Verfahrensgang

AG Kiel (Aktenzeichen 50 FH 130/16)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Kiel vom 30. November 2016 abgeändert.

Der Antrag des Antragstellers auf Festsetzung von Kindesunterhalt im vereinfachten Unterhaltsverfahren wird als unzulässig verworfen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde gegen diese Entscheidung wird zugelassen.

Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.811,25 EUR

festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller gewährte dem Kind Lolle Marie J1, geboren am 2. August 2011, im Zeitraum ab September 2015 Kindesunterhalt nach dem Unterhaltsvorschussgesetz. Zunächst lebte das Kind nicht im Haushalt mit dem Antragsgegner zusammen. Der Antragsgegner ist der Vater des Kindes. Die Unterhaltsansprüche für das Kind sind gemäß § 7 UVG auf den Antragsteller übergangen und übersteigen nicht die tatsächlich erbrachten Leistungen an das Kind.

Mit Antrag vom 22. August 2016 hat der Antragsteller die Festsetzung der Unterhaltspflicht im vereinfachten Unterhaltsverfahren für den Zeitraum ab 1. September 2015 bis 31. August 2016 in Form eines Unterhaltsrückstandsbetrages, danach ab dem 1. September 2016 in Höhe von 100 % des jeweiligen Mindestunterhalts abzüglich des Kindesgeldes für ein erstes Kind beantragt.

Der Antragsgegner hat im ersten Rechtszug vorgetragen, dass er ein Zusammenleben nach Versöhnung mit der Kindesmutter im Haushalt mit dem Kind wieder aufnehmen werde. Insofern wird auf seine Erklärung vom 17. September 2016 Bezug genommen. Die Familie des Antragsgegners lebt seit dem 1. Oktober 2016 wieder zusammen in der D......... 17 in K1.

Der Antragsteller hat daraufhin mitgeteilt, dass er die Unterhaltsfestsetzung hinsichtlich der Rückstände und des laufenden Monats September bis zum 30. September 2016 begehre.

Entsprechend ist vom Amtsgericht - Familiengericht - mit dem Beschluss vom 30. November 2016 ein Unterhaltsrückstand vom 1. September 2015 bis Ende August 2016 festgesetzt worden. Eine Verpflichtung zur Leistung von 100 % des Mindestunterhalts abzüglich des Kindesgeldes für den Monat September 2016 ist daneben festgesetzt worden.

Der Beschluss ist dem Antragsgegner am 14. Dezember 2016 zugestellt worden.

Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde vom 10. Januar 2017, die am 11. Januar 2017 beim Amtsgericht - Familiengericht - eingegangen ist.

Der Antragsgegner beantragt,

den Beschluss aufzuheben und den Antrag zurückzuweisen.

Er macht geltend, dass die Festsetzung des Unterhalts im vereinfachten Verfahren unzulässig sei, weil ausschließlich rückständiger Unterhalt festgesetzt worden sei. Im Übrigen sei der Festsetzungsantrag auch unbegründet, weil er Gründe gemäß § 252 Abs. 2 FamFG geltend machen könne. Insofern wird insgesamt auf den Inhalt der Beschwerdeschrift vom 10. Januar 2017 Bezug genommen.

Der Senat hat mit Beschluss vom 3. Februar 2017 darauf hingewiesen, dass die Durchführung eines vereinfachten Unterhaltsverfahrens für insgesamt unzulässig gehalten werde, weil der Antragsgegner mit der Kindesmutter und dem Kind seit dem 1. Oktober 2016 wieder in häuslicher Gemeinschaft lebe. Insofern sei eine Verfahrensvoraussetzung nach § 249 Abs. 1 FamFG nicht mehr gegeben.

Hierzu hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 14. Februar 2017 unter Hinweis auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln vom 23. Januar 2015 (Aktenzeichen 4 UF 142/14) Stellung genommen.

II. Die Beschwerde des Antragsgegners ist gemäß § 256 FamFG zulässig und begründet. Das vereinfachte Unterhaltsverfahren ist insgesamt unzulässig, da eine Verfahrensvoraussetzung gemäß § 249 Abs. 1 FamFG insofern fehlt, als das minderjährige Kind zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Festsetzungsantrag mit dem in Anspruch genommenen Elternteil in einem Haushalt lebt.

Die Frage, ob ein Zusammenzug des in Anspruch genommenen Elternteils mit dem minderjährigen Kind nach Verfahrensbeginn dazu führt, dass das vereinfachte Unterhaltsverfahren insgesamt unzulässig wird oder nur hinsichtlich der Unterhaltsansprüche ab dem Zeitpunkt des Zusammenzugs, wird nicht einheitlich in der Rechtsprechung bewertet.

Einer Rechtsmeinung zu Folge, der sich der Senat anschließt, ist das vereinfachte Verfahren im Fall des Obhutswechsels insgesamt unzulässig (OLG Celle, Beschluss vom 10. Februar 2013, 15 WF 20/03; Büte, FUR 2012, 585 ff., 586; Giers in Keidel FamFG Kommentar, 18. Aufl. § 249 Rn. 11, nunmehr auch Lorenz in Zöller, ZPO, 31. Aufl., § 249 FamFG, Rn. 3).

Nach einer anderen Ansicht wird das Verfahren erst mit Wirkung ab dem Einzug in den Haushalt des in Anspruch genommenen Elternteils unzulässig, während es für den Zeitraum davor zulässig bleibt, so dass der Mindestunterhalt im vereinfachten Verfahren für den Zeitraum bis zum Obhutswechsel festgesetzt werden kann (Kammergericht, Beschluss vom 11. Juni 2009, 16 WF 383/08; Macco in Münchener Kommentar zum FamFG, 2. Aufl. 2013 § 249 Rn. 17; Thomas/Putzow/Hüßtege § 249...

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