Verfahrensgang
AG Norderstedt (Entscheidung vom 28.06.2010) |
Tenor
1. Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mitsamt den insoweit zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts Norderstedt zurückverwiesen.
2. Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde als unbegründet im Sinne der §§ 79 Abs. 3 OWiG, 349 Abs. 2 StPO verworfen.
Gründe
1. Die gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 und 2 OWiG statthafte und in zulässiger Form eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde hat hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruches vorläufig auch Erfolg.
Die Staatsanwaltschaft bei dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht hat in ihrer Zuschrift vom 26. November 2010 zutreffend ausgeführt:
"Die Urteilsfeststellungen tragen die Verhängung einer Geldbuße von 320,00 € wegen vorsätzlicher Geschwindigkeitsüberschreitung gemäß §§ 41 Abs. 1, 49 StVO i. V. m. § 24 StVG nicht.
Zwar sind die Ausführungen des Gerichts zum Schuldspruch, insbesondere zu einem vorsätzlichen Handeln des Betroffenen, nicht zu beanstanden.
Jedoch hat das Amtsgericht entgegen § 17 Abs. 3 Satz 2, 1. Halbsatz OWiG keine Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen getroffen. Danach hat der Tatrichter bei der Bemessung der Geldbußenhöhe grundsätzlich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen aufzuklären, soweit es sich nicht um geringfügige Ordnungswidrigkeiten im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbsatz OWiG handelt.
Zumindest bei der Verhängung einer Geldbuße von mehr als 250,00 € besteht eine Verpflichtung des Gerichts zur Aufklärung der Vermögensverhältnisse des Betroffenen. Dabei sind außergewöhnlich schlechte oder gute wirtschaftliche Verhältnisse in die Zumessungserwägungen aufzunehmen (Göhler, § 17 Rdnr. 29; OLG Zweibrücken, NZV 1999, 219 m. w. N.; OLG Hamburg NJW 2004, 1813 m. w. N.). Bei Bestimmung einer Geldbuße in einer solchen Höhe muss daher aus dem Urteil ersichtlich sein, ob der Betroffene in außergewöhnlich guten oder schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt. Dazu sind - auch wegen der im Bußgeldverfahren grundsätzlich herabgesetzten Anforderungen an die Urteilsgründe - nicht notwendigerweise das konkrete Einkommen und Vermögen des Betroffenen festzustellen. Sofern das Gericht jedoch von durchschnittlichen Einkommensverhältnissen ausgehen will, sind zumindest Feststellungen zum Beruf, zum Eigentums- und Wertverhältnis betreffend das bei der Verkehrstat verwendete Fahrzeug oder sonstigen Anzeichen des sozialen Status und die Mitteilung der zugehörigen Beweiswürdigung unverzichtbar (OLG Hamburg, NJW 2004, 1813).
Auch im Hinblick auf die Anordnung eines Fahrverbots leidet das Urteil an einem sachlich-rechtlichem Mangel. Das Gericht hat dazu lediglich ausgeführt, dass das Regelfahrverbot gemäß § 25 StVG wegen eines groben Verstoßes des Betroffenen gegen seine Pflichten als Kraftfahrer festgesetzt worden sei, da nicht erkennbar sei, dass der Betroffene durch das Fahrverbot unangemessen benachteiligt werde.
Daraus lässt sich lediglich erkennen, dass das Amtsgericht die Frage geprüft hat, ob wegen Vorliegens einer außergewöhnlichen Härte von der Verhängung eines Fahrverbots abgesehen werden könnte. Jedoch wird dadurch nicht deutlich, ob sich das Amtsgericht bei der Begründung der Verhängung des Fahrverbots auch mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob nicht von der Verhängung eines Fahrverbots bei gleichzeitiger Erhöhung der festgesetzten Geldbuße abgesehen werden konnte, weil bei diesem Betroffenen der mit dem Fahrverbot erstrebte Besinnungs- und Erziehungseffekt auch auf eine solche Weise erreicht werden kann.
Zwar ist das Gericht bei Vorliegen eines Regelfalls nach der Bußgeldkatalog-Verordnung, wenn keine durchgreifenden Anhaltspunkte für ein Abweichen erkennbar sind, von der Verpflichtung enthoben, die grundsätzliche Angemessenheit der Verhängung eines Fahrverbots besonders zu begründen. Der Tatrichter muss sich jedoch der Möglichkeit, von der Verhängung eines Fahrverbots unter gleichzeitiger Erhöhung der Geldbuße gegebenenfalls absehen zu können, bewusst gewesen sein und dies in den Entscheidungsgründen grundsätzlich erkennen lassen (OLG Hamm, NJW 2004, 172)."
Ergänzend ist auf die grundlegende Entscheidung des OLG Schleswig vom 27. November 2008 - 1 Ss OWi 110/08 (149/08), SchlHA 2009, S. 250, 251) - hinzuweisen.
2. Im Übrigen ist die Rechtsbeschwerde unbegründet i. S. d. §§ 79 Abs. 3 OWiG, 349 Abs. 2 StPO.
Fundstellen