Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsweg für Unterlassungsklage gegen Krankenhausbetreiber

 

Leitsatz (amtlich)

Für eine Klage, mit der einem Krankenhausbetreiber verboten werden soll, im geschäftlichen Verkehr radiologisch-diagnostische Untersuchungen als ambulante Leistungen nach § 116b SGB V durchzuführen und/oder abzurechnen, sofern die Untersuchungen keine Krankheiten zum Gegenstand haben, die vom Leistungsumfang der "Katalogkrankheiten" des § 116b Abs. 3 SGB V umfasst werden, sind die Sozialgerichte zuständig.

 

Normenkette

GVG § 13; SGG § 51; SGB 5 §§ 69, 116b Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Itzehoe (Beschluss vom 17.11.2010; Aktenzeichen 5 O 22/10)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 17.08.2011; Aktenzeichen I ZB 7/11)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen I des LG Itzehoe vom 17.11.2010 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Beschwerdewert wird auf 7.000 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Als Verband zur Förderung gewerblicher Interessen gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG kündigt der Kläger in dem vor dem LG Itzehoe anhängig gemachten Rechtsstreit den Antrag an, die Beklagte zu verpflichten, es bei Meidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr radiologisch-diagnostische Untersuchungen als ambulante Leistungen nach § 116b SGB V durchzuführen und/oder abzurechnen, sofern die Untersuchungen keine Krankheiten zum Gegenstand haben, die vom Leistungsumfang der "Katalogkrankheiten" des § 116b Abs. 3 SGB V umfasst werden, ferner die Beklagte zu verurteilen, an ihn 208,65 EUR nebst Zinsen i.H.v fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.11.2009 zu zahlen.

Der Kläger behauptet, die Beklagte führe systematisch und planmäßig radiologisch-diagnostische Untersuchungen unter Verstoß gegen § 116b SGB V als ambulante Leistungen durch, rechne sie ab und werbe auch dafür. Die Beklagte räumt ein, dass es in der Anlaufphase zu einigen wenigen Diagnosestellungen außerhalb der Katalogkrankheiten nach § 116b SGB V gekommen sei, die aber nicht abgerechnet worden seien. Dass sie auch in neuerer Zeit gegen § 116b SGB V verstoßen habe, wie vom Kläger behauptet, bestreitet die Beklagte. Durch den angefochtenen Beschluss hat das LG den zu ihm beschrittenen Rechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das zuständige Sozialgericht Itzehoe verwiesen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers. Er hält nach wie vor die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für gegeben, weil die Ansprüche ausschließlich auf wettbewerbsrechtliche Vorschriften gestützt würden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den angefochtenen Beschluss sowie die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die zulässige sofortige Beschwerde des Klägers ist nicht begründet. Zu Recht hat das LG den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für nicht gegeben angesehen und die Sache an das zuständige Sozialgericht Itzehoe verwiesen.

Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist nach § 13 GVG nicht eröffnet, weil § 51 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 1 SGG eine ausdrückliche Zuweisung der Streitigkeit an die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit enthält.

Nach § 51 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 1 SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit auch über privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden. Für die Eröffnung des Rechtsweges zu den Sozialgerichten ist deshalb entscheidend, ob es sich um eine Streitigkeit in einer Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung handelt. Nicht von Bedeutung ist nach der Bestimmung des § 51 SGG, ob die Streitigkeit öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Natur ist (BGH, WRP 2007, 641 - Gesamtzufriedenheit). Von einer Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung ist auszugehen, wenn durch den Gegenstand des Streits Maßnahmen betroffen sind, die unmittelbar der Erfüllung der den Krankenkassen nach dem 5. Buch des Sozialgesetzbuchs obliegenden öffentlich-rechtlichen Aufgaben dienen (BGH GRUR 2003, 549 - Arzneimittelversandhandel). Werden wettbewerbsrechtlichen Ansprüche dagegen nicht auf einen Verstoß gegen Vorschriften des SGB V gestützt, sondern ausschließlich auf wettbewerbsrechtliche Normen, deren Beachtung auch jedem privaten Bewerber obliegt, handelt es sich nicht um eine Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung i.S.v. § 51 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 1 SGG (BGH NJW 2008, 1389, Rz. 14 nach juris - Treuebonus).

Entgegen der Auffassung des Klägers betrifft die begehrte Unterlassung unmittelbar eine Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung und nicht eine ausschließlich nach Wettbewerbsrecht zu beurteilende Handlung. Wie sich aus § 69 SGB V ergibt, sind Angelegenheiten der Krankenversicherung zunächst die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu den Krankenhäusern, Ärzt...

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