Verfahrensgang
LG Kiel (Aktenzeichen 5 O 163/18) |
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beschwerdeführer je zur Hälfte.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
Dass das Landgericht im Termin vom 13. Mai 2020 (nach Ausschluss der Öffentlichkeit gemäß § 172 Nr. 2 GVG) die anwesende Rechtsanwältin Kathrein K1 und den anwesenden Kläger im Hinblick auf die in der Liste BLD 34 dunkelgrau markierten bzw. in der Anlage zum Protokoll rot markierten Unterlagen unter Hinweis auf die Strafbewehrung eines Verstoßes gegen diese Anordnung gemäß § 353d Nr. 2 StGB zur Verschwiegenheit verpflichtet hat, ist nicht zu beanstanden, § 174 Abs. 3 GVG.
Nach dieser Vorschrift kann, wenn die Öffentlichkeit wegen Gefährdung der Staatssicherheit oder aus den in §§ 171b und 172 Nr. 2 und 3 GVG bezeichneten Gründen ausgeschlossen ist, das Gericht den anwesenden Personen die Geheimhaltung von Tatsachen, die durch die Verhandlung oder durch ein die Sache betreffendes amtliches Schriftstück zu ihrer Kenntnis gelangen, zur Pflicht machen.
Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor, und die Art und Weise, in der das Landgericht sie in dem konkreten Fall umgesetzt hat, ist nicht zu beanstanden.
1. Die Anwendung des § 174 Abs. 3 GVG kommt u. a. dann in Betracht, wenn Gegenstand des Verfahrens Tatsachen sind, die wichtige Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse sind, durch deren öffentliche Erörterung überwiegende schutzwürdige Interessen verletzt würden (§ 172 Nr. 2 GVG). Dann sind als prozessuale Maßnahmen der Ausschluss der Öffentlichkeit und hernach die Verpflichtung der Prozessbeteiligten zur Geheimhaltung in Betracht zu ziehen (vgl. BGH, Beschluss vom 19. November 2008, VIII ZR 138/07 Rn. 47).
Bei den in Rede stehenden Kalkulationsunterlagen handelt es sich, was auch die Beschwerde nicht in Zweifel zieht, um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Das sind alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat (vgl. zu dieser, der allgemeinen Ansicht entsprechenden Definition nur BGH, Urteil vom 9. Dezember 2015, IV ZR 272/15, Rn. 14 m.w.N). Zu derartigen Geheimnissen gehören u. a. auch Kalkulationsunterlagen (BGH, ebd. in Bezug auf eben solche krankenversicherungstariflichen Unterlagen, wie sie auch hier in Rede stehen).
2. In Ansehung der Nichtverbreitung des Inhalts dieser Unterlagen besteht auf Seiten der Beklagten auch ein schutzwürdiges Interesse.
a) Kalkulatorische Unterlagen sind Betriebsinterna, aus denen sich Einsichten in die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens und in seine Preisbildungsmechanismen gewinnen lassen. Kein Unternehmen muss hinnehmen, dass solche Unterlagen öffentlich verbreitet werden. Schon der - zwingend vorausgehende - Ausschluss der Öffentlichkeit, der beliebige Dritte und damit etwa auch ggf. andere anwesende Versicherungsnehmer mit einer ähnlichen Problematik betrifft, zeigt, dass es keineswegs, wie aber die Beschwerde (S. 4, Bl. 335) will, nur um einen Schutz gegen die unmittelbare Kenntnisnahme durch Wettbewerber geht.
b) Die Schutzwürdigkeit lässt sich auch nicht damit infrage stellen, dass, wie die Beschwerdeführer behaupten, "den Klägervertretern" - den Kläger betrifft das ohnehin nicht - die streitgegenständlichen Unterlagen bereits aus Parallelverfahren bekannt seien, in denen sie ihnen ohne eine Verpflichtung auf Geheimhaltung überlassen worden sind.
aa) Dem Schutz der Geheimnisse steht nicht entgegen, dass sie behauptetermaßen, sei es erlaubt oder unerlaubt, einem beschränkten Personenkreis schon bekannt geworden sind (vgl. Kissel/Mayer, GVG, Kommentar, 9. Auflage, § 172 Rn. 40 m.w.N.). Damit allein verlieren sie nicht schon ihren Charakter als Geheimnisse als solche (ebenso OLG Frankfurt, Beschluss vom 19. Dezember 2019,12 W 54/19, Rn. 22).
Insoweit hat sich die Beklagte, anders als die Beschwerde (S. 3, Bl. 334) will, durch die behauptete Vorlage der gleichen Unterlagen in anderen Verfahren ihres Rechts auf Geheimschutz auch nicht etwa "begeben". Ungeachtet einer etwa "ungeschützten" Bekanntgabe an die Klägervertreter und die von diesen vertretenen Versicherungsnehmern hat sie ein legitimes Interesse daran, dass der Inhalt der Unterlagen nicht weiter verbreitet wird; und dem entspricht es, die Geheimhaltung anzuordnen. Für die Beschwerdeführer spricht dementsprechend auch nicht etwa die von der Beschwerde in Bezug genommenen Entscheidung des BGH, Beschluss vom 14. Januar 2020 (X ZR 33/19, Rn. 19), die die gänzlich andere und sich auch nur inter partes stellende Frage des - im Übrigen: versagten - Rechts einer Partei nach § 299 ZPO zur Einsicht in Unterlagen betraf, die der Gegner ihr geschwärzt und nur dem Gericht ungeschwärzt überlassen hatte.
bb) Ein frei-beliebiges Verf...