht sich auf das fragliche mit der Grundschuld belastete und nach Rechtshängigkeit übertragene Grundstück. Es ist anerkannt, dass § 265 ZPO auch auf Duldungsklagen nach § 1147 BGB zutrifft (Foerste in Musielak, a.a.O., § 265 Rz. 3 m.w.N.).
Das LG hat zutreffend entschieden, dass ein sofortiges Anerkenntnis i.S.d. § 93 ZPO jedenfalls nicht mehr vorliegen kann, wenn bei Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens - wie hier - dieses Anerkenntnis erst nach Ablauf der Klagerwiderungsfrist gem. § 276 Abs. 1 S. 2 ZPO abgegeben wird. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Beschluss des BGH vom 30.5.2006 (NJW 2006, 2490 ff.) weil dort nur der Streit über die Frage, ob der Beklagte dann, wenn er innerhalb der Notfrist des § 276 Abs. 1 S. 1 ZPO zunächst nur seine Verteidigungsbereitschaft anzeigt, jedoch keinen Sachantrag ankündigt - wie hier -, noch innerhalb der anschließenden Frist zur Klagerwiderung "sofort" anerkennen kann, im Sinne dieser Meinung entschieden worden ist. Der BGH führt - bei juris Rz. 22 - ausdrücklich aus, der Beklagte dürfe unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des § 93 ZPO hinreichend lang prüfen, ob er einen Anspruch anerkennen wolle. Dazu - so der BGH weiter- "darf er die - nötigenfalls verlängerte - Klagerwiderungsfrist in Anspruch nehmen. Dies führt zu keiner Ausweitung des Verfahrens; denn bis zum Ablauf dieser Frist sind ... in der Regel weder Maßnahmen der Gerichts noch des Klägers veranlasst ...".
Daraus folgt aber zugleich, dass der Ablauf der Klagerwiderungsfrist die Grenze ist, bis zu der ein Anerkenntnis noch als "sofortiges" i.S.d. § 93 ZPO abgegeben werden kann. Das LG verweist im Nichtabhilfebeschluss zu Recht darauf, dass dies wohl in der aktuellen Rechtsprechung und Literatur allgemeine und nicht umstrittene Ansicht ist (vgl. etwa OLG Saarbrücken OLGReport Saarbrücken 2009, 533 ff.; KG NJW-RR 2006, 1078; Prütting-Gehrlein, ZPO, 1. A. 2010, § 93 Rz. 3; Wolst in Musielak, a.a.O., § 93 Rz. 4; Herget in Zöller, ZPO, 28. A. 2010, § 93 Rz. 4). Es sind allerdings nicht nur Gründe der Rechtssicherheit, die für dieses Ergebnis sprechen. Schon der Wortlaut "sofortig" und auch Sinn und Zweck der Norm sprechen dafür, dass ein solches sofortig...