Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendung des § 1371 Abs. 1 BGB bei österreichischem Erb- und deutschem Güterrechtstatut
Leitsatz (amtlich)
§ 1371 Abs. 1 BGB ist zugunsten des überlebenden Ehegatten anzuwenden, wenn im Erbfall österreichisches Erbstatut und deutsches Güterrechtsstatut gelten. Die Anwendung von § 1371 Abs. 1 BGB steht nicht im Widerspruch zur erbrechtlichen Quote für den überlebenden Ehegatten von 1/3 nach § 757 ABGB, denn diese Norm des österreichischen gesetzlichen Erbrechts will nicht auch die Abwicklung der güterrechtlichen Beteiligung des überlebenden Ehegatten regeln. Durch Angleichung ist allerdings dafür zu sorgen, dass dem überlebenden Ehegatten nur das zukommt, was ihm nach jedem Recht höchstens zusteht.
Normenkette
EGBGB Art. 15; BGB § 1371 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Bad Segeberg (Beschluss vom 21.02.2013; Aktenzeichen 1 VI 45/12) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2. wird der Beschluss des AG Bad Segeberg vom 21.2.2013 geändert und der Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1. zurückgewiesen.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Kostenerstattung findet nicht statt.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren beträgt xxx EUR.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Der Erblasser ist österreichischer Staatsangehöriger. Die Beteiligte zu 1. ist das einzige Kind des Erblassers aus dessen erster, im Jahre 1998 geschiedenen Ehe. Der Erblasser heiratete in zweiter Ehe in Deutschland die Beteiligte zu 2., eine deutsche Staatsangehörige. Der Erblasser verstarb 2011 während eines vorübergehenden Arbeitsaufenthaltes in Dänemark. Sein Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt war zu diesem Zeitpunkt in Deutschland.
Zu Protokoll des Rechtspflegers des AG Bad Segeberg vom 9.7.2012 beantragte die Beteiligte zu 1. die Erteilung eines Erbscheins nach gesetzlicher Erbfolge. Erteilt werden sollte ein gemeinschaftlicher Erbschein dahin, dass der Erblasser beerbt worden sei von der Beteiligten zu 1. zu 2/3 des Nachlasses und von der Beteiligten zu 2. zu 1/3 des Nachlasses.
Bereits zuvor hatte die Beteiligte zu 1. mit Anwaltsschriftsatz vorgetragen, es komme nach Art. 25 EGBGB und § 28 Abs. 1 österr. IPRG österreichisches Zivilrecht zur Anwendung und trete nach dortigem gesetzlichen Erbrecht gemäß den §§ 727, 730, 731, 732, 757 Abs. 1 ABGB gesetzliche Erbfolge mit den im Erbscheinsantrag genannten Quoten ein. Sie - die Beteiligte zu 1. - sei nach § 731 Abs. 1 ABGB Erbin ersten Grades. Ehegatten würden im österreichischen Recht nach § 757 Abs. 1 ABGB neben Erben ersten Grades nur zu 1/3 erben. Diese Quote stehe auch nicht im Widerspruch zu den güterrechtlichen Folgen der Ehe des Erblassers. Weil die Eheleute in Deutschland geheiratet hätten, unterliege zwar das Güterrechtstatut dem deutschen Recht. Auch würde nach deutschem Recht der Zugewinnausgleich durch pauschalierte Erhöhung der Erbquote gem. § 1371 Abs. 1 BGB um 1/4 erfolgen. Das gelte aber nur, wenn auch deutsches Recht als Erbstatut einschlägig sei, was hier indes nicht der Fall sei. Der Zugewinnausgleich könne deshalb nicht über eine Erbquote, sondern müsse durch eine konkrete Berechnung nach § 1371 Abs. 2 BGB außerhalb der erbrechtlichen Regelung erfolgen (unter Verweis auf die Rechtsprechung des OLG Düsseldorf, Beschl. v. 3.8.1987 - 3 Wx 207/87).
Diesem Erbscheinsantrag ist die Beteiligte zu 2. mit Anwaltsschriftsatz vom 6.8.2012 entgegen getreten und hat zugleich beantragt, einen Erbschein dahin gehend zu erlassen, dass der Erblasser beerbt worden sei von der Beteiligten zu 1. und der Beteiligten zu 2. zu je 1/2 des Nachlasses.
Die Beteiligte zu 2. hat ausgeführt: Zwar seien die Angaben der Beteiligten zu 1. in ihrem Erbscheinsantrag nicht zu beanstanden. Auch sei es richtig, dass hier gem. Art. 25 EGBGB für die Rechtsnachfolge von Todes wegen österreichisches Recht anzuwenden ist. Danach würden der überlebende Ehegatte zu 1/3 und die Kinder des Erblassers zu 2/3 als Erben berufen sein. Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1. sei mit Rücksicht auf den Güterstand des Erblassers aber auch § 1371 Abs. 1 BGB zu beachten. Diese Vorschrift sei nicht erbrechtlicher, sondern güterrechtlicher Natur. Insoweit sei deutsches Güterrecht anwendbar, so dass der Beteiligten zu 2. zusätzlich zu dem nach österreichischem Recht zu berechnenden Erbteil von 1/3 auch der pauschalierte Zugewinnausgleich nach deutschem Recht von 1/4 zustehe. Dies würde mathematisch bedeuten, dass sich der 1/3-Miterbenanteil der Beteiligten zu 1. auf insgesamt 7/12 erhöhen würde. Das wäre dann mehr, als es der Beteiligung der Beteiligten zu 1. nach deutschem Recht entsprechen würde. Deshalb müsse der beispielsweise von Palandt/Thorn, BGB, Art. 15 EGBGB Rz. 26 vertretenen Auffassung zugestimmt werden, wonach eine Anpassung dahin zu erfolgen habe, dass der Erbteil des überlebenden Ehepartners eines verstorbenen österreichischen Staatsangehörigen letztlich 1/2 betrage.
Dieser Argumentation ist die Beteiligte zu 1. in einer Replik entgegen getreten und ha...