Entscheidungsstichwort (Thema)

Notwendigkeit einer Ergänzungspflegschaft trotz Testamentsvollstreckung im Falle des § 1638 Abs. 1 BGB. Testamentsvollstreckung. Notwendigkeit einer Ergänzungspflegschaft

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Notwendigkeit einer Ergänzungspflegschaft, wenn der Erblasser den Eltern der Erben die Vermögensverwaltung nach § 1638 Abs. 1 BGB entzogen und angeordnet hat, dass einem Testamentsvollstrecker auch die Vermögenssorge obliegen soll.

 

Normenkette

BGB §§ 1638, 1778, 181

 

Verfahrensgang

AG Norderstedt (Beschluss vom 14.08.2006; Aktenzeichen 51 F 146/06 + 32 VIII 6402)

 

Tenor

Die Beschwerde der Kindesmutter B gegen den Beschluss des AG - FamG - Norderstedt vom 14.8.2006 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Wirkungskreis der Ergänzungspflegschaft wie folgt bestimmt wird:

Wahrnehmung der Vermögenssorge für das Kind A, geboren am 29.9.1997, soweit diese das Miterbe des Kindes nach dem Tode des Herrn C, verstorben am 21.4.2006 in Z/Schweiz betrifft.

Die Beschwerde der Frau B gegen den Beschluss des AG - Vormundschaftsgericht - Norderstedt vom 6.9.2006 wird verworfen.

Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 3000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

1. Der am 21.4.2006 in Zürich verstorbene Erblasser C hat testamentarisch seine Enkelsöhne A, geboren am 29.9.1997, und D, geboren am 27.8.2002, zu gleichen Teilen als Erben eingesetzt, die Testamentsvollstreckung angeordnet, den Rechtsanwalt E zum Testamentsvollstrecker bestimmt, die Eltern der zu Erben eingesetzten Enkelkinder im Hinblick auf den Nachlass von der Vermögenssorge ausgeschlossen und verfügt, dass die alleinige Vermögenssorge dem Testamentsvollstrecker obliegen soll (§ 5 des notariellen Testaments vom 10.6.2004, Urkundenrolle Nr. 1326/2004 H des Notars F, nicht berührt durch die Änderung im notariellen Testament vom 20.4.2006, Urkundenrolle Nr. 747/2006 des Notars F).

Das AG - FamG - Norderstedt hat durch Beschluss vom 14.8.2006 eine Ergänzungspflegschaft für A angeordnet mit dem Wirkungskreis: "Verwaltung des Vermögens, das der Minderjährige von Todes wegen nach dem Erblasser C (verst. 21.4.2006) erhalten hat, da dieser die Eltern durch Testament von der Vermögenssorge ausgeschlossen hat". Durch Beschluss vom 6.9.2006 hat das AG - Vormundschaftsgericht - Norderstedt die Rechtsanwältin G zur Ergänzungspflegerin bestellt. Gegen die Pflegerauswahl haben die Beschwerdeführerin und der Testamentsvollstrecker Beschwerde eingelegt. Das LG Kiel hat mit Beschluss vom 26.1.2007 (3 T 369 und 441/06) das dortige Beschwerdeverfahren bis zur Entscheidung über die Beschwerde der Frau B, der Mutter des Miterben A, durch den Senat ausgesetzt.

Die Kindesmutter wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Beschlüsse vom 14.8.2006 und vom 6.9.2006. Sie trägt vor, es bestehe, weil Rechtsanwalt E zum Testamentsvollstrecker mit dem Recht zur alleinigen Vermögenssorge ernannt worden sei, kein Bedürfnis für die Anordnung einer Pflegschaft. Die Bestellung von Rechtsanwältin G zur Ergänzungspflegerin widerspreche dem Willen des Erblassers.

Sie beantragt, den Beschluss vom 14.8.2006 aufzuheben, hilfsweise, den Beschluss vom 6.9.2006 dahingehend abzuändern, dass Herr Rechtsanwalt E, Neuer Wall 86, 20318 Hamburg, als Ergänzungspfleger mit dem Aufgabenkreis aus dem Beschluss des FamG vom 14.8.2006 bestellt wird, hilfsweise, den Beschluss vom 6.9.2006 dahingehend abzuändern, dass Herr Rechtsanwalt H als Ergänzungspfleger für A bestellt wird.

Der Testamentsvollstrecker unterstützt die Beschwerde und ist der Auffassung, es bestehe kein Grund, ihn nicht zugleich zum Ergänzungspfleger zu bestellen; die Belange der Erben seien dadurch gewahrt, dass er den Eltern Auskunft erteile und Rechenschaft lege. Es würde dem Willen des Erblassers widersprechen, einen Ergänzungspfleger einzusetzen, der nicht mit den Testamentsvollstreckerpersonen identisch wäre. Ein Interessenkonflikt drohe nicht, denn er verwalte den Nachlass treuhänderisch für die Erben.

2. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

a) Die Beschwerde, soweit sie sich gegen den Beschluss vom 14.8.2006 richtet, den das AG als FamG erlassen hat, ist zulässig: Für Beschwerden gegen Entscheidungen der FamG eröffnet § 119 Abs. 1 Nr. 1a GVG den Rechtsweg zum OLG. Für die Bejahung einer Beschwer der Beschwerdeführerin reicht deren Behauptung, es habe eine Ergänzungspflegschaft gar nicht eingerichtet werden dürfen, nachdem durch den Erblasser bestimmt worden sei, die Vermögenssorge solle dem Testamentsvollstrecker obliegen. Die Beschwerdeführerin trägt damit vor, es sei auf rechtswidrige Weise in ihr Sorgerecht eingegriffen worden. Rechtswidrige Beschränkungen der elterlichen Sorge aber beschweren einen Sorgerechtsinhaber selbst dann, wenn das Sorgerecht aus anderen Gründen mit ähnlicher Wirkung wie derjenigen der rechtswidrigen Maßnahme eingeschränkt bzw. einzuschränken wäre (vgl. BayObLG FamRZ 1989, 1342 f.).

Die Beschwerde ist jedoch ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?