Verfahrensgang
LG Lübeck (Beschluss vom 18.10.2004) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die aus der Landeskasse an die Rechtsanwältin zu erstattende Vergütung wird auf 1.584,73 Euro festgesetzt.
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei, Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
Die Beschwerde ist gem. §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 RVG zulässig.
In der Sache hat sie auch Erfolg.
Die Gebühren sind nach dem seit dem 1.7.2004 geltenden Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) zu bemessen.
Gemäß § 61 Abs. 1 RVG ist die Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO) weiter anzuwenden, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit i.S.d. § 15 vor dem 1.7. erteilt oder der Rechtsanwalt vor diesem Zeitpunkt gerichtlich bestellt oder beigeordnet worden ist. Nach dem Gesetzestext, der insoweit mit dem des § 134 Abs. 1 S. 1 BRAGO gleich lautend ist, scheinen beide Voraussetzungen, unbedingte Auftragserteilung einerseits und gerichtliche Bestellung bzw. Beiordnung andererseits, alternativ nebeneinander zu bestehen mit dem Ergebnis, dass der Auffassung des LG beizupflichten und altes Gebührenrecht anzuwenden wäre. In Rechtsprechung und Literatur werden insoweit jedoch unterschiedliche Auffassungen vertreten. Nach der überwiegenden Meinung kommt es allein auf den Zeitpunkt der Bestellung des Pflichtverteidigers an, da die Auftragserteilung durch den Mandanten nur beim Wahlverteidiger eine Rolle spiele.
War der Rechtsanwalt vor dem 1.7.2004 bereits Wahlverteidiger und erfolgt die Beiordnung zum Pflichtverteidiger nach dem 1.7.2004, soll der Rechtsanwalt die Vergütung als Wahlverteidiger nach BRAGO erhalten, während die Vergütung für die Pflichtverteidigung sich nach neuem Recht beurteilen soll (Bischoff/Jungbauer/Pottlech/Trappmann, RVG, § 61 Rz. 27; Gerold/Schmidt/von Eicken, RVG, 16. Aufl., § 60 Rz. 32; Ebauer/Schneider, RVG, 2. Aufl., § 61 Rz. 19; OLG Schleswig v. 2.1.1969, SchlHA 1989, 80; OLG Celle MDR 1995, 532; a.A. KG Rpfleger 1995, 380).
Der Senat hält an seiner bisherigen Rechtsprechung zu § 134 BRAGO fest, wonach es für die Beurteilung der Frage, ob altes oder neues Gebührenrecht Anwendung findet, allein auf den Zeitpunkt der Bestellung bzw. Beiordnung des Pflichtverteidigers ankommt. Denn die Wirkung der Beiordnung des Pflichtverteidigers besteht in der Begründung einer öffentlich-rechtlichen Pflicht, bei der ordnungsgemäßen Durchführung des Strafverfahrens durch sachgerechte Verteidigung des Angeklagten mitzuwirken. Spätestens mit der Pflichtverteidigerbestellung endet der von dem Mandanten erteilte Auftrag. Das folgt aus § 141 Abs. 1 StPO, wonach dem Angeschuldigten nur dann ein Verteidiger bestellt wird, wenn er noch keinen Verteidiger hat. Das gilt auch dann, wenn der Wahlverteidiger sein Mandat niedergelegt hat (OLG Düsseldorf AnwBl. 1976, 354; OLG Schleswig v. 2.1.1999, SchlHA 1989, 80).
Diese Betrachtung ist auch deshalb gerechtfertigt, weil der Pflichtverteidiger gem. § 48 Abs. 5 S. 1 RVG nach seiner Bestellung die Vergütung auch für seine Tätigkeit vor dem Zeitpunkt seiner Bestellung erhält.
Hinsichtlich der Höhe der Vergütung wird auf die zutreffende Berechnung der Pflichtverteidigerin in ihrer Antragsschrift vom 17.8.2004 Bezug genommen.
Die Kosten- und Auslagenentscheidung folgt aus § 56 Abs. 2 S. 2, 3 RVG.
Fundstellen
Haufe-Index 1324992 |
AGS 2005, 348 |
RENOpraxis 2005, 110 |