Entscheidungsstichwort (Thema)
Kollusives Zusammenwirken eines Wohnungseigentümers mit dem Verwalter
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Beschlussanfechtungsverfahren in einer Wohnungseigentumssache wird durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Verwalters nicht unterbrochen.
2. Eine rechtswidrige Ausnutzung der Stimmenverhältnisse in der Wohnungseigentümerversammlung kann ausnahmsweise nach § 138 Abs. 1 BGB zur Nichtigkeit eines Wohnungseigentümerbeschlusses führen, wenn ein begünstigter Wohnungseigentümer treuwidrig mit dem Verwalter zusammenwirkend in sachwidriger Weise eigene Zwecke auf Kosten der übrigen Wohnungseigentümer verfolgt.
Normenkette
ZPO § 240 analog; BGB § 138 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Lübeck (Beschluss vom 23.09.2004; Aktenzeichen 3 T 243/04) |
AG Geesthacht (Aktenzeichen 8-II 215/03) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten zu 1) und 2. haben die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Geschäftswert der sofortigen weiteren Beschwerde beträgt 52.781 EUR.
Gründe
I. Die verstorbene Wohnungseigentümerin P. der eingangs genannten Anlage (Miteigentumsanteil 35/1000) hatte in ihrem Testament unter Anordnung von Testamentsvollstreckung als Alleinerben das Universitätsklinikum X. und - hinsichtlich ihres Wohnungseigentums - E. als Vermächtnisnehmerin eingesetzt. Im notariellen Vertrag vom 11.6.2003 übertrug der Testamentsvollstrecker das Wohnungseigentum auf die Vermächtnisnehmerin, wobei er sie in § 3 Abs. 6d.V. bevollmächtigte, die auf sie übergehenden Rechte im Namen des Nachlasses wahrzunehmen, insb. das Stimmrecht in der Wohnungseigentümerversammlung auszuüben. Nach § 14 Abs. 4 der Teilungserklärung (TE) bestimmt sich das Stimmrecht nach den Miteigentumsanteilen, und kann sich ein Wohnungseigentümer nur durch den Verwalter, seinen Ehegatten oder einen anderen Wohnungseigentümer der Gemeinschaft vertreten lasse. Der Beteiligte zu 2) ist Teileigentümer der Einheiten Nr. 2 und 4 bis 8 (insgesamt 495/1000 Miteigentumsanteil). Die Beteiligte zu 1) war Verwalterin der Anlage. Ihre Geschäftsführerin B. lebte mit dem Beteiligten zu 2) in eheähnlicher Gemeinschaft zusammen. Die Beteiligte zu 1) hatte ihm mit notarieller Urkunde vom 7.9.1998 eine Generalvollmacht erteilt. Mitte Juni 2003 bat der den Übertragungsvertrag vom 11.6.2003 beurkundende Notar die Beteiligte zu 1., die nach § 6 Nr. 1 TE erforderliche Verwalter-Zustimmung zur Übertragung des Wohnungseigentums an die Vermächtnisnehmerin zu erteilen. Die Beteiligte zu 1) erteilte die Zustimmung erst am 6.11.2003. Die Vermächtnisnehmerin wurde am 16.12.2003 als neue Wohnungseigentümerin im Grundbuch eingetragen.
Mit Schreiben vom 18.8.2003 an die Beteiligte zu 1) bat die Vorsitzende des Verwaltungsbeirats R. um die Einberufung der ordentlichen Wohnungseigentümerversammlung unter Aufnahme des Punktes: "Vorzeitige Beendigung des Verwaltungsvertrages mit ihr - der Beteiligten zu 1) -" in die Tagesordnung. Mit Schreiben vom 9.9.2003 bat R die Beteiligte zu 1) nochmals um die Aufnahme bestimmter Punkte in die Tagesordnung, so unter anderen die Beschlussfassung über die "vorzeitige Abberufung der Beteiligten zu 1), die Vorstellung und Wahl eines neuen Verwalters und die Ermächtigung, einen Verwaltervertrag mit dem gewählten Verwalter abzuschließen". Die Beteiligte zu 1) lud die Wohnungseigentümer zur Versammlung am 30.10.2003 ein unter anderen mit den Tagesordnungspunkten: "Wahl der Verwaltung/Wiederwahl der Verwalterin ...." und "Abwahl des Verwaltungsbeirats". In der Versammlung am 30.10.2003 legte die Beteiligte zu 1) eine von ihr beschaffte Vollmacht des Universitätsklinikums X vom 30.9.2003 vor und bestritt ein Stimmrecht der anwesenden und abstimmungswilligen Vermächtnisnehmerin E. Der Antrag des Beteiligten zu 2), darüber zu beschließen, dass Frau E den Raum zu verlassen habe, wurde mehrheitlich (530/1000 zu 470/1000) angenommen, wobei sich der Anteil von 530/1000 zusammensetzte aus dem Anteil des Beteiligten zu 2) von 495/1000 und dem (in Vollmacht durch die Beteiligte zu 1) wahrgenommenen) Anteil des Alleinerben von 35/1000. Die Vermächtnisnehmerin E nahm infolgedessen (auch) an den weiteren Abstimmungen nicht teil. Mit derselben Mehrheit wurden u.a. ohne Vorstellung von Mitbewerbern der Beschluss gefasst: Wiederwahl der Beteiligten zur Verwalterin zu 1) und - auf ergänzenden Antrag des Beteiligten zu 2) -: für 5 Jahre zum Kostensatz von 485 EUR monatlich (TOP 2c und e). Nach dem gleichen Prinzip wurde mit 530/1000 zu 383/1000 (87/1000 - Anteile der Beiratsmitglieder ruhten) der Beirat "wegen uneffektiver Arbeit" mehrheitlich abgewählt (TOP 27).
Auf Antrag der Wohnungseigentümer erklärte das AG Geesthacht die Wohnungseigentümerbeschlüsse u.a. zu den TOP 2c und e) sowie 27 durch Beschl. v. 19.5.2004 für ungültig, weil die Bevollmächtigung des Universitätsklinikums X. unwirksam, und die Vermächtnisnehmerin E. zu Unr...