Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur fehlenden Zuständigkeit deutscher Gerichte wegen der vom Schuldenschnitt betroffenen Anleger gegen den Staat Griechenland
Leitsatz (amtlich)
1. Für Klagen der vom Schuldenschnitt betroffenen Anleger in griechische Staatsanleihen gegen den Staat Griechenland ist die deutsche Gerichtsbarkeit nicht eröffnet. Die Entscheidung eines deutschen Gerichts in der Sache verstößt gegen den Grundsatz der Staatenimmunität als allgemeine Regel des Völkerrechts.
2. Deutsche Gerichte sind für eine solche Klage auch international nicht zuständig.
Normenkette
BGBEG Art. 6; GVG § 20 Abs. 2; GG Art. 25; EGV 44/2001 Art. 1 Abs. 1 S. 1, Art. 5 Abs. 3; ZPO § 32
Verfahrensgang
LG Itzehoe (Urteil vom 02.05.2014; Aktenzeichen 6 O 409/12) |
BGH (Aktenzeichen XI ZR 7/15) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 2.5.2014 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des LG Itzehoe wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.
Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte aufgrund einer Umschuldungsmaßnahme hinsichtlich von ihm erworbener Schuldverschreibungen auf Schadensersatz in Anspruch.
Im März 2011 erwarb er über seine depotführende Bank, die C. Bank AG, von der Beklagten emittierte Schuldverschreibungen mit der ISIN (International Securities Identification Number) GR0128002590 zu einem Nominalwert i.H.v. EUR 18.000,00. Auf der "Geschäftsabrechnung" befindet sich dazu der Zusatz "Verwahrungs-Art: WERTPAPIERRECHNUNG GRIECHENLAND (AKV)". Hierzu heißt es in Ziff. 12.3 unter I. "Trading" der "Produktbezogene Geschäftsbedingungen" der C- Bank AG:
"Gutschrift in Wertpapierrechnung
Die c- Bank AG wird sich nach pflichtgemäßem Ermessen unter Wahrung der Interessen des Kunden das Eigentum oder Miteigentum an den Wertpapieren oder eine andere im Lagerland übliche, gleichwertige Rechtsstellung verschaffen und diese Rechtsstellung für den Kunden treuhänderisch halten. Hierüber erteilt sie dem Kunden Gutschrift in Wertpapierrechnung (WR-Gutschrift) unter Angabe des ausländischen Staates, in dem sich die Wertpapiere befinden (Lagerland)".
Im Jahr 2012 führte die Regierung der Beklagten angesichts ihrer schweren Schuldenkrise in Abstimmung mit der sog. "Troika", bestehend aus der Europäischen Union, der Europäischen Zentralbank und dem Internationalen Währungsfonds, eine Umschuldung ihrer Staatsanleihen durch, von der auch die streitgegenständlichen Anleihen des Klägers erfasst waren. Im Rahmen des sog. zweiten Hilfspakets wurde beschlossen, auch den Sektor privater Gläubiger in die Umschuldung und den dabei durchgeführten Schuldenschnitt mit einzubeziehen ("Private Sector Involvement"). Am 24.2.2012 richtete die Beklagte sich mit einem sog. "Invitation Memorandum" an Investoren und lud sie zur Teilnahme an der Umschuldung ein. Dieses Angebot eröffnete die Möglichkeit, die Anleihepapiere zu einem um 53,5 % verringerten Nennwert gegen neue Staatsanleihen und Schuldverschreibungen umzutauschen.
Neben dem Umtauschangebot enthielt der Umschuldungsprozess noch eine weitere Komponente, nämlich den "Collective Action"-Prozess, für den durch das am 23.2.2012 vom griechischen Parlament verabschiedete Gesetz 4050/2012 die Grundlage geschaffen wurde. Das Gesetz schuf die Möglichkeit, auch die Anleihegläubiger, die das Umtauschangebot nicht angenommen hatten, in den Umschuldungsprozess einzubeziehen. Voraussetzung hierfür war, dass die Anleihegläubiger über den Umtausch der teilnehmenden Anleihepapiere ("eligible titles") mit einem Quorum von 50 % des ausstehenden Nennbetrages dieser Titel abstimmen würden. Ferner musste für die Annahme des Vorschlages eine Zweidrittelmehrheit erreicht werden. Damit schuf das Gesetz 4050/2012 den Rahmen für eine nachträgliche Änderung der Anleihebedingungen durch Mehrheitsentscheidung der Anleihegläubiger. Die an der Abstimmung teilnehmenden Gläubiger repräsentierten zusammen 91,5 % des ausstehenden Gesamtnennbetrages und 94,34 % des teilnehmenden Kapitals stimmte für den Vorschlag. Der diese Entscheidung billigende Beschluss des Ministerrats hatte die Wirkung, dass - entsprechend den Bestimmungen des Gesetzes 4050/2012 - nunmehr alle Anleger und Anleihegläubiger der Titel hieran gebunden waren. Am 12.3.2012 wurden deshalb alle betroffenen Anleihepapiere durch die Griechische Zentralbank eingezogen und sämtliche aus ihnen resultierenden Rechte und Pflichten erloschen. Im Gegenzug wurden die ersatzweise zur Verfügung gestellten neuen Anleihen in das System eingebucht.
Auch die Anleihen des Klägers wurden im März 2012 ausgebucht und stattdessen wurden 24 andere Wertpapiere eingebuc...