Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich trotz fehlender Regelung in österreichischem Scheidungsfolgenvergleich
Leitsatz (amtlich)
Haben die Parteien in Österreich einen gerichtlich protokollierten abschließenden Scheidungsfolgenvergleich geschlossen, der - weil nach dortigem Prozessrecht nicht erforderlich - nach Diktat nicht vorgespielt und genehmigt wurde, kann später erfolgreich Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs vor einem deutschen Gericht betreffend in Deutschland erworbene Versorgungsanwartschaften gestellt werden. Denn hinsichtlich des Versorgungsausgleichs ist allein maßgeblich das Geschäftsstatut, wenn das Ortsrecht - hier das österreichische Recht - den Versorgungsausgleich nicht kennt. Der vergleichsweise Verzicht auf den Versorgungsausgleich aber wäre hier nach § 125 BGB unwirksam, weil die gem. § 7 VersAusglG vorgeschriebene Form in Bezug auf die Protokollierungsvorschriften nach §§ 159 ff ZPO nicht eingehalten wurde.
Normenkette
BGB §§ 125, 127a; VersAusglG § 7; BGBEG Art. 11, 17 Abs. 3; ZPO §§ 159-160, 160a, 162-163
Verfahrensgang
AG Schwarzenbek (Beschluss vom 16.07.2010) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin vom 16.8.2010 wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Schwarzenbek vom 16.07.2010 geändert.
1. Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, Versicherungsnummer ..., zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht i.H.v. 1,0070 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto ... bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, bezogen auf den 31.08.2002, übertragen.
2. Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, Versicherungsnummer ..., zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht i.H.v. 8,9057 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto ... bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, bezogen auf den 31.08.2002, übertragen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zwischen den Parteien gegeneinander aufgehoben.
Im Übrigen verbleibt es bei der Kostenentscheidung des ersten Rechtszuges.
Gegenstandswert: 4.650 EUR
Gründe
I. Die Beteiligten streiten um die nachträgliche Durchführung des Versorgungsausgleichs. Die Antragstellerin ist Deutsche, der Antragsgegner ist Österreicher. Die Beteiligten heirateten am 27.5.1989 vor dem Standesamt W./Österreich. Zu diesem Zeitpunkt lebten sie in Deutschland. Im Jahr 2000 verzogen sie nach Österreich. Im Februar 2002 trennten sich die Beteiligten und die Antragstellerin zog nach Deutschland zurück. Am 23.6.2003 schied das Bezirksgericht W. auf den der Antragstellerin am 19.8.2002 zugestellten Antrag des Antragsgegners die Ehe der Beteiligten. Im Scheidungstermin schlossen die Beteiligten einen gerichtlich protokollierten Vergleich über die Scheidungsfolgen. Der Vergleich endet mit einer Generalklausel in Ziff. 8. Diese hat folgenden Wortlaut:
"Mit diesem Vergleich sind sämtliche wechselseitigen Ansprüche der Antragsteller, aus welchem Titel auch immer, bereinigt und verglichen. Die Parteien verzichten auf Antragstellungen nach den §§ 81 ff. EheG und 98 ABGB und nehmen den Verzicht wechselseitig an."
Ausweislich des Verhandlungsprotokolls (Bl. 30 - 48 d.A.) wurde der "mit Schallträger aufgenommene" Vergleich nicht vorgespielt und nicht genehmigt. Wegen der Einzelheiten wird auf das Verhandlungsprotokoll vom 26.6.2003 (Bl. 30-48 d.A.) Bezug genommen. Nach Protokollierung des Vergleichs erfolgte der Ausspruch der Ehescheidung und ein Rechtsmittelverzicht.
In der Ehezeit haben beide Beteiligten Anrechte in der Deutschen gesetzlichen Rentenversicherung erworben.
Die Antragstellerin hat bei der Deutschen Rentenversicherung Bund ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 2,0140 Entgeltpunkten erlangt. Der Versorgungsträger hat gem. § 5 Abs. 3 VersAusglG vorgeschlagen, den Ausgleichswert mit 1,0070 Entgeltpunkten zu bestimmen. Der korrespondierende Kapitalwert nach § 47 VersAusglG beträgt 5.485,07 EUR.
Der Antragsgegner hat bei der Deutschen Rentenversicherung Bund ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 17,8113 Entgeltpunkten erlangt. Der Versorgungsträger hat gem. § 5 Abs. 3 VersAusglG vorgeschlagen, den Ausgleichswert mit 8,9057 Entgeltpunkten zu bestimmen. Der korrespondierende Kapitalwert nach § 47 VersAusglG beträgt 48.508,80 EUR.
Das Familiengericht hat den am 19.3.2010 eingegangenen Antrag der Antragstellerin, den Versorgungsausgleich durchzuführen, zurückgewiesen, weil die Antragstellerin auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs verzichtet habe. Die Generalklausel umfasse als Generalquittung auch den regelwidrigen Versorgungsausgleich. Der Verzicht sei nicht formbedürftig, weil nicht auf den Versorgungsausgleich selbst, sondern nur auf das Recht, dessen Durchführung zu beantragen, verzichtet worden sei.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der Beschwerde. Sie wendet ein, der Verzicht habe sich nur auf Ansprüche bezogen, die aus dem österreichischen Recht hergeleitet werden.
II. Die zulässige Besch...