Verfahrensgang

AG Elmshorn (Beschluss vom 01.07.2015; Aktenzeichen 12 VI 202/15)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des AG Elmshorn vom 01.07.2015 geändert:

Das AG wird angewiesen, den von der Beteiligten zu 1) gemäß Urkunde der Notarin S1 in W1 Nr. /2015 beantragten Erbschein zu erlassen.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Kostenerstattung findet nicht statt.

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 1) ist die Lebensgefährtin des Erblassers, der Beteiligte zu 2) der Sohn des Erblassers aus dessen Ehe mit der Beteiligten zu 3). Der Erblasser und die Beteiligte zu 3) leben seit 1984 getrennt, wobei in einem Ehevertrag vom 09.05.1989 Gütertrennung vereinbart war.

In einem privatschriftlichen Testament vom 14.06.2012 hat der Erblasser die Beteiligten zu 1) und 2) zu seinen Erben zu je 1/2 berufen, der Beteiligten zu 1) als Vorausvermächtnis ein lebenslanges Wohnrecht an seinem Haus eingeräumt und dieses Haus dem Beteiligten zu 2) als Vorausvermächtnis zu Alleineigentum zugewiesen. Er hat zudem die Steuerberaterin Anke D1 zur Testamentsvollstreckerin berufen. Sie solle den Nachlass und die Vermögenswerte an die Erben auskehren, sei von etwaigen Beschränkungen freigestellt und befugt, fachkundigen Rat als Steuerberaterin abzugeben.

Frau Anke D1 hat die Annahme des Amtes gegenüber dem AG mit Schreiben vom 25.03.2015 unter Hinweis darauf abgelehnt, dass sie für ihre Entscheidung zuvor einige Gespräche mit den Erben geführt habe.

Die Beteiligte zu 1) hat mit Urkunde der Notarin S1 in W1 Nr. /2015 vom 27.03.2015 die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der sie und den Beteiligten zu 2) als Erben zu je 1/2 ausweisen soll.

Auf den Hinweis des AG, in den Erbschein müsse die Anordnung der Testamentsvollstreckung aufgenommen werden und nach Ablehnung des Amtes durch Frau D1 wäre Ersatz vom Gericht zu bestimmen, hat die Notarin in ihrem Schriftsatz vom 27.04.2015 "nach Rücksprache mit den Beteiligten" ausgeführt, das Testament ergebe keinen Hinweis auf ein Ersuchen des Erblassers zur gerichtlichen Bestellung eines Ersatztestamentsvollstreckers. Frau D1 habe den Erblasser langjährig persönlich und geschäftlich als Steuerberaterin betreut und habe dies nach dem Willen des Erblassers auch nach dem Erbfall weiter tun sollen. Tatsächlich sei sie auch weiterhin als Steuerberaterin tätig und zwar sowohl für die GmbH in Liquidation, die zu dem Nachlass gehöre, als auch für die Erben.

Mit Beschluss vom 01.07.2015 hat das AG den Erbscheinsantrag zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Erbschein könne mangels Aufnahme des Testamentsvollstreckervermerks nicht wie beantragt erteilt werden, denn der Erblasser hätte bei Berücksichtigung der später eingetretenen Sachlage - Ablehnung des Amtes durch Frau D1 - die Ernennung eines Testamentsvollstreckers durch das AG gewollt, damit die von ihm verfügten Aufgaben - Auseinandersetzung der Erben und Erfüllung der Vermächtnisse - erledigt würden. Zu diesem Zweck sei die Testamentsvollstreckerin in dem Testament von etwaigen Beschränkungen freigestellt und ihr Aufgabenkreis definiert worden. Der Erblasser habe gerade sicherstellen wollen, das die von ihm angeordneten Vermächtnisse von einem Dritten überwacht und übertragen würden. Hierbei hätte nicht die benannte Person, sondern ihr Fachwissen und die Aufgabenerfüllung im Vordergrund gestanden. Diese Gründe würden auch nach Wegfall ihrer Person weiterhin bestehen.

Gegen diesen ihr am 06.07.2015 zugestellten Beschluss hat die Beteiligte zu 1) am 09.07.2015 Beschwerde eingelegt und zur Begründung ausgeführt: Es fehle an Anhaltspunkten im Testament für ein Ersuchen des Erblassers an das Gericht, einen Testamentsvollstrecker auszuwählen, wenn die benannte Testamentsvollstreckerin Frau D1 das Amt ablehnen würde. Der Erblasser habe im Testament nur Frau D1 benannt. Die testamentarischen Verfügungen seien zudem relativ einfach und unkompliziert von den Erben zu realisieren. Es gebe keinen Anhalt dafür, dass der Erblasser die beiden Erben von der Verwaltung des Nachlasses und Verfügungen über ihn habe ausschließen wollen. Seiner Intention entspreche es viel eher, wenn die Erben sich direkt auseinandersetzen, den Nachlass auch unter Berücksichtigung der Vermächtnisse auseinandersetzen und sich dabei von Frau D1 beraten lassen würden, als wenn eine außenstehende Person als Testamentsvollstrecker eingesetzt werden würde. Die Erben würden wissen, dass der Erblasser langjährig von Frau D1 als Steuerberaterin beraten und vertreten worden sei. Seine Verfügung sei dahin auszulegen, dass er auf jeden Fall wünsche, dass seine Erben auch im Erbfall ihre Beratung in Anspruch nehmen sollten.

Das AG hat der Beschwerde mit Beschluss vom 06.10.2015 nicht abgeholfen.

Die Beteiligten zu 2) und 3) sind von der Beschwerde in Kenntnis gesetzt worden, haben sich aber nicht geäußert.

II. Die Beschwerde ist nach den §§ 58 ff FamFG zulässig, insbesondere fristgerecht eingereicht worden. Sie hat auch in der Sache Erfolg.

Entgegen de...

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