Entscheidungsstichwort (Thema)
Beweis des Zugangs eines wettbewerbsrechtlichen Abmahnschreibens
Leitsatz (amtlich)
Auch für ein Abmahnschreiben im Wettbewerbsrecht gilt der Grundsatz, dass der Zugang des vollen Beweises bedarf und dafür der Beweis der Absendung nicht ausreicht. Die Vorlage des Sendeberichts des eigenen Fax-Gerätes genügt für die Beweisführung nicht, insoweit gilt kein Anscheinsbeweis für den Zugang der per Fax versandten Schrift.
Normenkette
BGB § 130
Verfahrensgang
LG Flensburg (Beschluss vom 27.03.2007; Aktenzeichen 6 O 140/06) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 27.3.2007 wird der Kostenbeschluss der Kammer für Handelssachen des LG Flensburg vom 21.3.2007 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger nach einem Gegenstandswert von 4.094 EUR.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist begründet.
Das LG hat nach der Klagerücknahme des Klägers gem. § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt, weil es unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes die Behauptung der Beklagten, die Abmahnung vom 21.9.2006 nicht erhalten zu haben, als Schutzbehauptung gewertet hat. Nach den weiteren Gründen im angegriffenen Beschluss entspreche es billigem Ermessen, der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Auf den Inhalt des Beschlusses vom 21.3.2007 und den Nichtabhilfebeschluss vom 29.3.2007 wird Bezug genommen.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Beschwerde. Sie führt aus, dass weder auf normalem Postwege, noch per Telefax das vorgetragene Abmahnschreiben zu ihr gelangt sei. Die von der Mitarbeiterin des Klägers abgegebene Eidesstattliche Versicherung stelle kein Beweismittel dar. Eine insofern für den Beweis erforderliche Zeugenaussage werde durch die Eidesstattliche Versicherung nicht ersetzt. Zudem sei nicht nachvollziehbar, dass die Mitarbeiterin im Rahmen der Eidesstattlichen Versicherung Monate später noch eine konkrete Erinnerung daran gehabt haben wolle, dass gerade das hier maßgebliche Abmahnschreiben, wie von ihr dargestellt, bearbeitet worden sei. Allenfalls wäre zudem die Absendung des Mahnschreibens an sie als bewiesen anzusehen, nicht jedoch der Zugang. Dies gelte sowohl für Postsendungen auf dem einfachen Postweg, wie auch für übermittelte Willenserklärungen per Telefax. Es sei nicht nachvollziehbar, dass bei der vom Kläger geltend gemachten Vorgehensweise ein Indiz gegeben sei, dass in jedem Fall bei ihr das Abmahnschreiben angekommen sei. Zudem sei nicht nachvollziehbar, weshalb sie nach dem geltend gemachten Eingang des Abmahnschreibens nicht unverzüglich von ihrer Unterlassungserklärung ggü. der M-GmbH vom 29.8.2006 Mitteilung gemacht haben sollte. Dies wäre ihr ein leichtes gewesen, um von vornherein einen Rechtsstreit zu verhindern.
Wegen des weitergehenden Vorbringens der Beklagten wird auf den Inhalt der Beschwerdeschrift vom 29.3.2007 Bezug genommen.
Der Senat folgt der Rechtsprechung des BGH, wonach der Zugang einer Willenserklärung des vollen Beweises bedarf, der nicht schon damit erbracht ist, dass die Absendung bewiesen ist (vgl. BGH v. 24.4.1996 - VIII ZR 150/95, MDR 1997, 38 = NJW 1996, 2033, 2035). Diese Grundsätze gelten auch im Wettbewerbsrecht für ein Abmahnschreiben. Der Rechtsauffassung, dass der abgemahnte Schuldner das Verlustrisiko auf dem Postwege trage und die Beweislast übernehme, dass eine Abmahnung ihn nicht erreicht habe, folgt der Senat nicht (vgl. Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm Wettbewerbsrecht, 24. Aufl., § 12 UWG Rz. 1.31m. w. Nachweisen). Die Erwägung, dass es sich bei der Abmahnung letztlich um eine "Wohltat für den Schuldner" handele, der auf diese Weise Gelegenheit erhalte, die wettbewerbsrechtliche Konfliktsituation kostengünstiger beizulegen, überzeugt nicht. Der maßgebliche Umstand für die Verteilung der Kostenlast liegt gerade in der Beantwortung der Frage, ob ein Abmahnschreiben die Beklagte erreicht hat oder nicht. Nur dann, wenn von dem Zugang eines Abmahnschreibens auszugehen ist, entspricht es dem billigen Ermessen, der Beklagten wegen ihrer Veranlassung zur Klageerhebung die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Von Anfang an hat die Beklagte vorgetragen, dass geltend gemachte Abmahnschreiben vom 21.9.2006 nicht erhalten zu haben. Ein Strengbeweis seitens des beweispflichtigen Klägers für den Zugang des Abmahnschreibens ist nicht erbracht worden. Insofern ist der Rechtsauffassung der Beklagten, dass die nach Klagerücknahme eingereichte Eidesstattliche Versicherung der Mitarbeiterin A. nicht einer Zeugenaussage gleichzusetzen ist, zutreffend. Das Vorbringen des Klägers hinsichtlich der Versendung des Abmahnschreibens auf dem schlichten Postweg, wie auch der Vortrag dazu, wie die Mitarbeiterin A. das Telefaxgerät des Klägers bediente, als zutreffend unterstellt, ergibt sich keine Beweislage dahingehend, den Zugang des Abmahnschreibens bei der Beklagten als nach den Maßstäben d...