Leitsatz (amtlich)

Bei noch nicht beschiedenem Ablehnungsgesuch gegen einen Sachverständigen beginnt die Frist zur Stellungnahme zu einem Sachverständigengutachten im selbstständigen Beweisverfahren erst mit Bescheidung des Ablehnungsgesuchs.

 

Normenkette

ZPO § 42 Abs. 2, §§ 397, 402, 406

 

Verfahrensgang

LG Lübeck (Aktenzeichen 4 OH 20/00)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Das LG wird angewiesen, von seinen Bedenken gegen den Antrag des Antragsgegners vom 4.12.2001 Abstand zu nehmen.

 

Gründe

Für die Beschwerde ist gem. § 26 Nr. 10 EGZPO das bis zum 31.12.2001 geltende Zivilprozessrecht anzuwenden.

Die Beschwerde ist gem. §§ 567 Abs. 1, 492 Abs. 1, 411 Abs. 4 S. 1 ZPO statthaft. Jedenfalls im selbstständigen Beweisverfahren können die Parteien ihren Anspruch auf mündliche Erläuterung eines eingeholten schriftlichen Sachverständigengutachtens im Beschwerdewege durchsetzen (OLG Düsseldorf v. 18.4.2000 – 22 W 10/00, NJW 2000, 3364; Stein/Jonas/Leipold, Kommentar zur ZPO, 21. Aufl., § 492 Rz. 4). Die Beschwerde ist auch begründet.

Einem entsprechenden Antrag hat das Gericht stattzugeben, weil den Parteien gem. § 402 i.V.m. § 397 ZPO ein Recht auf Befragung des Sachverständigen zusteht (Zöller/Greger, ZPO, 22. Aufl., § 411 Rz. 5a m.w.N.).

Zu Unrecht hat das LG den Antrag des Antragsgegners vom 4.12.2001 mit der Begründung abgelehnt, bei seinem Eingang bei Gericht sei das selbstständige Beweisverfahren bereits beendet gewesen.

Der Antragsgegner hat in seinem inzwischen rechtskräftig beschiedenen Ablehnungsgesuch vom 7.9.2001 erklärt, er lasse sich nicht zur Sache ein, um nicht mit seinem Antrag auf Ablehnung des Sachverständigen präkludiert zu werden. Folglich war klargestellt, dass der Antragsgegner noch beabsichtigte, zu dem Gutachten des Sachverständigen T. Stellung zu nehmen, falls sein Ablehnungsgesuch scheiterte. Der Antragsgegner durfte die Entscheidung über sein Ablehnungsgesuch abwarten (Stein/Jonas/Leipold, Kommentar zur ZPO, 21. Aufl., § 492 Rz. 3). Folglich begann für den Antragsgegner die angemessene Frist, innerhalb derer eine Stellungnahme zu einem schriftlichen Sachverständigengutachten in einem selbstständigen Beweisverfahren erwartet werden kann (dazu Zöller/Herget, ZPO, 22. Aufl., § 492 Rz. 4), mit Erhalt des Senatsbeschlusses vom 6.11.2001, also nicht vor dem 17.11.2001.

Dass sein Antrag vom 4.12.2001 zeitnah i.S.d. Rechtsprechung zu § 492 ZPO eingereicht worden ist, kann folglich nicht bezweifelt werden.

Dr. Chlosta Meinert Haack

 

Fundstellen

Haufe-Index 1109528

OLGR-BHS 2002, 351

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