Leitsatz (amtlich)
Der Zeitraum von 8 Jahren ist grundsätzlich geeignet, die zeitlichen Voraussetzungen des Verwirkungseinwandes zu erfüllen (Errichtung von Werbeschildern auf dem Wall einer Wohnungseingentumsanlage).
Normenkette
BGB §§ 242, 1004 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Flensburg (Beschluss vom 23.02.2004; Aktenzeichen 5 T 467/02) |
AG Niebüll (Aktenzeichen 9-II 54/02) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten zu 1) haben die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Geschäftswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde beträgt 6.000 EUR.
Gründe
Die Beteiligten zu 1), Wohnungseigentümer, haben beantragt, die Beteiligte zu 2) als weitere Wohnungseigentümerin zu verpflichten, die auf dem gemeinschaftlichen Grundstück der eingangs genannten Anlage an der südwestlichen Ecke zur Straßenecke K.-Weg/H.-straße errichtete Schildanlage, bestehend aus vier Pfosten mit zwei großflächigen Schildflächen und zwei Hinweisschildern (Pfeilen) zu entfernen. Dem ist das AG nur hinsichtlich der Hinweisschilder nachgekommen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 1) hat das LG zurückgewiesen und auf die Anschlussbeschwerde der Beteiligten zu 2) den Beschluss des AG geändert und den Antrag der Beteiligten zu 1) auch hinsichtlich der Hinweisschilder abgewiesen. Gegen den Beschluss des LG, auf den zur weiteren Sachdarstellung Bezug genommen wird (Bl. 220 bis 223 d.A.), richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1).
Das nach §§ 45 Abs. 1, 27, 29 FGG zulässige Rechtsmittel ist unbegründet. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts (§§ 27 FGG, 546 ZPO). Die Auffassung des LG, ein - unterstellter - Beseitigungsanspruch der Beteiligten zu 1) aus § 1004 Abs. 1 BGB sei nach § 242 BGB verwirkt, hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
Das "Zeitmoment" der Verwirkung ist erfüllt. Der Senat ist an die Feststellung des LG, die Werbeschildanlage der Beteiligten zu 2) einschließlich der gelb grundierten Pfeile habe sich zumindest seit 1994 in der jetzigen Beschaffenheit am jetzigen Standort befunden, gebunden. Das LG hat den Sachverhalt ausreichend ermittelt (§ 12 FGG) und bei der Beweiswürdigung alle wesentlichen Umstände berücksichtigt (§ 25 FGG) sowie nicht gegen Verfahrensvorschriften und Beweisregeln verstoßen (vgl. zum Umfang der Nachprüfung Keidel/Meyer/Holz, FGG, 15. Aufl., § 27 Rz. 42). Insbesondere hat es sich mit der schriftlichen Erklärung der Zeugin A. vom 26.2.2003, mit deren Verwertung sich die Beteiligten einverstanden erklärt haben, und mit dem Foto vom 7.1.1994 (Fotokopie Bl. 191 d.A.) nachvollziehbar auseinandergesetzt. Mit der weiteren Beschwerde kann nicht geltend gemacht werden, dass die möglichen Folgerungen des LG nicht zwingend seien oder andere Schlussfolgerungen ebenso nahe oder noch näher lägen (Keidel/Meyer/Holz, FGG, 15. Aufl., § 27 Rz. 42). Dem Antrag der Beteiligten zu 1) im Schriftsatz vom 19.9.2002, Beteiligte als Zeugen zu vernehmen, brauchten und durften Amts- und LG nicht nachgehen, denn Beteiligte eines Wohnungseigentumsverfahrens können darin nicht Zeugen sein. Die benannten Beteiligten sind schriftlich oder mündlich angehört worden. Den Zeugen W. hat das LG am 26.9.2003 vernommen. Bis zur erstmaligen Geltendmachung des Beseitigungsanspruchs mit Antrag der Beteiligten zu 1) vom 25.6.2002 sind ca. 8 Jahre verstrichen. Bereits diese Spanne ist grundsätzlich geeignet, den zeitlichen Voraussetzungen des Verwirkungseinwandes zu genügen (vgl. KG v. 10.2.1997 - 24 W 6582/96, KGReport Berlin 1997, 73 = NJW-RR 1997, 713: 6 Jahre; v. 17.5.1989 - 24 W 6092/88, NJW-RR 1989, 976: 8 Jahre).
Auch das "Umstandsmoment" der Verwirkung ist gegeben. Über den bloßen Zeitablauf hinaus durfte sich die Beteiligte zu 2) nach dem Gesamtverhalten der Beteiligten zu 1) darauf einrichten, diese würden ihr Recht früher geltend machen, wenn sie mit der beanstandeten Maßnahme nicht einverstanden waren (zu dieser Voraussetzung vgl. OLG Karlsruhe WuM 1999, 594; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 22 Rz. 277). So haben die Wohnungseigentümer bereits in der Versammlung am 13.10.1984 durch unbeanstandeten Mehrheitsbeschluss der Beteiligten zu 2) genehmigt, auf dem Friesenwall an der Ecke H.-straße/K.-Weg - mithin an der vorliegend betroffenen Stelle - ein Gemeinschafts-Hinweisschild für die Geschäfte aufzustellen. Dem steht der Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer vom 18.10.1986, wonach ein gemeinschaftliches Werbeschild für die Gewerbebetriebe auf dem Friesenwall an der Seite der H.-straße abgelehnt wurde, nicht entgegen, denn dies ist offensichtlich ein anderer Ort. Ferner hat die Beteiligte zu 1) noch im Schreiben vom 2.8.2001 an die Beteiligte zu 4) aufgeführt, gegen eine schlichte Hinweistafel, wie z.B. die Beteiligte zu 2) ihre Werbung betreibe, sei nichts einzuwenden. Den Umständen nach war der Beteiligten zu 2) nicht bewusst, dass di...