Verfahrensgang
VK Schleswig-Holstein (Beschluss vom 02.12.2014; Aktenzeichen VK-SH 19/14) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss der Vergabekammer Schleswig-Holstein vom 02.12.2014 aufgehoben.
Der Beschwerdegegner wird verpflichtet, die Wertung der zu Los 1 der im Supplement zum Amtsblatt der EU vom 03.04.2014 bekannt gemachten Ausschreibung fristgerecht eingegangenen Angebote unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu wiederholen.
Der Beschwerdegegner und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer und des Beschwerdeverfahrens je zur Hälfte.
Gründe
I. Die Beschwerdeführerin und die Beigeladene bewerben sich um einen Auftrag des Beschwerdegegners zur Abfuhr von Rest- und Biomüll sowie von Pappe, Papier und Kartonagen (PPK). Der Beschwerdegegner schrieb den Auftrag Ende März 2014 im offenen Verfahren in vier Losen aus; streitgegenständlich ist vorliegend allein das Los 1.
Nach Ziff. III. 2.2 der Vergabebekanntmachung waren zum Nachweis der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit der Bieter für die letzten 3 Geschäftsjahre Erklärungen "über den Gesamtumsatz des Unternehmens mit ähnlichen Leistungen für jedes angebotene Los" gefordert. In Ziff. III. 2.3 lit. h (Nr. 1) wurde zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit u.a. eine "Eigenerklärung" (Referenz) verlangt, wonach der Bieter ähnliche Leistungen ("... im Kommunalauftrag") bereits durchgeführt hat, wobei der Auftragsgegenstand (Abfallart, Menge), der Auftraggeber und die Leistungszeit anzugeben waren. In der Leistungsbeschreibung - Ziff. 3.6.2 (7) - heißt es zur Abfuhr und Ladetechnik:
"Es steht dem AN frei, für die Abfuhr Hecklader, Seiten- oder Frontladerfahrzeuge mit oder ohne Wechselsystem einzusetzen. Er hat jedoch die Behälter einschl. Säcke aller drei Fraktionen mit derselben Ladetechnik abzufahren, damit die Behälter von den Benutzern einheitlich gestellt werden. Fahrzeuge mit 2-Kammer-Technik sind zugelassen."
Auf eine - allen Ausschreibungsteilnehmern zugängliche - Anfrage der Beschwerdeführerin vom 17.04.2014 hat der Beschwerdegegner in seinem "Bieterrundschreiben Nr. 1" vom 21.04.2014 geantwortet, eine "einheitliche Ladetechnik" sei "unverzichtbar".
Nach Ablauf der Angebotsfrist am 21.05.2014 lagen dem Beschwerdegegner vier Angebote für Los 1 vor; die Beigeladene gab für Los 1 das niedrigste Angebot (1.554.598,15 EUR) und die Beschwerdeführerin das zweitbeste Angebot (2.724.267,00 EUR) ab.
Zum Angebot der Beigeladenen erfragte der Beschwerdegegner im Rahmen einer Angebotsaufklärung den beabsichtigten Fahrzeugeinsatz und die vorgesehene Ladetechnik der Beigeladenen, die sowohl Fahrzeuge mit Seiten- als auch mit Hecklader einsetzen wollte. Die Beigeladene erklärte daraufhin, dass auch auf der Grundlage ihres Angebots von den Benutzern die Behälter für alle drei Abfallfraktionen einheitlich gestellt werden könnten.
Mit Schreiben vom 15.08.2014 teilte der Beschwerdegegner der Beschwerdeführerin mit, dass die Beauftragung der Beigeladenen beabsichtigt sei.
Die Beschwerdeführerin erhob dagegen - erfolglos - Vergaberügen und stellte am 06.10.2014 einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer.
Sie hat die Ansicht vertreten, das Angebot der Beigeladenen sei zwingend von der Vergabe auszuschließen, da diese keine Referenzen "im Kommunalauftrag" vorgelegt habe, sondern nur solche, die eine Tätigkeit als Subunternehmer belegten. Zudem habe die Beigeladene keine einheitliche Ladetechnik angeboten.
Der Beschwerdegegner hat entgegnet, die Beschwerdeführerin verstehe das Erfordernis einer Tätigkeit "im Kommunalauftrag" zu eng. Die Ausschreibung erfordere keinen einheitlichen Fahrzeugtyp, sondern nur eine einheitliche Ladetechnik, die von der Beigeladenen angeboten werde.
Die Beigeladene hat sich i. w. dem Vorbringen des Beschwerdegegners angeschlossen.
Mit Beschluss vom 02.12.2014 hat die Vergabekammer den Beschwerdegegner verpflichtet, das Vergabeverfahren in den Stand vor Versendung der Verdingungsunterlagen zurückzuversetzen. Der Nachprüfungsantrag sei zulässig und begründet, weil das Gebot einer eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung missachtet worden sei. Die in Ziff. 3.6.2 (7) der Vergabebekanntmachung verwendeten Begriffe "Ladetechnik" und "Ladefahrzeug" enthielten keine objektiv eindeutige Vorgabe; ein Angebotsausschluss könne darauf nicht gestützt werden. Ohne dass es für die Entscheidung noch darauf ankomme, sei anzumerken, dass auch im Bereich der Eignungsnachweise eindeutige Forderungen fehlten: Die Formulierung "im Kommunalauftrag" sei auslegungsbedürftig.
Gegen den am 04.12.2014 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin am 16.12.2014 sofortige Beschwerde eingelegt.
Sie ist der Ansicht, das Leistungsverzeichnis sei eindeutig; der Begriff "Ladetechnik" beziehe sich auf die Auswahl zwischen Heck-, Seiten- und Frontlader der zum Einsatz kommenden Fahrzeuge. Ein gemischter Einsatz dieser Techniken solle ausgeschlossen sein; etwaige Restunklarheiten seien ...