Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablehnung der Aufnahme eines Insolvenzverwalters in die Vorauswahlliste wegen Fehlverhaltens
Leitsatz (amtlich)
1. Fehlverhalten eines Insolvenzverwalters in einem früheren Insolvenzverfahren kann die Nichtaufnahme in die Bewerberlisten nur dann rechtfertigen, wenn sich daraus generell die Befürchtung begründet, der Bewerber werde in Zukunft für jede denkbare Art von Insolvenzverwaltungen nie die Voraussetzungen für eine Auswahlentscheidung nach § 56 Abs. 1 InsO erfüllen können.
2. Soweit es um die nach Art. 12 GG gebotene faire Einbeziehung des Bewerbers in ein Vorauswahlverfahren geht, hat der Insolvenzrichter nur einen engen Ermessensspielraum.
Normenkette
GG Art. 12; InsO § 56
Verfahrensgang
AG Kiel (Beschluss vom 09.02.2006; Aktenzeichen 24/25 Gen.Liste Verwalter-45) |
Tenor
Auf den Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 14.3.2006 wird der Bescheid des AG Kiel vom 9.2.2006 aufgehoben.
Der Antragsteller ist antragsgemäß in die beim AG Kiel geführten Bewerberlisten für das Amt eines Insolvenzverwalters aufzunehmen.
Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei; Auslagen werden nicht erstattet.
Der Geschäftswert beträgt 5.000 EUR.
Gründe
I. Die Insolvenzrichterinnen des AG Kiel führen zwei Listen, in die die Bewerber für das Amt eines Insolvenzverwalters aufgenommen werden können. Die Liste I richtet sich an Bewerber, die bei der Vergabe von Verbraucherinsolvenzverfahren und von Regelinsolvenzverfahren für früher Selbständige ohne Vermögen berücksichtigt werden wollen. Die Liste II betrifft Bewerber, die bei der Vergabe von Insolvenzverfahren aller Art, also auch Regelinsolvenzverfahren für laufende Betriebe und ähnliche schwierige Regelinsolvenzverfahren tätig werden möchten. Die Aufnahme in diese Listen wird vorbereitet jeweils durch Fragebögen, die die Bewerber auszufüllen haben (vgl. Senatsbeschluss vom 28.2.2005, 12 VA 3/04, OLGReport Schleswig 2005, 491 = NJW 2005, 1664 f.; ZIP 2005, 1467 f.).
Der Antragsteller beantragt unter Einreichung der geforderten Unterlagen die Eintragung in die beim AG geführten Listen für die Bewerber um das Amt eines Insolvenzverwalters. Er ist seit über 25 Jahren als Konkurs- bzw. Insolvenzverwalter tätig und war bereits mit der Abwicklung diverser Großverfahren und übertragener Sanierungen - auch vom AG Kiel - betraut.
So ist der Antragsteller im Rahmen des am 1.3.1998 eröffneten Anschlusskonkursverfahrens über das Vermögen der A GmbH zum Konkursverwalter bestellt worden. Einzelne Produktbereiche der Gemeinschuldnerin wurden in eine neu gegründete Gesellschaft - B GmbH - ausgegliedert. Als auch diese Gesellschaft wiederum in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet, wurde der Produktionsbereich der B GmbH, nämlich die Herstellung von..., rückwirkend per 1.10.1999 ausgegliedert und auf die C übertragen. Die B GmbH sagte der C die Produktionsauslastung zu; bei der B GmbH verblieben die Geschäftsbereiche Entwicklung, Vertrieb, Service und Verwaltung. Da man die Liquiditätsengpässe bei der B GmbH nicht in den Griff bekam, schlug trotz der Mitwirkung des Antragstellers als Konkursverwalter über das Vermögen der A GmbH die Sanierung fehl. Über das Vermögen der B GmbH und der C GmbH wurde jeweils am 1.3.2000 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Antragsteller jeweils zum Insolvenzverwalter bestellt. Dem Ziel der Insolvenzordnung entsprechend - Fortführung und übertragende Sanierung - suchte der Antragsteller nach potentiellen Investoren für eine - zweite - übertragende Sanierung aus der Insolvenz heraus. Hierfür war es erforderlich, den Produktionsbetrieb zur Herstellung von... aufrechtzuerhalten. In Abstimmung mit den - personenidentischen - Gläubigerausschüssen beider Gesellschaften wurde am 1.3.2000 beschlossen, die Tätigkeit der B GmbH, nicht aber diejenige der C GmbH, fortzuführen. Letztere Gesellschaft verfügte ab 1.3.2000 nach den getroffenen Maßnahmen weder über Mitarbeiter noch über Betriebsvermögen noch über Firmenräume. Damit eine Sanierung für die B GmbH glücken konnte, musste der Antragsteller den Produktionsbetrieb aufrechterhalten. Hierzu war es insb. erforderlich, die schon vorhandenen Kundenaufträge abzuarbeiten, und zwar fristgerecht. Hätte die B GmbH das hierfür erforderliche Material, insb. die für die Produktion von... notwendigen Komponenten selbst bestellt, so hätte sie sich erst bei den entsprechenden Lieferanten "listen" lassen müssen, was einen erheblichen Zeitverzug bedeutet hätte. Im Gegensatz zur B GmbH war die C GmbH, der vorinsolvenzlich die Fertigung oblegen hatte, bei den einzelnen Lieferanten bereits gelistet und hatte eine entsprechende Kundennummer, was zukünftige Bestellungen schnell und einfach - und wegen der bisherigen Boni- und Skontiregelungen auch - vorteilhaft machte. Deshalb entschied der Antragsteller, die Materialbestellungen über die Konten der C GmbH für die B GmbH laufen zu lassen.
Im Anschluss an den Bericht eines eingeschalteten Sonderverwalters über die Problematik dieser Buchungen über die Konten der C GmbH fa...