Verfahrensgang
LG Kiel (Urteil vom 07.03.2014; Aktenzeichen 5 O 79/13) |
Tenor
1. Der Antrag des Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung gegen das Urteil des LG Kiel vom 7.3.2014 wird zurückgewiesen.
2. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des LG Kiel vom 7.3.2014 wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.
Der Gegenstandswert für den Berufungsrechtszug wird auf 22.282,99 EUR festgesetzt.
Gründe
1. Der Wiedereinsetzungsantrag des Beklagten ist zulässig, aber unbegründet.
Durch Urteil vom 7.3.2014 wurde der Beklagte verurteilt, an die Kläger zur gesamten Hand 22.282,99 EUR zu zahlen. Nach Auffassung des LG steht den Klägern als Rechtsnachfolger des Verstorbenen ein Anspruch auf Rückzahlung des vom Beklagten eingenommenen Honorars aus ungerechtfertigter Bereicherung zu. Das Urteil wurde dem Beklagten am 13.3.2014 zugestellt (75 GA). Am 14.4.2014 ging beim LG Kiel eine Berufung des Beklagten ein (80 GA). Mit Verfügung vom 15.4.2014 wurde dem Beklagten mitgeteilt, dass die Berufung beim Berufungsgericht einzulegen ist. Gleichzeitig wurden die Akten dem OLG Schleswig übersandt (79 GA Rückseite). Unter dem 28.4.2014 beantragte der Beklagte Wiedereinsetzung in der vorigen Stand (86 GA).
Der Beklagte vertritt die Auffassung, die Frist zur Einlegung der Berufung sei von ihm nicht schuldhaft versäumt worden, da eine Rechtsmittelbelehrung in der angegriffenen Entscheidung nicht enthalten gewesen sei. Er habe sich versehentlich an den Regeln für die Berufseinlegung in Strafsachen orientiert, da dies seine fast ausschließliche Tätigkeit darstelle. § 232 S. 2 ZPO verstoße gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs gem. § 103 GG und verletze den Berufungsführer somit in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip, Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG. Es handele sich bei der Beschränkung der Rechtsbehelfsbelehrung um einen zivilprozessualen Sonderweg, der in sämtlichen anderen Rechtszweigen nicht gegangen werde. Stets sei der wegen einer gerichtlichen Entscheidung Beschwerte zu belehren. Dies gelte im Strafprozess genauso wie in all anderen Rechtszweigen. Für jede Partei, in jedem Prozess bestehe die Notwendigkeit, über die zulässigen Rechtsbehelfe und die Einlegungsweise informiert zu werden. Eine Rechtsmittelbelehrung könne auch nicht deshalb unterbleiben, weil eine Partei anwaltlich vertreten sei, da sich der grundrechtliche Apell an den Gesetzgeber für den Bürger und Rechtsuchenden nicht dadurch einschränken lasse, dass er einen rechtlichen Vertreter eingeschaltet habe. Es liege schlicht eine planwidrige Regelungslücke vor, die durch eine entsprechende Anwendung von § 232 Satz 1 ZPO zu schließen sei.
Der Wiedereinsetzungsantrag ist unbegründet. Gemäß § 233 Satz 1 ZPO ist einer Partei auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, soweit sie ohne ihr Verschulden verhindert war, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten. Gemäß Satz 2 wird das Fehlen des Verschuldens vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.
Nach Auffassung des Senates liegt auf Seiten des Beklagten, der als Rechtsanwalt tätig ist, ein vermeidbarer Rechtsirrtum im Hinblick auf das im Rahmen des Berufungsverfahrens anzurufende Gericht vor. Die Regelung des § 519 Abs. 1 ZPO gehört zu den wesentlichen Vorschriften, die jeder im Zivilrecht tätigen Rechtsanwalt kennen muss. Aus der Vorschrift selbst ist ohne weiteres ersichtlich, bei welchem Gericht die Berufungsschrift anzubringen ist.
Entgegen der Auffassung des Beklagten liegt auch eine schuldhafte Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung vor, da das LG Kiel ihm nach dem Gesetzeswortlaut des § 232 S. 2 ZPO keine Rechtsmittelbelehrung erteilen musste. Nach der amtlichen Begründung zu § 232 ZPO soll die Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im gesamten Zivilprozess den Bürgerinnen und Bürgern die Orientierung im gerichtlichen Instanzenzug erleichtern und der Vermeidung unzulässiger Rechtsmittel dienen, weil die Belehrung zukünftig Form, Frist und zuständiges Gericht enthalten muss. Dabei hat der Gesetzgeber bewusst die Pflicht zur Rechtsbehelfsbelehrung in der Zivilprozessordnung auf Verfahren beschränkt, in denen eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben ist. Dadurch wird der Mehraufwand durch zusätzliche Informationspflichten für die Gerichte in einem vertretbaren Maß gehalten. Außerdem ist der Rechtsanwalt nach Meinung des Gesetzgebers in gleicher Weise in der Lage, der von ihr vertretenen Partei eine auf den Einzelfall zugeschnittene Belehrung über bestehende Anfechtungsmöglichkeiten zu erteilen, so dass in Verfahren, in denen die Vertretung durch einen Rechtsanwalt obligatorisch ist, die Belehrung durch die Gerichte entbehrlich ist (BT-Drucks. 17/10490, 11).
Hierbei zeigt § 232 Satz 2, Halbs. 2 ZPO gerade die vom Gesetzgeber gewünschte Ausnahme, dass auch in Fällen mit obl...