Leitsatz (amtlich)
1. Der Verfahrenswert eines Stufenantrages bemisst sich nach dem Wert des unbezifferten Leistungsanspruchs, für welchen die Vorstellungen des Antragstellers bei Einleitung des Verfahrens maßgeblich sind.
2. Dies gilt auch dann, wenn die spätere Bezifferung des Leistungsanspruchs hinter diesem Wert zurückbleibt oder wenn eine spätere Bezifferung des Leistungsanspruchs unterbleibt und das Verfahren in der Auskunftsstufe "steckenbleibt".
Normenkette
FamGKG §§ 34-35, 38, 51, 55
Verfahrensgang
AG Lübeck (Beschluss vom 01.04.2015; Aktenzeichen 120 F 109/12) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten zu 1) der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Lübeck vom 1.4.2015 wird der angefochtene Beschluss dahingehend geändert, dass der Verfahrenswert für die Folgesache Unterhalt auf 16.632 EUR festgesetzt wird.
II. Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten zu 1) der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Lübeck vom 10.2.2015 wird der angefochtene Beschluss dahingehend geändert, dass der Verfahrenswert für die Folgesache Güterrecht auf 45.000 EUR festgesetzt wird.
III. Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten zu 1) der Antragsgegnerin vom 6.5.2015 aus eigenem Recht gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Lübeck vom 1.4.2015, soweit mit diesem der Verfahrenswert für die Folgesache Unterhalt auf 1.000 EUR festgesetzt worden ist, ist gem. §§ 59 Abs. 1, 55 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 FamGKG, § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG zulässig.
Gleiches gilt für die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten zu 1) der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Lübeck vom 10.2.2015, soweit mit diesem der Verfahrenswert für die Folgesache Güterrecht auf 29.437,25 EUR festgesetzt worden ist.
Die Verfahrensbevollmächtigte zu 1) der Antragsgegnerin ist gem. § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG befugt, aus eigenem Recht Rechtsmittel gegen die Festsetzung des Verfahrenswertes einzulegen. Es liegt insoweit auch eine Beschwer der Verfahrensbevollmächtigten zu 1) der Antragsgegnerin vor, da sie geltend macht, der Verfahrenswert sei zu niedrig festgesetzt worden. Der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt jeweils 200 EUR. Auch die Beschwerdefrist von sechs Monaten ist eingehalten worden.
Die Beschwerden haben auch in der Sache Erfolg.
Die Folgesachen Unterhalt und Güterrecht sind jeweils durch einen Stufenantrag eingeleitet worden. Der Verfahrenswert eines Stufenantrages bestimmt sich nach § 38 FamGKG. Danach ist für die Wertberechnung der höchste der verbundenen Ansprüche maßgebend, mithin derjenige des unbezifferten Leistungsanspruchs. Nach § 34 FamGKG kommt es für die Wertberechnung auf den Zeitpunkt der Einreichung des Antrags an. Maßgeblich sind insoweit die Vorstellungen des Antragstellers zur Höhe des Leistungsanspruchs bei Einleitung des Verfahrens (OLG Bremen, FF 2015, 78; OLG Hamm, AGS 2014, 523; OLG Schleswig - FamRZ 2014, 689; FamRZ 2013, 240; OLG Jena FamRZ 2013, 489; jeweils m.w.N.).
Dies gilt auch dann, wenn die spätere Bezifferung hinter diesem Wert zurückbleibt. Es findet insoweit keine rückwirkende Herabsetzung am Maßstab nachfolgender - "besserer" - Erkenntnisse statt (Prütting/Helms, FamFG, 3. Aufl. 2014, § 38 FamGKG, Rz. 3). Anders kann es nur dann sein, wenn die Vorstellung des Antragstellers ausnahmsweise schon aus sich heraus erkennbar ohne Realitätsgehalt erscheint (OLG Schleswig MDR 2014, 1345). Dies ist vorliegend jedoch, bezogen auf den Zeitpunkt der Antragstellung, nicht der Fall.
Die vorstehenden Grundsätze gelten mit der überwiegenden Ansicht in der Rechtsprechung auch dann, wenn eine spätere Bezifferung des Leistungsanspruchs unterbleibt und das Verfahren in der Auskunftsstufe "steckenbleibt" (OLG Bremen, FF 2015, 78; OLG Hamm, AGS 2014, 523; OLG Schleswig, FamRZ 2014, 689; FamRZ 2013, 240; OLG Brandenburg, AGS 2014, 65; OLG Jena, FamRZ 2013, 489; OLG Stuttgart, FamRZ 2012, 393). Der in der Rechtsprechung vereinzelt vertretenen Auffassung, dass in diesem Falle der Wert des Auskunftsanspruches maßgeblich sei (OLG Stuttgart FamRZ 2005, 1765; OLG Dresden, NJW 1997, 691) ist nicht zu folgen. Auch der noch nicht bezifferte Leistungsantrag wird anhängig und im Falle der Zustellung auch rechtshängig. Ein bereits rechtshängiger Anspruch kann bei der Wertfestsetzung nicht unberücksichtigt bleiben.
Der Wert des unbezifferten Leistungsanspruchs der Folgesache Unterhalt beträgt vorliegend in Anwendung von § 51 FamGKG 16.632 EUR (12 × 1.161 EUR sowie 12 × 225 EUR). Aus dem Schriftsatz der Verfahrensbevollmächtigten zu 1) der Antragsgegnerin vom 18.1.2012 ergibt sich, dass sich die Vorstellungen der Antragsgegnerin zur Höhe des Leistungsanspruchs zu Beginn des Verfahrens auf diesen Betrag beliefen. Der Umstand, dass die Beteiligten die Folgesache Unterhalt in der Verhandlung vom 23.9.2014 übereinstimmend für erledigt erklärt haben, bevor es zu einer Bezifferung des Lei...