Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert bei Feststellungsklage betreffend Fortbestand eines Krankenversicherungsvertrages

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei einer auf Feststellung des Fortbestand eines Krankenversicherungsvertrags gerichteten Klage ist der Streitwert in der Regel in entsprechender Anwendung des § 3 ZPO und unter Berücksichtigung des § 9 ZPO auf den 3 ½-fachen Jahresbetrag der vereinbarten Versicherungsprämie zu schätzen.

2. Der damit gegebene Regelwert bedarf allerdings der Ergänzung in den Fällen, wo eine bestimmte Versicherungsleistung zwar noch nicht im Klageverfahren geltend gemacht worden, die Inanspruchnahme nach der Darstellung des Versicherers aber absehbar ist. Ungeachtet der konkreten Erfolgsaussichten ist der Wert dann um 50 % des Betrages der behaupteten Versicherungsleistung zu erhöhen.

 

Normenkette

ZPO §§ 3, 9

 

Verfahrensgang

LG Kiel (Beschluss vom 29.06.2006; Aktenzeichen 2 O 203/06)

 

Tenor

Der Streitwert wird unter Abänderung des Beschlusses des LG vom 29.6.2006 auf EUR 13.121,24 festgesetzt.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Auslagen werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die gem. § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere nach §§ 68 Abs. 1 Satz 3, 63 Abs. 3 Satz 2 GKG fristgerecht erhobene Beschwerde ist teilweise begründet.

1. Bei einem auf den Fortbestand eines Krankenversicherungsvertrags gerichteten Feststellungsantrag ist der Streitwert in der Regel in entsprechender Anwendung des § 3 ZPO und unter Berücksichtigung des § 9 ZPO auf den 3 ½-fachen Jahresbetrag der vereinbarten Versicherungsprämie zu schätzen, vgl. BGH, RuS 1996, 332; ebenso BGH, NVersZ 2002, 21 und OLG Köln, RuS 1996, 332 (Leitsatz).

Dieser ganz herrschenden Auffassung schließt sich der Senat an. Entgegen der Berechnung des Klägers kann - bei Einigkeit über die Anwendung der §§ 3, 9 ZPO im Ausgangspunkt - nicht der 3 ½-fache Jahresbetrag der Versicherungsleistung maßgeblich sein. Die Funktion des § 9 ZPO besteht darin, bei wiederkehrenden Leistungen im Interesse der Prozessparteien den Wert auf ein vertretbares Maß zu begrenzen. Stellt man für den hier zu bestimmenden Wert der Leistung aus der Krankentagegeldversicherung auf das tägliche Krankentagegeld ab, wird diese gesetzgeberische Absicht in ihr Gegenteil verkehrt, nämlich der Kläger so behandelt, als werde er während des Versicherungszeitraums Krankentagegeld für 3 ½ Jahre in Anspruch nehmen. Das wird im Allgemeinen der Fall nicht sein; auch in Betreffs des Klägers im Besonderen spricht, soweit ersichtlich, nichts dafür, dass er, gerechnet ab dem Zeitpunkt des Streitigwerdens der Leistungspflicht der Beklagten (dem Mai 2005), die Versicherungsleistung noch für einen solchen Zeitraum in Anspruch nehmen wollte oder müsste.

Auch wenn im Rahmen des § 3 ZPO primär auf das klägerische Interesse abzustellen ist und dies, wie das LG im Nichtabhilfebeschluss vom 17.1.2008 zutreffend bemerkt, nicht darin besteht, die Versicherungsprämie zu zahlen, so gibt doch die Höhe der Prämie einen tragfähigen Anknüpfungspunkt für die Streitwertbemessung; denn die Prämie wird nach dem jeweiligen Risiko der Inanspruchnahme der Leistung kalkuliert (so auch schon OLG Köln, JurBüro 1977, 1131; OLG Saarbrücken, JurBüro 1993, 738). Ein solcher Ansatz erscheint überdies auch unter dem Gesichtspunkt verlässlicher Handhabung und einfacher Bestimmbarkeit geboten. Die Alternative bestünde allein in einer Schätzung anhand einer Prognose über die mutmaßliche zukünftige Versicherungsleistung unter Berücksichtigung des jeweiligen Lebensalters des Versicherungsnehmers und seiner spezifischen Krankheitswahrscheinlichkeit; eine solche Schätzung setzte aber nicht nur einen erheblichen Aufwand voraus, sondern wäre zudem mit großen Unsicherheiten behaftetet, wäre entsprechend streitträchtig und würde zu einer Verlagerung oder Zweitbehandlung von Hauptsachefragen in die Streitwertfestsetzung führen, deren Ort all dies nicht ist.

2. Der damit gegebene Regelwert - in diesem Fall 61,63 EUR × 12 × 3,5 = 2.588,46 EUR - bedarf allerdings der Ergänzung in den Fällen, in denen - wie hier - im Rahmen der Feststellung eine bestimmte Versicherungsleistung zwar noch nicht im Klageverfahren geltend gemacht worden ist, aber die Inanspruchnahme nach der Darstellung des Versicherers absehbar ist. Für das - maßgebliche - wirtschaftliche Interesse am Bestehen oder Nichtbestehen des Versicherungsverhältnisses ist es von erheblicher Bedeutung, ob behauptet wird, wegen Eintritt des Versicherungsfalls seien bereits Ansprüche entstanden. Im Interesse der Rechtsklarheit ist ungeachtet der konkreten Erfolgsaussichten der Wert um 50 % des Betrages der behaupteten Versicherungsleistung zu erhöhen (vgl. BGH, NVersZ 2002, 21).

Vorliegend hat die Beklagte ihre weitere Inanspruchnahme für den Zeitraum vom 28.6. bis Ende Oktober 2006 behauptet (Schriftsatz vom 21.11.2007, S. 3, Bl. 155). Es ergeben sich hieraus - 162 Tage à 102,26 EUR - weitere 16.566,12 EUR; von diesen sind anzusetzen 50 %, das sind ...

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