Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzung der Vergütung einer Verfahrenspflegerin nach dem RVG
Leitsatz (amtlich)
Ist eine Rechtsanwältin als Verfahrenspflegerin bestellt worden, darf sie sich auf die bei ihrer Bestellung getroffene Feststellung des Familienrichters verlassen, ihre in Anspruch genommene Tätigkeit sei als anwaltliche Tätigkeit zu werten. Sie kann dann Vergütung nach dem RVG verlangen.
Normenkette
BGB § 1835; FGG §§ 50, 67a; RVG § 1 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Neumünster (Beschluss vom 12.03.2008; Aktenzeichen 48 F 353/06, 48 F 127/06) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Verfahrenspflegerin wird der Beschluss vom 12.3.2008, durch den der Vergütungsfestsetzungsantrag vom 18.2.2008 zurückgewiesen worden ist, aufgehoben.
Das Verfahren über die Festsetzung wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das AG - FamG - zurückverwiesen.
Gründe
I. Die Beschwerdeführerin ist durch Beschluss des AG - FamG - Flensburg vom 30.8.2007 in dem später an das AG - FamG - Neumünster abgegebenen Verfahren mit dem damaligen Az. 93 F 253/07 SO EA I zur Verfahrenspflegerin für die Kinder der Parteien bestellt worden, und zwar "mit der Maßgabe, dass ihre Tätigkeit anwaltsspezifisch" sei.
Durch den angefochtenen Beschluss vom 12.3.2008 ist unter den Az. 48 F 353/06 und 48 F 127/06 der auf eine Vergütung nach dem RVG gerichtete Antrag der Beschwerdeführerin vom 18.2.2008 zurückgewiesen worden. Zur Begründung ist ausgeführt worden, eine Abrechnung nach dem RVG sei als Verfahrenspflegerin nicht möglich. § 50 Abs. 5 FGG verweise auf § 67a FGG. § 67a FGG verweise ausdrücklich nur auf § 1835 Abs. 1 und 2 BGB und nicht auf § 1835 Abs. 3 BGB. Es könne nur nach den §§ 1 bis 3 des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetzes abgerechnet werden.
Gegen den ihr am 18.3.2008 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin am 22.3.2008 Beschwerde eingelegt.
Die Beschwerdeführerin meint, aufgrund der Rechtsprechung des BVerfG könne auch für Verfahrenspfleger eine Vergütung nach anwaltlichem Gebührenrecht in Betracht kommen, was nach den Vorgaben des BVerfG hier im Bestellungsbeschluss festgestellt worden sei.
Die Staatskasse hat durch den Bezirksrevisor bei dem LG Kiel Stellung genommen und meint, die pauschale Formulierung in dem Bestellungsbeschluss reiche nicht aus, um die gesamte von der Beschwerdeführerin erbrachte Tätigkeit nach dem RVG abrechnen zu können. Die Beschwerdeführerin müsse die von ihr erbrachte anwaltsspezifische Tätigkeit konkret angeben. Der Inhalt des in dem Sorgerechtsverfahren erstellten Berichts der Beschwerdeführerin zeige jedoch, dass anwaltsspezifische Tätigkeit nicht erbracht worden sei.
II. Die gem. §§ 50 Abs. 5, 67a Abs. 5 S. 2, 56g Abs. 5, 22 Abs. 1 FGG zulässige (sofortige) Beschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung des Antrags der Beschwerdeführerin zur erneuten Entscheidung.
1. Der Beschwerdeführerin steht aufgrund des Bestellungsbeschlusses vom 30.8.2007 ein Anspruch auf eine Vergütung nach dem RVG zu.
a) Der Pfleger für das Verfahren in den Fällen des § 50 FGG kann einerseits Ersatz seiner Aufwendungen gem. §§ 67a Abs. 1 S. 1 FGG, 1835 Abs. 1 bis 2 BGB erhalten; andererseits erhält er bei berufsmäßiger Führung der Pflegschaft gem. § 67a Abs. 2 S. 2 FGG neben den Aufwendungen eine Vergütung in entsprechender Anwendung der §§ 1 bis 3 Abs. 1 und 2 des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetzes (VBVG). Beides ist stets aus der Staatskasse zu zahlen (§ 67a Abs. 5 S. 1 FGG).
b) Auch Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die Verfahrenspflegschaften nach § 50 FGG übernommen haben, sind danach grundsätzlich auf eine Vergütung nach jenen Vorschriften zu verweisen, zumal das RVG für eine Tätigkeit als Verfahrenspfleger nicht gilt (§ 1 Abs. 2 S. 1 RVG). Allerdings bleibt nach § 1 Abs. 2 S. 2 RVG § 1835 Abs. 3 BGB unberührt; nach dieser Vorschrift gelten als Aufwendungen des Vormundes oder Gegenvormundes auch solche Dienste, die zu seinem Gewerbe oder seinem Beruf gehören.
Zwar betreffen die §§ 1 Abs. 1 S. 2 RVG, 1835 Abs. 3 BGB nur den Vormund, und der für die Entschädigung der Verfahrenspfleger einschlägige § 67a FGG enthält eine Verweisung auf den Abs. 3 des § 1835 BGB auch nicht. Schon unter der Geltung der BRAGO, die in § 1 Abs. 2 eine mit § 1 Abs. 2 RVG identische Aufzählung enthielt, war aber anerkannt, dass § 1835 BGB auf weitere in § 1 Abs. 2 BRAGO genannte mögliche Einsatzbereiche von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten anzuwenden sei, wie etwa den Insolvenzverwalter, den Nachlassverwalter, den Testamentsvollstrecker oder den Liquidator (vgl. die Hinweise in BVerfG FamRZ 2000, 1280, und FamRZ 2000, 1284, jeweils m.w.N.).
Das BVerfG hat dazu festgestellt, eine verfassungskonforme Auslegung verlange, dass auch Verfahrenspflegern, die Rechtsanwälte sind, nicht jede Liquidation nach der BRAGO unmöglich gemacht werde. Denn ein Verfahrenspfleger könne - wie die übrigen in § 1 Abs. 2 S. 2 BRAGO Genannten - für den Betroffenen Dienste erbri...