Entscheidungsstichwort (Thema)
Klageerhebung bei gleichzeitigem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe
Leitsatz (amtlich)
Auch die Formulierung "Nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe [Verfahrenskostenhilfe] werden wir beantragen, den ... zu verurteilen" hindert bei einem mit "Prozesskostenhilfegesuch und Klage" überschriebenen Schriftsatz nicht die Annahme, es solle mit Einreichung dieses Schriftsatz unbedingt und nicht etwa erst nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe (Verfahrenskostenhilfe) Klage erhoben werden.
Normenkette
ZPO § 620f Abs. 1 S. 3, § 253
Verfahrensgang
AG Meldorf (Beschluss vom 04.12.2009; Aktenzeichen 13 F 83/09) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG - FamG - Meldorf vom 4.12.2009 wird dieser Beschluss aufgehoben.
Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung in der Hauptsache vorbehalten.
Der Beschwerdewert wird auf 5.000 EUR festgesetzt (2 × 1000 + 4 × 750,00).
Gründe
I. Auf die Anträge der Antragstellerin vom 22.4.2009 erließ das AG gem. § 644 ZPO im einstweiligen Anordnungsverfahren einen Beschluss gegen den Antragsgegner über die Zahlung nachehelichen Unterhalts an die Antragstellerin.
In ihrem Antrag vom 22.4.2009 auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nahm die Antragstellerin auf die "Unterhaltsstufenklage bzw. das Prozesskostenhilfegesuch" im Hauptsacheverfahren Bezug. In ihrem Antrag vom 22.4.2009 zur Hauptsache, den sie mit "Prozesskostenhilfegesuch und Stufenklage auf nachehelichen Unterhalt" überschrieb, beantragte sie zunächst Prozesskostenhilfe für die nachfolgende Stufenklage und führte dann aus: "Nach Prozesskostenhilfebewilligung werden wir im Wege der Stufenklage beantragen ...". Darauf folgte der Auskunftsantrag, der ausführlich begründet wurde und von der Prozessbevollmächtigten unterschrieben worden war. Eine sofortige Zustellung der Antragsschrift gem. § 14 Ziff. 3b GKG beantragte die Antragstellerin nicht.
Nach Vorlage der Prozesskostenhilfeunterlagen wies das AG am 18.8.2009 den Prozesskostenhilfeantrag der Antragstellerin für die Stufenklage mangels Bedürftigkeit zurück. Gegen diesen Beschluss, der der Antragstellerin am 24.8.2009 zugestellt wurde, legte sie keine sofortige Beschwerde ein. Am 9.10.2009 zahlte sie einen Kostenvorschuss für das Hauptsacheverfahren ein.
Durch den angefochtenen Beschluss vom 4.12.2009 stellte das AG fest, dass der Beschluss vom 24.6.2009 (einstweilige Anordnung zur Zahlung von Unterhalt) mit Wirkung ab dem 24.9.2009 außer Kraft getreten sei und begründete dies mit einer entsprechenden Anwendung des § 620 f. ZPO. Zur Begründung führt das AG aus, dass das einstweilige Anordnungsverfahren nach altem Recht mit dem Hauptsacheverfahren verknüpft sei. Dieses Hauptsacheverfahren sei jedoch durch den rechtskräftigen Beschluss des AG über die Abweisung des Prozesskostenhilfegesuchs in dem Hauptsacheverfahren mit Ablauf der Beschwerdefrist zum 24.9.2009 beendet. Der Kostenvorschuss sei erst am 9.10.2009 eingezahlt worden. Daher sei der Beschluss im einstweiligen Anordnungsverfahren vom 24.6.2009 zum 24.9.2009 außer Kraft getreten.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde, die sie damit begründet, dass mit ihrem Antrag vom 22.4.2009 nicht nur ein Prozesskostenhilfegesuch eingereicht, sondern auch die Klage anhängig gemacht worden sei.
II. Die gem. § 620 f. Abs. 1 Satz 3 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist auch begründet.
Abweichend vom AG kommt der Senat zu der Überzeugung, dass mit Einreichung des Antrages vom 22.4.2009 neben dem Prozesskostenhilfegesuch gleichzeitig unbedingt auch eine Klage eingereicht wurde.
Grundsätzlich wird bei gleichzeitiger Einreichung von Prozesskostenhilfegesuch und Klage neben dem Prozesskostenhilfeverfahren auch der Rechtsstreit als solcher anhängig (BGH FamRZ 1996, 1142 f.), es sei denn, der Antragsteller stellt eindeutig klar, dass er den Klagantrag nur bedingt für den Fall der Prozesskostenhilfebewilligung stellen will (BGH FamRZ 1996, 1142 f.; OLG Köln MDR 2006, 112; OLG Koblenz MDR 2004, 177; OLG Dresden, Beschl. v. 19.9.1997 - 6 W 1000/97, zitiert nach Juris, Rz. 14). Auch Prozesshandlungen sind gem. §§ 133, 157 BGB entsprechend auszulegen, d.h. es ist der objektive, dem Empfänger vernünftigerweise erkennbare Sinn der Prozesshandlung zu ermitteln. Im Zweifel ist davon auszugehen, dass die Partei anstrebt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und dem recht verstandenen Interesse der Partei entspricht (Greger in Zöller, ZPO, 27. Aufl., vor § 128 Rz. 25).
Nach Ansicht des Senates ergibt sich aus den Erklärungen der Antragstellerin in der Antragsschrift zur Stufenklage vom 22.4.2009 und dem einstweiligen Anordnungsantrag vom selben Tag nicht eindeutig, dass sie den Klagantrag nur bedingt für den Fall der Prozesskostenhilfebewilligung stellen wollte. Dass dem Klagantrag ein Prozesskostenhilfegesuch vorangestellt wird, genügt nicht (OLG Köln FamRZ 1997, 375; OLG Koblenz FamRZ 1998, 312).
Für eine Klagerhebung spricht, das...